Don't gish me –!

[302] »Sieh mich nicht so an

– ich kann es nicht ertragen!

Sieh mich nicht so an

– mit so viel Schmalz und Schmerz!

Sieh mich nicht so an

– sonst muß ich sagen:

Schmeißt ihn raus

– er zerreißt mirs Herz –!«


Wenn die Amerikanerin an einen Mann gerät,

an einen richtigen Mann;[302]

wenn er für sie nicht jede Kiste dreht,

weil er nicht will, weil er nicht kann . . .

dann schlägt sie wie die Gish die Augen auf,

feucht, in der Großaufnahme –

und protzt erfreut

mit ihrem Bauch aus Zelluloid

und ist ein Drittel Kind, ein Drittel Luder und ein Drittel Dame . . .

»Sieh mich nicht so an

– ich kann es nicht ertragen!

Plüsch ist in deinem Aug'

– und so viel Gish und Schmerz!

Trifft mich dein krummbeiniger Blick

– so muß ich sagen:

Schmeißt sie raus

– sie zerreißt mirs Herz –!«


Hat der Germane die Partie verloren

in Fußball oder Politik –:

dann übermannt ihn das Gefühl bis über beide Ohren,

dann ist er fromm und philosophisch (mit Musik).

Gehts gut, schlägt er des Gegners Augen auf;

gehts schief, dann wird gesungen

ein doitsches Lied,

weil das ja immer zieht –

er ist ein Drittel Held, ein Drittel Kellner und ein Drittel Nibelungen . . .

»Sieh mich nicht so an

– ich kann es nicht ertragen!

so mit dem treuen Blick von unten rauf

– und mit dem Wackelsterz!

Ich kenn dich noch aus alten, bösen Tagen –

die Hand in der Bilanz – das Auge himmelwärts!

Und ist das Ausland klug, so wird es sagen:

Schmeißt ihn raus – er bricht mirs Herz –!«


Nur ungern nimmt der Handelsmann

statt baren Geldes Breitscheid an.


  • · Theobald Tiger
    Die Weltbühne, 13.11.1928, Nr. 46, S. 749.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 6, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 302-303.
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