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[127] Das ist mein Abschied von den Pyrenäen:
Aus Perpignan fährt die Bahn nach der spanischen Grenze – bis Cébère. Da kommt das tiefe Tunneltor, drüben, hinter den Bergkuppen liegt Spanien. Hier stoßen die Pyrenäen an die See.
Schiffer fahren mich auf dem Meer spazieren, wir führen ernste Gespräche und unterhalten uns über die teuern Bodenpreise in Cébère, wo alle Welt Grenzhandel treibt und alle Welt Geld verdient. Und davon reden wir, daß da im Norden Banyuls liegt, wo neulich abend das Kutterboot gekentert ist.
Da fahren wir nun in eine Grotte am Wasser; es ist eine kleine, kümmerliche Höhlung im Stein, das Boot schaukelt zwischen den Felswänden.[127] Hinten brummt dumpf das Wasser – wenn es im Fels rollt, hört es sich an, als ob er einstürzen wollte.
Und mit meinen Händen befühle ich noch einmal, zum letzten Mal, den nassen Stein, den Berg in den Pyrenäen. Ich sehe durch die Erde bis zum andern Ende, bis zum Ozean, nach Hendaye und Bayonne. Höhlen liegen dazwischen – unten in Bétharram steht, fünfzig Meter tiefer unter der Erde, ein Grenzstein mit zwei Tafeln:
Basses-Pyrénées / Hautes-Pyrénées
Es ist die Departementsgrenze. Ordnung muß sein.
Wann wieder, Berge –?
Die Fischer stoßen ab, sie rudern noch ein bißchen um das Kap herum, in die offene See . . . Und dann sind wir in dem kleinen Häfchen von Cébère. Oben laufen die Zollbeamten auf dem Bahnsteig auf und ab und befühlen die Koffer, und die Gendarmen prüfen die Pässe und tun recht geschäftig und staatserhaltend. Der Zug pustet Rauch aus.
Da verschwinden die Berge im dunstigen Blau, längs der Eisenbahn werden sie immer niedriger, jetzt sind wir wohl schon in der platten, unendlich weiten Ebene. Sieh – eine Station! Palau-del-Vidre. Und die Höhenzahl: 22 m 706 mm über dem Meeresspiegel.
Es ist aus.
Erlöst vom Gebirge – erlöst vom Steigen und Klettern.
In meinem Herzen liegt eine kleine Flocke, eben geboren, ein Ei: Sehnsucht nach den Pyrenäen.