[45] Die Vorigen. Don Pedro. Wachen.
DON PEDRO.
Ei! wer so sorglos schlummern kann, hat wohl
Ein rein Gewissen.
OCTAVIO.
Wenn eur' Excellenz
So durch Besuch mich ehrt, darf ich nicht schlummern;
Ich wachte lebenslang um solche Gunst.
Doch wozu euer Kommen, und warum?
DON PEDRO.
Der König hat mich hergesendet.
OCTAVIO.
Wenn
Mein Herr und König jetzo meiner denkt,
Gebührt sich's, daß ich ihm das Leben opfre.
Sagt, welch ein Stern hat über mir gewaltet,
Daß sich der König mein erinnerte?
DON PEDRO.
Nein, Herzog; euer Unstern wollt' es so.[45]
Des Königs Abgesandter komm' ich her,
Und seine Botschaft bring' ich euch.
OCTAVIO.
Marques,
Mein Herz ist ruhig. Sprecht; ich steh' erwartend.
Die Wachen ziehen sich auf einen Wink Don Pedro's zurück.
DON PEDRO.
Euch zu verhaften, hat der König mich
Gesandt; erschreckt nicht.
OCTAVIO.
Ihr nehmt auf Befehl
Des Königs mich gefangen? Welcher Schuld
Bin ich bezichtigt?
DON PEDRO.
Besser wißt ihr das,
Als ich; doch täusch' ich mich, hört die Enttäuschung,
Und weshalb mich der König hergesandt.
– Des Himmels schwarze Riesen hatten früh
Zusammen schon gerollt die düstern Zelte,
In Eile vor der Morgendämmerung
Entfliehend, Wolke strauchelnd über Wolke:
Und noch befand ich mich bei Seiner Hoheit,
Verhandelnd manch Geschäft; es sind ja stets
Die großen Herrn der Sonne Antipoden.
Da hören wir den Angstschrei eines Weibes;
Das Echo, durch die hehren Wölbungen
Vertausendfacht, ruft: Hilfe! Bei dem Schrei'n
Und Lärmen eilt der König selbst hinzu,
Und findet Isabella in den Armen
– – Wohl eines Manns von hohem Rang; ja wer
Sich an den Himmel also frevelnd wagt,
Ist ein Gigante, ist ein Ungeheuer.
Der Fürst befahl mir, Beide zu verhaften,
Und ließ mich mit dem unbekannten Mann.
Ich eilt', ihn zu entwaffnen; doch mich dünkt,
Es hab' in ihm ein Teufel menschliche[46]
Gestaltung angenommen; denn gleichwie
In Rauch und Staub verwandelt, stürzt' er sich
Vom Fenster zu den Ulmen nieder, die
Die reichen Säulen des Palasts bekrönen.
Die Herzogin ließ ich verhaften; und
In Aller Gegenwart sagt sie, es sei
Herzog Octavio, der des Gatten Recht
Bei ihr geübt.
OCTAVIO.
Was sagt ihr?
DON PEDRO.
Was bereits
Der ganzen Welt bekannt, was klar bewiesen,
Was Isabella tausendfach ...
OCTAVIO.
Laßt mich!
O sagt mir nicht so gräßlichen Verrath
Von Isabella! – – – Doch wenn ihre Ehre
Nur Täuschung war? – – Fahrt fort. Was schweigt ihr? Habt
Ihr Gift für mich, ein festes Herz zu brechen,
So kann ich sagen, jetzo ahm' ich nach
Der fabelhaften Viper, die durch's Ohr
Empfängt, um zu gebären durch den Mund.
– Ist's wahr, mein Herz, daß Isabella mich
Vergessen hat, um mich zu morden? Ja!
Denn ach! das Gute schläft, das Böse wacht.
Mein Herz hat nun nichts mehr zu fürchten; ja,
Darin erkenn' ich eines Weibs Gelüste!
O welch ein herbes Weh, daß all dies eindrang
Mir ins Bewußtsein, und das Ohr vernahm,
Was durch des Auges Zeugniß wird beglaubigt!
Ist's möglich, Herr Marques? hat Isabella
Mich so getäuscht, gespottet meiner Liebe?
Unmöglich scheint's. O Weib! o schreckliches
Gesetz der Ehre! – Gegen wen mich wenden? – – –[47]
Doch ist nicht deine Ehre ein Betrug? – –
Im Schloß ein Mann, zu Nacht, bei Isabella!
Ich werde toll!
DON PEDRO.
So wahr in Lüften Vögel
Und Fische sind im Meere, die da allen
Vier Elementen wechselnd angehören;
So wahr im Ruhm ist Wonne, Treu' in Freunden,
Und Dunkel in der Nacht, und Licht im Tage:
So wahr ist Wahrheit, was ich euch gesagt.
OCTAVIO.
Schon glaub' ich euch. Nichts kann mich mehr erstaunen:
Das treuste Weib ist nur ein Weib. Ich kann
Nicht zweifeln; meine Schmach ist offenbar.
DON PEDRO.
Da ihr erfahren seid und klug, so wählt,
Was euch am besten sei.
OCTAVIO.
Abwesenheit
Gewährt vielleicht mir Heilung.
DON PEDRO.
So ergreift
Das Mittel rasch.
OCTAVIO.
Nach Spanien will ich segeln,
Und enden dort mein Leid.
DON PEDRO.
Durch's Gartenthor
Entgeht ihr der Verhaftung, die euch droht.
OCTAVIO.
O Wetterfahne! o gebrechlich Rohr!
Mir schwillt das Herz in Wuth. In fremde Lande
Treibt mich's, um deiner Tücke zu entfliehn.
Leb wohl, mein Vaterland! Bei Isabella
Ein Mann im Schloß! o Gott! ich werde toll.
Beide ab.[48]
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