17. Thomas an seinen Bruder Willy

[505] Bondly.


Deine Briefe, lieber Willy, sind mir jetzt immer gar zu fromm. Es ist freilich wohl wahr, daß man sich in Deinem Alter von dem Irdischen etwas abziehen kann, und man tut ganz recht und wohl daran, aber alles Ding, Willy, hat auch sein Maß und Ziel. Wir sind in der Welt, um zu arbeiten, und etwas zu tun, und dazu möchte man alle Courage verlieren, wenn man immer nur an die Vergänglichkeit der Dinge denken wollte; darum bilde ich mir manchmal ein, daß manches, was ich tue und verfertige, ewig dauern würde, und mir ist ganz wohl dabei zumute.

Was Du mir von Deinem Garten schreibst, will ich gar gern glauben, weil Du und der Gärtner vielleicht nicht mit dem Dinge umzugehen wissen. Auch gehören zu solchem Werke viele Arbeiter und Gartenknechte, wie Du wohl auch hier an meinem Garten in Bondly wirst gesehn haben; die Natur hängt einmal nach dem Verwildern hin, und darum muß man Tag und Nacht dagegen arbeiten.

Der alte Herr Burton ist recht gefährlich krank und ich glaube, daß er schon zum Grabe reif ist. Die Untertanen sind alle vergnügt, und seine Kinder sind die einzigen, die ich weinen sehe. Es ist ihre Pflicht als Kinder, sonst hat er von den andern nicht leicht eine Träne verdient; er bekehrt sich vielleicht noch in seinen letzten Stunden, welches ich von Herzen wünschen[505] will. Auf den Sohn hoffen wir aber alle recht mit Sehnsucht, und ich denke, es soll denn auch mit meinem Garten hier ein ander Ansehn gewinnen. Ich habe mit allen meinen Herrschaften bisher immer Unglück gehabt; die alte Dame in Waterhall ließ den Garten fast ganz verwildern, und der alte Herr Burton hat gar keinen recht guten Geschmack, und man darf ihm nichts einmal dagegen sagen, sonst wird er noch obendrein böse. So alt ich bin, so höre ich es doch gerne, wenn fremde Herrschaften den Garten und den Fleiß des Gärtners loben, und der Sohn, der junge Herr, hat auch schon manchmal mit mir darüber gesprochen. Man soll den hiesigen Garten gewiß weit und breit loben, die Leute sollen weit hieher reisen, um ihn zu sehn. Siehst Du, Willy, noch in meinen alten Tagen denke ich Ehre einzulegen, ich tue nicht so verzagt wie Du. Lebe wohl und bleibe nur gesund.

Quelle:
Ludwig Tieck: Werke in vier Bänden, Band 1, München 1963, S. 505-506.
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