Das Parlament

[299] Ob die Sozialisten in den Reichstag ziehn –

is ja janz ejal!

Ob der Vater Wirth will nach links entfliehn,

oder ob er kuscht wegen Disziplin –

is ja janz ejal!

Ob die Volkspartei mit den Schiele-Augen

einen hinmacht mitten ins Lokal

und den Demokraten auf die Hühneraugen . . .

is ja janz ejal!

is ja janz ejal!

is ja janz ejal!


Die Plakate kleben an den Mauern –

is ja janz ejal!

mit dem Schmus für Städter und für Bauern:

»Zwölfte Stunde!« – »Soll die Schande dauern?«

Is ja janz ejal!

Kennt ihr jene, die dahinter sitzen

und die Schnüre ziehn bei jeder Wahl?[299]

Ob im Bockbiersaal die Propagandafritzen

sich halb heiser brüllen und dabei Bäche schwitzen –:

is ja janz ejal!

is ja janz ejal!

is ja janz ejal!


Ob die Funktionäre ganz und gar verrosten –

is ja janz ejal!

Ob der schöne Rudi den Ministerposten

endlich kriegt – (das wird nicht billig kosten):

is ja janz ejal!

Dein Geschick, Deutschland, machen Industrien,

Banken und die Schiffahrtskompanien –

welch ein Bumstheater ist die Wahl!

Reg dich auf und reg dich ab im Grimme!

Wähle, wähle! Doch des Volkes Stimme

is ja janz ejal!

is ja janz ejal!

is ja janz ejal –!


  • · Theobald Tiger
    Die Weltbühne, 15.05.1928, Nr. 20, S. 752, wieder in: Deutschland, Deutschland, auch u.d.T. »Die Stunde der Entscheidung«.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 7, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 299-300.
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