Frage und Antwort

[178] Ich sage: »Sagen Sie mal«, sage ich neulich

zu einem Reichsgerichtsrat;

»das ist ja ganz und gar abscheulich,

das mit dem vierten Senat!

Ob ich dafür wohl meine Steuern bezahle?«

sag ich, »Ihr macht ja nicht schlecht . . .

Seid ihr die Filiale,

seid ihr die Filiale

vom Recht –?«


Da nuckelte der aus dem Reichsgerichtshaus

und sagte: »Sehn wir vielleicht so aus –?«


Ich sage: »Sagen Sie mal«, sag ich nun wieder,

»verehrter Herr Reichsgerichtsrat:

ihr knüppelt die Kommunisten nieder

mit Hoch- und Landesverrat.

Hinter euerm Sandsteinportale

da gehts los! Da geschiehts!

Seid ihr die Filiale,

seid ihr die Filiale

der Justiz –?«

Da nuckelte der aus dem Reichsgerichtshaus

und sagte: »Sehn wir vielleicht so aus –?«


Ich sage: »Sagen Sie mal«, sag ich geduldig,

»bitte! Besinnen Sie sich!

Ihr sprecht die politischen Gegner schuldig –

Wer seid ihr denn eigentlich –?«

Da lachte der Richter zum ersten Male:

»Fragen Sie nicht so dumm!

Wir sind die Filiale,

wir sind die Filiale

vom Rrrrr . . . rataplan!

vom Rrrrr . . . rataplan!

vom Reichswehrministerium –!«


  • [178] · Theobald Tiger
    Die Weltbühne, 22.03.1927, Nr. 12, S. 464.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 5, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 178-179.
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