Vierundzwanzigstes Capitel.

[237] Von Lan-Tcheu aus durchzieht die Eisenbahn einen sorgfältig angebauten, von vielen Wasseradern befruchteten Landstrich mit unebenem Boden, der zahlreiche Umwege bedingt. Die Ingenieure haben hier mehrfache Kunstbauten, Brücken und Ueberführungen, herstellen müssen – freilich sind es nur Holzconstructionen von zweifelhafter Sicherheit, und der Reisende fühlt sich nicht gerade beruhigt, wenn er die Fahrbahn unter der Last des Zuges nachgeben fühlt. Doch, wir befinden uns im Himmlischen Reiche, und ein paar Tausend Opfer eines Eisenbahnunglücks würden unter den vierhundert Millionen Bewohnern – gar nicht bemerkt werden.

»Uebrigens, belehrt uns Pan-Chao, reist der Sohn des Himmels niemals mit der Eisenbahn.«

Nun desto besser für ihn.[237]

Um sechs Uhr Abends treffen wir in King-Tcheu ein, nachdem wir auf einem Theile der Fahrt den launischen Windungen der Großen Mauer gefolgt waren. Von dieser ungeheuren künstlichen Grenze, die sich zwischen der Mongolei und dem eigentlichen China erhebt, ist nichts mehr übrig, als die Quaderblöcke von Granit oder röthlichem Quarz, die ihre Unterlage bildeten, die Backsteinterrasse mit ungleich hoher Brustwehr, einige alte, vom Rost zerfressne und unter einem dichten Vorhange von Flechten versteckte Kanonen, nebst einzelnen viereckigen Thürmen mit zerfallenen Zinnen. Der schier endlose Wall steigt hinauf und herab, schlängelt sich rück- und vorwärts und schmiegt sich über Sehweite hinaus den Unebenheiten des Bodens an.

Um sechs Uhr Abends halbstündiger Aufenthalt in King-Tcheu, von dem ich nur einige hohe Pagoden zu Gesicht bekommen habe, und gegen zehn Uhr dreiviertelstündige Ruhe in Si-Ngan, dessen Schattenriß ich nicht einmal zu erkennen vermochte.

Die ganze Nacht ging hin zur Durchmessung der dreihundert Kilometer, die diese Stadt von Ho-Nan trennen, wo wir wieder eine Stunde lang Rast machten.

Ich glaube, eingeborne Londoner würden sich leicht haben einbilden können, daß die Stadt Ho-Nan ihr London sei, und es ist leicht möglich, daß Frau Ephrjuell hier einer derartigen Täuschung verfiel. Doch daran war nicht etwa schuld, daß es hier einen »Strand« mit dem unendlichen Gewimmel von Fußgängern und Wagen, oder eine Themse mit ihrem außerordentlichen Gewühl von Lastfahrzeugen und Dampfbooten gegeben hätte. Nein! Wir befanden uns aber inmitten eines so echt britannischen Nebels, daß es ganz unmöglich war, von den Häusern oder den verschleierten Pagoden auch nur das geringste zu erkennen.

Dieser Nebel dauerte den ganzen Tag an – was die Fortbewegung des Zuges nicht wenig erschwerte. Die Himmlischen Locomotivführer sind wirklich recht verständig, aufmerksam und einsichtsvoll und verdienten ihren Kameraden von den abendländischen Bahnen als Muster vorgehalten zu werden.

Alle Wetter und Teufel! Wir sind während unsers letzten Reisetages vor der Ankunft in Tien-Tsin gerade nicht vom Himmel begünstigt! Wie viele Berichtszeilen mich das kostet! Wie viele schöne Schilderungen gehen mir in diesen undurchdringlichen Dunstmassen verloren! Ich habe keine Spur gesehen von den Klüften und Schluchten, durch die die Groß-Transasiatische Bahn[238] hinführt, nichts vom Thale von Lu-Ngan, wo wir um elf Uhr anhalten, nichts von den zweihundertdreißig Kilometern, die wir dahingefahren sind unter einer Art gelblichen, dieses gelben Landes durchaus würdigen Schaumes, bis wir in Taï-Yuan um zehn Uhr Abends wieder anhalten.

O, dieser verpfuschte Tag!

Zum Glück hat sich der Nebel in den ersten Abendstunden aufgehellt. Es ist die höchste Zeit, jetzt, wo uns die Nacht, und zwar eine pechdunkle Nacht umfängt.

