Fünfundzwanzigster Auftritt.

[98] Die Vorigen. Der König mit Gefolge.


KÖNIG.

Im weiten Spanien soll er nicht entkommen,

Noch in Italien, wenn er dahin flieht.

DON DIEGO.

Mein König, hier ist der Marques.

DE LA MOTA.

O Herr!

Will eure Hoheit, daß man mich verhafte?

KÖNIG.

Führt ihn hinweg; sein Haupt soll unter's Beil.

Du wagst, mir vor's Gesicht zu treten, Bube?

DE LA MOTA.

O tückisch Liebesglück, das im Entfliehen

So eilig wie im Kommen langsam ist!

Wohl sprach mit Recht ein weiser Mann, es schwebe

Das Unheil zwischen Lipp' und Kelchesrand; –

Und dennoch staun' ich ob des Königs Zorn.

Ich weiß nicht, warum ich gefangen bin.

DON DIEGO.

Wer weiß die Ursach besser, als ihr selbst?

DE LA MOTA.

Ich?[98]

DON DIEGO.

Folget mir.

DE LA MOTA.

Seltsam und unbegreiflich!

KÖNIG.

Laßt dem Marques sogleich sein Urtheil sprechen;

Und morgen legt den Kopf ihm vor die Füße.

Und dem Komtur, so hoch und hehr, wie sich's

Für heil'ge, fürstliche Personen schickt,

Soll die Bestattung angeordnet werden;

In Erz errichte man ein Grabmal ihm;

Sein steinern Bildniß stelle man darauf;

Und in Mosaik sollen gothische Lettern

Der Rache, die er fordert, Sprache leihn.

Und Alles dies, Bestattung, Grabmal, Standbild,

Werd' aus dem königlichen Schatz bezahlt. –

Doch wo ist Doña Anna hin?

DON DIEGO.

Sie floh

Zum heutigen Asyl der Königin.

KÖNIG wendet sich zum Gehen.

Um diese Lücke wird Kastiliens Heer,

Um solchen Feldherrn Calatrava weinen!


Alle ab.


Quelle:
Molina, Tirso de: Don Juan, der Verführer von Sevilla oder der steinerne Gast. In: Spanisches Theater, fünfter Band, Leipzig [o. J], S. 98-99.
Lizenz: