[72] Zimmer im Königsschlosse zu Sevilla.
Der König von Kastilien. Don Diego Tenorio.
KÖNIG.
Was sagst du mir?
DON DIEGO.
Die Wahrheit, hoher Herr.
Durch diesen Brief bin ich der Sache sicher,
Den dein Gesandter dort, mein Bruder, schrieb.
Im eigenen Gemach des Königs fand
Man ihn mit einer Dame des Palastes.
KÖNIG.
Weß Standes?
DON DIEGO.
Fürstin Isabella war's.
KÖNIG.
Wie? Isabella!
DON DIEGO.
Nichts Geringeres.
KÖNIG.
O freches Wagniß! Und wo ist er jetzt?
DON DIEGO.
Mein König, eurer Hoheit darf ich ja
Die Wahrheit nicht verhüllen: – diese Nacht
Kam er mit einem Diener nach Sevilla.[72]
KÖNIG.
Ihr wißt, ich schätz' euch sehr, Tenorio: – gleich
Werd' ich dem König von Neapel schreiben,
Den Ehrenräuber mit der Herzogin
Vermählen, und Octavio's Schmerzen heilen,
Der so unschuldig leidet; – doch es soll
Don Juan sogleich verbannt von hinnen weichen.
DON DIEGO.
Wohin, mein Fürst?
KÖNIG.
Es zeig' ihm die Verbannung,
Daß ich ihm zürne; noch in dieser Nacht
Entfern' er nach Lebrija sich, und danke
Nur den Verdiensten seines edlen Vaters,
Daß er nicht härter ... Doch, Don Diego, sprecht:
Was sagen wir Gonzalo de Ulloa,
Als daß wir irrten? Denn mit seiner Tochter
Hab' ich Don Juan verlobt, und weiß noch nicht,
Wie da zu helfen sei.
DON DIEGO.
Mein hoher Herr,
Bedenke, was zu thun du mir befiehlst,
Das für die Ehre dieser edlen Frau,
Der Tochter solchen Vaters, sich gezieme?
KÖNIG.
Ich werd' ein Mittel finden, das gewiß
Ihm allen Groll benimmt; – – so will ich ihn
Zum Obermarschall meines Hofs ernennen.
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