Fünfte Szene

[39] Die Vorigen. Arratos. Philarete.


MYRRHA neigt sich vor Arratos und wird von ihm auf die Stirn geküßt. Dann schmiegt sie sich an die Mutter.

ARTEMIDOR begrüßt mit großer Ehrfurcht Vater und Stiefmutter.

ARRATOS.

Find' ich

In trautem Zwiegespräch euch beieinander,

Ihr beiden Kinder, wird der frohe Tag

Noch heller. Strahlender wird mir der Sinn,

Der Vor- und Nachbedeutung lieblich mischt.

ARTEMIDOR.

Mein gnäd'ger Vater, nimm von meinen Lippen

Den Wunsch, daß dieses Tages Sonne, die

Dein Haupt mit Ruhmgold glorienhaft umspinnt,[39]

Der Menschen und der Götter Neid enthoben,

Durch Ewigkeiten dich umstrahlen möge!

ARRATOS.

Ich danke dir.

PHILARETE leise.

Nun sprich auch du!

MYRRHA.

Was soll

Ich sprechen?

PHILARETE leise.

Sprich!

MYRRHA.

Mein Vater, ungeschickt

Bin ich in Lobesworten. Wardst du nicht

Von allen Göttern so mit Glanz gesegnet,

Daß du des Mädchens zage Huldigung

Gar leicht entbehren magst, dem wider Willen –

Ganz wider Willen – glaube mir, der Mund –

Sich –

PHILARETE leise.

Weine nicht!

MYRRHA drückt sich mit unterdrücktem Schluchzen an sie.

ARRATOS.

Auch deine Mutter ist

Nicht heiter, wie man sieht. Unausgesprochnes,

Unauszusprechendes wühlt in den Seelen[40]

So ihr wie dir. – Ich ehr' es, und ich muß

Es ehren. Menschlichkeit verleugn' ich nicht.

Drum nehm' ich diesen Ansatz für die Tat

Und sag' euch Dank. Doch was ich ungern jetzt

Gewahren muß, ist, daß der einz'ge, der

Noch hergehört und dessen schuld'gen Gruß

Ich wohl erwartete, dem Hause fernbleibt.

PHILARETE.

O zürn ihm nicht!

ARTEMIDOR.

Und täuscht mich nicht mein Ohr,

So hör' ich ihn nach seiner kindischen

Gemütsart scherzend mit dem Wächter.


Quelle:
Hermann Sudermann: Der Bettler von Syrakus. Stuttgart und Berlin 2-51911, S. 39-41.
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