[61] Die Vorigen. Alma.
Alma in weißer Nachtjacke und weißem Unterrock, mit aufgelöstem Haar, erscheint zögernd in der Kammertür und blickt mit scheuen Augen von einem zum andern.
HEINECKE. Hoho!
FRAU HEINECKE die Hände ringend. Kind, Kind, ist das der Lohn? Hab ick dir nicht dausend jute Lehren gegeben? Ha' ich dir nich gehalten wie eine Prinzessin? Aber jetzt ist's aus damit! Wat stehste da? Hol den Besen! Feg die Stube aus!
Alma schleicht mit abwehrend erhobenem Ellenbogen an ihr vorbei in die Küche.
HEINECKE der aufgeregt im Zimmer auf- und niederstelzt. Ich bin dein greiser Vater, werd ick ihr sagen, ich hab dir in die Welt gesetzt. – Ja! ein alter, braver Mann bin ick! Bin ick ooch.
Alma erscheint mit Besen und Schaufel in der Küchentür.
ROBERT für sich. Wie rührend sieht sie aus in ihrer Reue! Und sie – –!
FRAU HEINECKE. Nu, wird's bald?[61]
HEINECKE feierlich. Alma, meine Tochter, hierher – janz dichte.
ALMA. Bitte, bitte, schlag mich nicht!
HEINECKE. Das ist das wenigste! Ich bin ein alter, braver Mann. Ja! Hier sitzt die Ehre. Weißt du, was ich jetzt jleich werde? – Verfluchen wer' ick dir. Wat sagste nu?
ALMA. Geh – laß mich zufrieden!
HEINECKE. Trotzen willste? Aber du sollst mir kennenlernen. Du!
FRAU HEINECKE. Vater, halte Ruh – Sie soll arbeiten.
HEINECKE. Wat? Ick soll meine ungeratene Dochter nich verfluchen dörfen?
FRAU HEINECKE. Jeh – das kommt ja bloß in den Bichern vor.
HEINECKE. Ha!
ROBERT. Liebe Eltern. So geht es nicht weiter. Tut mir's zu Liebe und laßt mich eine Weile mit ihr allein. Zieht Euch unterdessen an, denn ich vermute, es gibt Besuch.
FRAU HEINECKE. Komm, Vater!
HEINECKE. Ick soll meine ungeratene Dochter nich – –! Na warte – Frau Heinecke zieht ihn mit sich. Beide ab.
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