[280] Die Vorigen. Der Major.
MAJOR ruft. Das Neueste! Das Neueste!
BÜRGERMEISTER. Steht was im Wochenblatt?
MAJOR. Und wie!
BÜRGERMEISTER nervös. Gib her!
MAJOR. Nur Zeit lassen! Das muß ich vorlesen. Da schau her! Fett gedruckt: »Ein deutscher Mann!« Das bist du![280]
BÜRGERMEISTER. Der Kerl hat mir versprochen, daß er nichts schreibt.
MAJOR. Sei nicht undankbar! Er streicht dich fein heraus. Also paß auf: Liest vor. »Seit Brutus, jenem bekannten Tyrannenhasser des weströmischen Reiches ist vielleicht niemand mehr mit so viel Recht gefeiert worden, wie gestern unser allverehrter Bürgermeister.«
FRAU BÜRGERMEISTER. Man kommt nicht aus der Unruhe.
MAJOR fährt fort. »Galt es doch, ihm den Dank abzustatten für seinen echten Mannesmut, welchen man heute so selten antrifft. Galt es doch ihn zu ehren, weil er den hochmütigen Stolz des Ministers mit donnernden Worten beugte ...«
BÜRGERMEISTER. So ein Esel! So ein hirnverbrannter Esel!
MAJOR fortfahrend. »und die zarten Ohren dieses Herrn rücksichtslos beleidigte.«
FRAU BÜRGERMEISTER. Um Gottes willen!
FRIEDA zur Bürgermeisterin. Du hast as ja net glauben wollen!
BÜRGERMEISTER zum Major. Gib den Wisch her!
MAJOR. Gleich. Aber da am Schluß kommt noch ein Satz. Liest. »Welche Gefühle mögen den Minister beseelt haben, als Friedrich Rehbein vor ihm stand und ihn erbarmungslos vernichtete?« Mit erhobener Stimme. »Wahrlich, wir möchten nicht mit dieser Exzellenz tauschen!«
BÜRGERMEISTER wütend. Das ist zu viel! Das ist zu viel!
FRAU BÜRGERMEISTER. Jetzt versteh ich alles.
BÜRGERMEISTER. Wie habe ich diesen Menschen gebeten, daß er nichts schreibt!
FRAU BÜRGERMEISTER. Hättest du ihm nichts gesagt!
BÜRGERMEISTER. Wer denkt an so was? Aber die Zeitung darf nicht herauskommen!
MAJOR. Die ist schon heraus.
BÜRGERMEISTER. Ich gehe in die Druckerei.
MAJOR. Nur kalt! Was willst du denn dort?
BÜRGERMEISTER. Es muß was geschehen. Ich verklage den Kerl.
MAJOR. Dich hat er doch nicht beleidigt!
BÜRGERMEISTER. Der Mensch ruiniert mich ja! Er macht mich unmöglich!
MAJOR. Oho! Nur nicht gar so aufgeregt!
FRIEDA. Für euern Amtsrichter muß das aber peinlich sein![281]
FRAU BÜRGERMEISTER sehr aufgeregt. Wenn ich nur wüßte ... Fritz! ... Geh doch schnell!
FRIEDA. Mei Mann hat gleich g'sagt, der Amtsrichter wird schau'n, no dazu mit sein Beamtengiggel!
BÜRGERMEISTER grob. Dein Mann soll sich um seine Sachen kümmern!
FRIEDA. So? Is das vielleicht der Dank, wenn ma Mitleid hat?
BÜRGERMEISTER. Ich pfeif' auf dein Mitleid.
FRAU BÜRGERMEISTER zieht Frieda beschwichtigend fort. Zu Frieda. Komm mit in die Küche. Und du Fritz, eil dich! Gelt?
BÜRGERMEISTER. Gleich! Gleich! Wo ist denn mein Hut? Marie!
FRAU BÜRGERMEISTER. Ich schick' sie schnell.
FRIEDA. Reden werd ma na wohl no derfen, wenn's die hohen Verwandten erlauben. Frau Bürgermeister und Frieda links ab.
Ausgewählte Ausgaben von
Die Lokalbahn
|