Singt eener uffn Hof

[61] Ick hab ma so mit dir jeschunden

ick hab ma so mit dir jeplacht.

Ick ha in sießen Liebesstunden zu dir

»Mein Pummelchen« jesacht.

Du wahst in meines Lehms Auf un Ab

die Rasenbank am Elternjrab.[61]


Mein Auhre sah den Hümmel offen,

ick nahm dir sachte uffn Schoß.

An nächsten Tach wahst du besoffen

un jingst mit fremde Kerle los.

Un bist retuhr jekomm, bleich un schlapp –

von wejen; Rasenbank am Elternjrab!


Du wahst mein schönstet Jlück auf Erden,

nur du – von hinten und von vorn.

Mit uns zwee hätt et können werden,

et is man leider nischt jeworn.

Der Blumentopp vor deinen Fensta

der duftet in dein Zimmer rein . . .

Leb wohl, mein liebes Kind, und wennsta

mal dreckich jeht, denn denke mein –!


  • · Theobald Tiger
    Die Weltbühne, 05.04.1932, Nr. 14, S. 529.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 10, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 61-62.
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