Dreizehnte Scene

[165] Die Vorigen. Der Pfarrer. Max. Frau Schwartze. Marie.


FRAU SCHWARTZE. Leopold, was hast du? – Leopold? Zum Pfarrer. Jesus, er ist wie damals!

MARIE. Lieber Papa, sprich ein Wort! Wirft sich rechts von ihm nieder.

PFARRER. Laufen Sie zum Arzte, Max.

MAX. Ist es ein Anfall?

PFARRER. Es scheint! –


Max ab.


PFARRER leiser zu Magda. Kommen Sie zu ihm! Da sie zögert. Kommen Sie. Es scheint zu Ende. Führt sie, die schmerzvoll aufzuckt, zum Stuhle Schwartzes.

FRAU SCHWARTZE die versucht hat, die Pistole zu lösen. Laß los, Leopoldchen! Was willst du damit? – Sehn Sie nur, da hält er die Pistole und läßt sie nicht los.[166]

PFARRER leise. Es ist wohl der Krampf. Er kann nicht ... Mein lieber alter Freund, verstehn Sie, was ich zu Ihnen spreche?

SCHWARTZE neigt ein wenig den Kopf.

MAGDA sinkt zu seiner linken Seite nieder.

PFARRER. Gott, der Allbarmherzige, hat Ihnen von oben zugerufen: du sollst nicht richten ... Haben Sie kein Zeichen der Vergebung für sie?

SCHWARTZE schüttelt langsam den Kopf.

MARIE neben Magda niedersinkend. Papa, gib ihr deinen Segen, lieber Papa!

SCHWARTZES Gesicht überzieht ein verklärendes Lächeln. Die Pistole entfällt seinen Fingern. Er erhebt mühsam die Hand, sie auf Mariens Haupt zu legen. Mitten in dieser Bewegung geht durch seinen Körper ein Ruck ... Sein Arm fällt zurück. Sein Kopf sinkt nach vorne über.

FRAU SCHWARTZE aufschreiend. Leopold!

PFARRER ihre Hand erfassend. Er ist heimgegangen ... Er faltet die Hände. Stilles Gebet, unterbrochen von dem Schluchzen der Frauen.

MAGDA aufspringend und in Verzweiflung die Hände emporstreckend. Ach, wär' ich nie gekommen![167]

PFARRER macht eine abwehrende Bewegung, die ihr Stille gebietet.

MAGDA diese Bewegung mißverstehend. Ihr jagt mich wohl schon hinaus? ... Ich hab ihn in den Tod getrieben – ich werd' ihn doch wohl auch begraben dürfen?

PFARRER einfach und friedlich. Es wird Ihnen niemand verwehren, an seinem Sarge zu beten!


Der Vorhang fällt langsam.


Quelle:
Hermann Sudermann: Heimat. Stuttgart 61893, S. 165-168.
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Heimat; Schauspiel in vier Akten