Nationale Verteidigung

[340] Das paßt euch so. Ihr grölt und brüllt

von Friedensdemokraten;

in dicken Phrasenrauch gehüllt

ruft ihr nach mehr Soldaten.[340]

Obristenfrauen schrein und krähn

mit euch: »Marsch-Marsch! nach Flandern!«

Es sollen dorthin sterben gehn

die andern, die andern!


Die Todespein der andern schwand

in Urlaubstag und -nächten.

Ihr liebt nicht euer Vaterland!

Ihr hängt an Vorzugsrechten!

Das hamstert, schickt und schwatzt so nett

bei braungebratenen Zandern.

Die zwanzig Gramm vom Pflanzenfett

den andern, den andern!


Die Zeit ist aus. Die andern stehn

und recken ihre Glieder.

So lang geduckt, und nunmehr sehn

sie sich als Menschen wieder.

Der Friede kommt. Und ist er hier,

dann kommt das Heimwärtswandern.

Die Zeit ist aus. Jetzt kommen wir:

Die andern! Die andern!


  • · Theobald Tiger
    Die Weltbühne, 31.10.1918, Nr. 44, S. 419, wieder in: Fromme Gesänge, auch u.d.T. »Das Volk steht auf ...«.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 1, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 340-341.
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