3. Württemberg

[66] Was kann dir aber fehlen,

Mein teures Vaterland?

Man hört ja weit erzählen

Von deinem Segensstand.


Man sagt: du seist ein Garten,

Du seist ein Paradies;

Was kannst du mehr erwarten,

Wenn man dich selig pries?


Ein Wort, das sich vererbte,

Sprach jener Ehrenmann:

Wenn man dich gern verderbte,

Daß man es doch nicht kann.


Und ist denn nicht ergossen

Dein Fruchtfeld wie ein Meer?

Kommt nicht der Most geflossen

Von tausend Hügeln her?


Und wimmeln dir nicht Fische

In jedem Strom und Teich?

Ist nicht dein Waldgebüsche

An Wild nur allzu reich?


Treibt nicht die Wollenherde

Auf deiner weiten Alb?

Und nährest du nicht Pferde

Und Rinder allenthalb?
[66]

Hört man nicht fernhin preisen

Des Schwarzwalds stämmig Holz?

Hast du nicht Salz und Eisen

Und selbst ein Körnlein Golds?


Und sind nicht deine Frauen

So häuslich, fromm und treu?

Erblüht in deinen Gauen

Nicht Weinsberg ewig neu?


Und sind nicht deine Männer

Arbeitsam, redlich, schlicht?

Der Friedenswerke Kenner

Und tapfer, wenn man ficht?


Du Land des Korns und Weines,

Du segenreich Geschlecht,

Was fehlt dir? – All und eines:

Das alte, gute Recht.


Quelle:
Ludwig Uhland: Werke. Band 1, München 1980, S. 66-67.
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