Das neue Gefangenen-Museum

[160] Da wird jetzt ein neues Museum gebaut –

heidi!

Das zeigt uns, wie man Gefangene verstaut –

hopla he!

Und wie man das einmal früher gemacht;

und wie man einst die Verbrecher bewacht;

und wie wirs so herrlich weit gebracht –

Ehre sei Gott in der Höhe –!


Wird alles darin zu sehen sein?

heidi?

Es gibt da so reizende Kämmerlein –

hopla he!

Darin stinkt es nachts nach menschlichem Kot,

da verkümmert so mancher in seiner Not

und wartet auf den Gefängnis-Tod –

Ehre sei Gott in der Höhe –![160]


Stellt nur alles in diesem Museum aus!

heidi!

Das fade Futter und allen Graus –

hopla he!

Und lasset uns doch auch ja nicht vergessen

die Fotos der viereckigen Aufseherfressen,

und die Qual des Mannes, der in Grau lebt,

und der Jahr um Jahr allein ohne Frau lebt – –

Stellt das aus, wenn ihr Mut habt!

Stellt das aus –!


Wann, Proletariat, holst du die aus den Zuchthäusern

heraus,

die für dich da sitzen, die für dich da krepieren?

die für dich Tüten kleben und Schränke polieren?


Wir hören nachts euer Weinen und euer Gekeuch.

Einen Gruß in die Zellen –!

Wir denken an euch!


  • · Theobald Tiger
    Arbeiter Illustrierte Zeitung, 1928, Nr. 26, S. 10.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 6, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 160-161.
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