[130] Don Juan. Don Gonzalo's Standbild.
DON JUAN.
Schon ist die Thür verschlossen;
Erwartend steh' ich da. Sag' dein Begehr,
Du Schatten, Scheinbild, oder Traumgesicht!
Wenn du in Qualen wandelst, oder wenn
Heilmittel du bedarfst für deine Seele,
So sprich; ich gebe dir mein Wort, ich thue,
Was du gebeutst. Bist du im Stand der Gnade?
Gab ich in deinen Sünden dir den Tod?
Sprich; alle meine Geister sind gespannt.
DON GONZALO mit dumpfem Grabeston.
Wirst du ein Wort als Edelmann mir halten?[130]
DON JUAN.
Ich bin ein Mann von Ehre, und mein Wort
Erfüll' ich; denn ich bin ein Edelmann.
DON GONZALO.
So reiche deine Hand mir; zittre nicht.
DON JUAN.
Das sagst du mir? Ich zittern? Wärst du auch
Die Hölle selbst, ich gäbe dir die Hand.
Giebt sie ihm.
DON GONZALO.
Bei dieser Hand und deinem Worte, morgen
Erwart' ich dich um zehn zum Abendessen;
Wirst du erscheinen?
DON JUAN.
O, ich meinte wohl,
Du würdest Größeres begehren. Morgen
Bin ich dein Gast. Und wohin lädst du mich?
DON GONZALO.
In meine Gruftkapelle.
DON JUAN.
Soll ich dich
Allein besuchen?
DON GONZALO.
Nein, kommt alle Beide;
Und halte mir dein Wort, wie ich's gehalten.
DON JUAN.
Glaub' mir, ich halt' es; denn ich bin Tenorio.
DON GONZALO.
Und ich Ulloa.
DON JUAN.
Pünktlich, zweifle nicht,
Find' ich mich ein.
DON GONZALO.
Ich glaub' es; Gott befohlen.
Geht langsam nach der Thüre.[131]
DON JUAN.
Geduld, ich will dir leuchten.
DON GONZALO.
Leuchte nicht;
Ich bin im Stand der Gnade.
Don Gonzalo entfernt sich, beständig den Blick auf Don Juan geheftet, während Don Juan ihn ebenso anstarrt, bis Don Gonzalo die Bühne verlassen.
Buchempfehlung
Julian, ein schöner Knabe ohne Geist, wird nach dem Tod seiner Mutter von seinem Vater in eine Jesuitenschule geschickt, wo er den Demütigungen des Pater Le Tellier hilflos ausgeliefert ist und schließlich an den Folgen unmäßiger Körperstrafen zugrunde geht.
48 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro