Achter Auftritt.

[112] Don Juan. Aminta im Nachtkleide.


AMINTA.

Wer ruft Aminta? mein Patricio?

DON JUAN.

Nein;

Ich bin nicht dein Patricio.

AMINTA.

Wer bist du?

DON JUAN.

Sieh einmal her, Aminta, wer ich bin.

AMINTA.

Weh mir! Ich bin verloren. Du bei mir,

Zu solcher Stunde?

DON JUAN.

Dieß sind meine Stunden.

AMINTA.

Hinweg! ich rufe Hilfe! Geht, verletzt

Die Achtung nicht, die ihr Patricio schuldet!

In Dos-Hermanas auch giebt's römische

Emilien, rachedürstende Lucrezien![112]

DON JUAN.

Hör' mich nur auf zwei Worte! Dräng' ins Herz

Zurück den dunkeln Purpur deiner Wangen,

Den reichen Schmuck!

AMINTA.

Hinweg! mein Gatte kommt.

DON JUAN.

Ich bin dein Gatte. Du erstaunst?

AMINTA.

Seit wann?

DON JUAN.

Seit dieser Stunde.

AMINTA.

Wer hat das beschlossen?

DON JUAN.

Mein Glück.

AMINTA.

Wer uns vermählet?

DON JUAN.

Deine Augen.

AMINTA.

Mit was für Recht und Macht?

DON JUAN.

Mit deinem Anblick.

AMINTA.

Weiß es Patricio?

DON JUAN.

Ja; denn er vergißt dich.

AMINTA.

Vergißt er mich?

DON JUAN.

Ja; denn ich liebe dich.

AMINTA.

Wie?

DON JUAN umarmt sie.

So! an meinem Herzen.[113]

AMINTA.

Fort von mir!

DON JUAN.

Kann ich's, da ich in Liebe schier vergehe?

AMINTA.

Welch große Lüge!

DON JUAN.

Hör', und du erfährst

Die Wahrheit, wenn du sie erfahren willst;

Ihr Frauen seid ja stets der Wahrheit hold.

Ich bin von hohem Adel, bin das Haupt

Des alten Hauses der Tenorio's, die

Sich der Eroberung Sevilla's rühmen.

Mein Vater wird geehret nach dem König;

An seinem Mund hängt Leben oder Tod.

Ich kam des Wegs zufällig, schaute dich;

Denn Amor führt manchmal die Dinge so,

Daß er sie selbst nicht mehr zu regeln weiß.

Ich sah dich, liebte dich, verzehrte mich:

Und diese Liebe fordert, daß ich dich

Zur Gattin wähle; der Entschluß ist fest.

Und mag der König widersprechen, mag

Mein Vater grollend es verwehren, doch

Werd' ich dein Gatte sein. – Was sagst du nun?

AMINTA.

Ich weiß nicht. Was du mir als Wahrheit giebst,

Ist überdeckt mit rednerischen Lügen.

Denn mit Patricio bin ich ja vermählt,

Wie Jeder weiß; und diese Ehe wird

Nicht aufgelöst, und stünd' er selber ab.

DON JUAN.

Jedoch für nichtig kann man sie erklären,

Weil er sie nicht vollzogen, sei's aus Tücke,

Sei es aus Hinterlist.[114]

AMINTA.

Nein; in Patricio

War Alles schlichte Wahrheit.

DON JUAN.

Komm, o komm!

Gieb mir die Hand zum Pfande für dein Ja.

AMINTA.

Nein; du betrügst mich.

DON JUAN.

Der Betrug wär' schlimm

Für Jemand.

AMINTA.

Schwörst du, mir dein Wort zu halten?

DON JUAN.

Ich schwör's, geliebtes Weib, bei dieser Hand,

Die eine Hölle kalten Schneees ist,

Daß ich mein Wort erfülle.

AMINTA.

Schwör' bei Gott,

Daß er dir fluche, wenn du's nicht erfüllst.

DON JUAN.

Wenn ich dir jemals Wort und Treue breche,

So bitt' ich Gott, für solchen Frevel werde

Mir gleich der Tod


Für sich.


von eines Todten Hand;

Gott verhüte, daß mich ein Lebend'ger tödte!

AMINTA.

Auf diesen Eid nimm mich als Gattin hin.

DON JUAN.

Und meine Seele selber biet' ich dir

In meinen Armen.

AMINTA.

Dein ist Seel' und Leben.

DON JUAN.

Mein Kind, Aminta, meiner Augen Stern!

In glänzend helle Silberschuhe, die

Besternt mit Nägeln aus Tibar'schem Gold,[115]

Wirst morgen du die holden Füßchen kleiden;

In der Juwelenbänder reiche Haft

Wirst schmiegen du den Alabasterhals,

Die Fingerchen in Ringe, deren Fassung

Durchsichtig seine Perlen eng umschließt.

AMINTA.

Mein Gatte, deinem Willen beuget sich

Von nun an stets der meine; ich bin dein.

DON JUAN für sich.

Wie schlecht kennst du den Erzschelm von Sevilla!


Beide ab.


Quelle:
Molina, Tirso de: Don Juan, der Verführer von Sevilla oder der steinerne Gast. In: Spanisches Theater, fünfter Band, Leipzig [o. J], S. 112-116.
Lizenz:

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