46. Das hohe Weihnachtsgeschenk

[418] Mel.: Nun danket alle Gott ... oder: O Gott, du frommer Gott ...


1.

Du schönstes Gotteskind, das in der Krippe lieget,

In dem Gott selber sich von Ewigkeit vergnüget,

Du wirst geschenket mir, o wundergroße Gnad'!

Der Vater schenkt mir so das Liebste, das er hat.


2.

Ich wurde Gottes Feind, ein Höllenkind, geboren,

Die Gnade war verscherzt, und meine Seel' verloren,

Doch Gott vergißt der Sünd' und mir sein Herze gibt

In dir, du Himmelskind: also hat Gott geliebt!
[418]

3.

Ich lief verirret hin durch Sündenlust verblendet

Auf jenem breiten Weg, der ins Verderben endet,

Da schickt' Gott seinen Sohn, weil ihm sein Herze brach,

Aus unverdienter Treu mir armem Schäflein nach.


4.

Das schöne Gottesbild der Unschuld war verdorben,

Ich war ein Sündenaas an Tugenden erstorben;

Mein Kind, du Gottesbild, präg dich ins Herz mir ein,

Dies ist nur Heiligkeit, in dich verbildet sein!


5.

Es war das Paradies in meinem Grund verblichen,

Ich lebt' in Angst und Pein, der Friede war gewichen;

Doch deine Kreuzgeburt, du Paradieseskind,

Macht, daß ich Gottes Reich im Geiste wieder find'.


6.

Gott war mir fremd und fern mit seinem Liebeleben,

Mein Herze war der Welt und Kreatur ergeben;

In dir, Immanuel, wird Gott und Mensch gemein,

In dir soll nun mein Herz mit Gott vereinigt sein.


7.

Gedenk doch, meine Seel', also hat Gott geliebet,

Daß er den einigen und liebsten Sohn dir giebet!

Du große Gottesgab', der Liebe Pfand und Band,

Ich nehm' dich willig an aus deines Vaters Hand.


8.

Ich bück' zur Krippe mich, dich innigst zu umfassen,

Ich will die Kreatur und alles willig lassen;

Du teure Perle du, wer dich erkennt und liebt,

Sich selbst und was er hat, für dieses Kleinod gibt.


9.

So komm denn, süßes Kind, du Heiland meiner Seelen!

Ich will mich ewig dir verbinden und vermählen;[419]

Da nimm mein Herz dir hin und gib dein Herze mir,

Daß meine Liebe sich in deiner Lieb' verlier'!


10.

Ich weiß, du Gotteskind, du willst im Stalle liegen,

Die Hoheit muß hinaus und alles Weltvergnügen;

Ein arm', geringes Herz, das ausgeleert und klein,

Soll deine Krippe nur und ew'ge Wohnung sein.


11.

Bereite mich denn selbst, und mach mich auch zum Kinde,

Daß ich im Herzen dich und ew'ges Leben finde;

Mach in dem Stall allhier mich deiner Kindheit gleich,

Bis ich einst, wie ein Kind, erlang' dein Himmelreich!


Quelle:
Gerhard Tersteegen: Geistliches Blumengärtlein. Stuttgart 1956, S. 418-420.
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