b.

[330] Von den Dammer Bergen ist der Mordkuhlen-oder Mördenersberg, von dem aus man eine prächtige Aussicht über den Dümmersee nach dem Stemshorn hat, der höchste. Vor vielen Jahren, als die Dammer Berge noch mit Wald bedeckt[330] waren, hatten vier Räuber in diesem Berge ihre Höhle, deren Spuren noch sichtbar sind, denn eine Grube von dreißig Fuß Weite und ebensoviel Tiefe ist noch in der Mitte des Berges vorhanden. Von der Höhle aus hatten sie Stricke über den Weg gespannt, und wenn Leute vorübergingen und die Stricke berührten, so erklangen in der Höhle Glöckchen, welche an den Stricken hingen. Dann stürzten die Räuber hinaus, schleppten die Reisenden in die Höhle und töteten und beraubten sie. Einst kam ein Mädchen an der Höhle vorüber, das nahmen sie zu sich in die Höhle, wo es ihnen den Haushalt führen mußte. Sieben Jahre war das Mädchen bei ihnen, und in diesen sieben Jahren hatte es sieben Kinder bekommen, aber allen nahmen sie das Leben und zogen sie auf einen Faden und sprachen:


»Knipperdähnken, Knipperdähnken,

Wat danzt de jungen Sähneken!«


Alle Tage bat das arme Mädchen, sie doch einmal nach Damme zur Kirche gehen zu lassen, sie wolle keinem Menschen offenbaren, wo sie gewesen sei und wohin sie wieder zurückkehren müsse, und sie wolle keinen Teil an Gott haben, wenn sie es tue. Endlich erhielt sie die Erlaubnis auf Weihnachten, und wie die Kirche aus war, stellte sie sich an die Kirchenmauer und sagte:


»Kirchenmauer, ich klage dich,

Ich heiße Maria Anna Wieverich;


ich will Erbsen streuen auf meinen Weg, und wo man ein Häuflein Erbsen finden wird, da bin ich hineingegangen.« Das hörten die Leute, und der Pastor zog mit einer Menge Volkes der Erbsenspur nach. Die Räuber wurden gefangen genommen und hingerichtet, die Höhle zerstört. In den Büschen aber sollen sie noch oft des Abends lärmen und die Leute erschrecken. (Nach Nieberding in den Oldenb. Blättern, 1817, S. 186 und mehreren mündlichen Mitteilungen. Bei Nieberding ist das Mädchen eine Tochter von Niehaus Stelle, das Fest, an welchem es die Kirche besuchen darf, Ostern. Nach einer andern Mitteilung ist das Fest ein Marienfest, das Mädchen geht vor das Muttergottesbild, klagt diesem bei versammelter Gemeinde ihre Not und bittet die heilige Jungfrau um einen Scheffel Erbsen, die sie auf den Weg streuen will. Als sie die Kirche verläßt, findet sie einen Beutel mit Erbsen, aber die Erbsen reichen für den ganzen Weg aus. Auch hört[331] man, daß das Mädchen dem Ofen in des Pastoren Stube ihr Schicksal erzählt. Vgl. auch noch 152d und 258l.) – Das ganze Bergrevier in der Nähe des Mordkuhlenberges wird Frettholt genannt, was so viel heißen soll wie Freßholz. Noch vor etwa 200 Jahren sollen alle diese kahlen, nur mit Heidekraut bewachsenen Berge mit großen Eichen besetzt gewesen sein, so daß eine große Menge Schweine alle Jahre von Damme aus zur Mast hineingetrieben werden konnte, und daher soll auch der Name entstanden sein. Jetzt ist aber jede Spur des Waldes verschwunden, und selbst die Pflanzenerde, welche sich in jedem Walde zu bilden pflegt, ist nirgends zu finden. (Die Nachricht stammt aus dem Anfang der 60er Jahre.)

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 2, Oldenburg 21909, S. 330-332.
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