Weihnachten

[244] Nikolaus der Gute

kommt mit einer Rute,

greift in seinen vollen Sack –

dir ein Päckchen – mir ein Pack.

Ruth Maria kriegt ein Buch

und ein Baumwolltaschentuch,

Noske einen Ehrensäbel

und ein Buch vom alten Bebel,

sozusagen zur Erheiterung,

zur Gelehrsamkeitserweiterung . . .

Marloh kriegt ein Kaiserbild

und nen blanken Ehrenschild.

Oberst Reinhard kriegt zum Hohn

die gesetzliche Pension . . .

Tante Lo, die, wie ihr wißt,

immer, immer müde ist,

kriegt von mir ein dickes Kissen. –

Und auch hinter die Kulissen

kommt der gute Weihnachtsmann:

Nimmt sich mancher Leute an,

schenkt da einen ganzen Sack

guten alten Kunstgeschmack.[244]

Schenkt der Orska alle Rollen

Wedekinder, kesse Bollen –

(Hosenrollen mag sie nicht:

dabei sieht man nur Gesicht . . . ).

Der kriegt eine Bauerntruhe,

Fräulein Hippel neue Schuhe,

jener hält die liebste Hand –

Und das Land? Und das Land?

Bitt ich dich, so sehr ich kann:

Schenk ihm Ruhe –

lieber Weihnachtsmann!


  • · Theobald Tiger
    Ulk, 28.12.1919, Nr. 52.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 2, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 244-245.
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