Chanson für eine Frankfurterin

[24] Für Ida Wüst


Wenn die alte Herrn noch e mal Triebe ansetze –

des find ich goldisch!

Wenn se dann nix wie Dummheite schwätze –

des find ich goldisch!

Des hab ich von meim alte Herrn:

ich hab halt die Alt-Metalle so gern . . .

Wenn ich en Bub geworde war, hätt ich auch Metallercher verzollt –

Ja, Jaköbche . . .

Rede is Nickel, Schweige is Silber, und du bist mei Gold –![24]


Wenn se newe mir auf dem Diwan sitze –

des find ich goldisch!

wenn se sich ganz wie im Ernst erhitze –

des find ich goldisch!

E Angriffssignal is noch kein Siesch –

ich sag bloß: Manöver is doch kein Kriesch!

Wer will, hat schon fuffzig Prozent. No, un wer zweimal gewollt . . .

En Floh is kei Roß,

un e Baiss is kei Hauss . . .

un Rede is Nickel, Schweige is Silber, un du bist mei Gold –!


Wenn se sich de Hut schief auf de Seite klemme –

des find ich goldisch!

Wenn se die Ärmcher wie Siescher in die Seite stemme –

des find ich goldisch!

Am liebste nemm ich se dann auf den Schoß.

Aber mer hat sein Stolz. Es is kurios:

sei Mutter is net aus Frankfort. Er aach net. Und da hab ich net gewollt . . .

Jetzt waan net, Klaaner –

Berlin ist Nickel, Wiesbaden ist Silber, awwer Frankfort is Gold –!


  • · Theobald Tiger
    Die Weltbühne, 08.01.1929, Nr. 2, S. 64.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 7, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 24-25.
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