Dritte Szene


[214] Assessor von Hingerl. Die Vorigen.


ASSESSOR. Habe die Ehre, guten Morgen zu wünschen, Herr Bezirksamtmann; habe die Ehre, gnädige Frau.

BEZIRKSAMTMANN. 'n Tag!

FRAU BEZIRKSAMTMANN. Guten Morgen, Herr Assessor.

ASSESSOR. Herr Bezirksamtmann waren so liebenswürdig, mich zu dem Diner einzuladen.

BEZIRKSAMTMANN. Ja. Ich wünschte Ihre Anwesenheit. Die Sache ist immerhin nicht ohne Bedeutung.

ASSESSOR. Fünfzig Jahre ist eine lange Zeit.

BEZIRKSAMTMANN. Allerdings. Und ich habe das auch vollständig anerkannt.

ASSESSOR. Der Mann kann zufrieden sein mit der zugedachten Ehrung. Das ist eine seltene Auszeichnung.

FRAU BEZIRKSAMTMANN. Vielleicht kommt das überhaupt nirgends vor als bei uns.

BEZIRKSAMTMANN. Herr Assessor, haben Sie den Fall Hupflauer erledigt?

ASSESSOR. Gewiß, Herr Bezirksamtmann. Ganz nach Ihren Intentionen.

BEZIRKSAMTMANN. Der Mann erhält die Wirtschaftskonzession nicht.

ASSESSOR. Ich glaubte, Herr Bezirksamtmann wollten sie ihm erteilen?

BEZIRKSAMTMANN. Wollte ich, ja. Will ich nicht mehr. Das Gesuch wird abgewiesen.[214]

ASSESSOR. Ich werde den Beschluß abändern.

BEZIRKSAMTMANN. Gut. Apropos, Sie könnten heute eine Rede halten.

ASSESSOR. Sehr gerne. Wenn mir Herr Bezirksamtmann angeben wollen, auf wen.

FRAU BEZIRKSAMTMANN. Auf Herrn Neusigl natürlich.

BEZIRKSAMTMANN. Wer spricht von Neusigl?

FRAU BEZIRKSAMTMANN. Dann vielleicht auf die Frau Gemahlin des Jubilars.

BEZIRKSAMTMANN. Du bist heute scherzhaft aufgelegt, Amalia. Herr Assessor, Sie können auf das Amt toasten, dem der Mann dient, auf den Amtsvorstand. Ich finde, daß sich das gehört.

ASSESSOR. Wenn mir Herr Bezirksamtmann die Bemerkung gestatten, ich wollte das ohnehin.

BEZIRKSAMTMANN. Gut; ich will damit nur vermeiden, daß es ein anderer tut.


Quelle:
Ludwig Thoma: Gesammelte Werke in sechs Bänden. Band 2, München 1968, S. 214-215.
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