Ich begebe mich zum Buffet des Bahnhofs, wo ich einiges Backwerk und eine Flasche Wein erkaufe. Ich denke nun, Kinko den letzten Besuch abzustatten. Wir werden zusammen auf seine Gesundheit und auf die Vermählung mit der hübschen Rumänin trinken. Er ist als Betrüger gereist, das weiß ich wohl, und wenn es die Groß-Transasiatische Bahndirection wüßte ... doch die wird nichts davon erfahren.

Während des Aufenthalts ergehen sich der Seigneur Farusklar und Ghangir auf dem Perron längs des Zuges. Diesmal erregt nicht der Wagen mit dem Kaiserschatze ihre Aufmerksamkeit; sie betrachten vielmehr den ersten Packwagen mit größtem Interesse.

Daß sie eine Ahnung von der Anwesenheit Kinkos hätten, ist doch kaum anzunehmen. Vielmehr scheinen der Heizer und der Maschinenführer sich ihrer ganz besonderen Beachtung zu erfreuen. Es sind das zwei kreuzbrave Chinesen, die hier die Leitung des Zuges übernehmen, und der Seigneur Farusklar ist wahrscheinlich nicht böse darüber, zu sehen, welchen Leuten neben dem kaiserlichen Schatze das Leben von einem Hundert Passagieren anvertraut ist.

Um Mitternacht schlägt die Abfahrtsstunde und mit lautem Pfeifen zieht die Maschine ächzend an.

Wie ich schon sagte, ist die Nacht sehr finster, ohne Mond oder Sterne. Durch die tieferen Schichten der Atmosphäre wälzen sich lange Wolken hin. Es wird mir leicht werden, unbemerkt in den Packwagen zu schlüpfen. Während der zwölf Fahrtage hab ich überhaupt nicht allzuviel Besuche darin abgestattet.

Da spricht mich eben Popof an.

»Nun, wollen Sie denn nicht schlafen, Herr Bombarnae?


»Da ist das Signal!« sagt Ghangir ziemlich laut. (S. 243.)
»Da ist das Signal!« sagt Ghangir ziemlich laut. (S. 243.)

– Das soll nicht lange dauern, geb' ich zur Antwort. Nach diesem Nebeltage, der uns in die Waggons einschloß, hab ich das Bedürfniß, ein wenig frische Luft zu athmen. Wo wird der Zug anhalten?[239]

– In Fuen-Choo nach Passirung der Brücke, von der aus sich die Linie nach Nanking abzweigt.

– Gute Nacht, Popos.


Ich sehe noch, wie er mit beiden Händen nach den Sicherheitsventilen greift. (S. 246.)
Ich sehe noch, wie er mit beiden Händen nach den Sicherheitsventilen greift. (S. 246.)

– Gute Nacht, Herr Bombarnac.«

Da steh' ich nun allein.

Es fällt mir ein, einmal bis zum hintern Theile des Zuges zu spazieren und ich bleibe einen Augenblick auf der Plattform stehen, die sich vor dem Wagen mit den Millionen befindet.[240]

Alle Reisenden mit Ausnahme der chinesischen Gendarmen liegen im letzten Schlafe, d.h. dem letzten auf der Groß-Transasiatischen Bahn.

Nach dem Vordertheile des Zuges zurückgekehrt, nähere ich mich dem Dienstcoupé Popof's, der mir fest eingeschlummert scheint.

Dann öffne ich die Thür des Packwagens, schließe sie wieder vorsichtig und gebe mich Kinko in gewohnter Weise zu erkennen.

Die Schiebewand gleitet hernieder; die kleine Lampe beleuchtet uns Beide. Im Austausch gegen das Backwerk und die Flasche Wein erhalte ich den Dank[241] des wackern Burschen, und wir trinken auf das Wohlsein Zinca Klork's, deren Bekanntschaft ich nun morgen machen soll.

Es ist um zwölf Uhr fünfzig Nachts. Nach weiteren zehn Minuten werden wir, wie Popof sagt, an der Stelle vorübergekommen sein, wo sich die Linie nach Nanking abzweigt. Diese bis jetzt nur in der Länge von fünf bis sechs Kilometern fertiggestellte Bahnstrecke führt nach einem Viaduct durch das Thal des Tju.

Genannter Viaduct ist ein sehr bedeutendes Werk – ich kenne die Einzelheiten darüber aus Mittheilungen Pan-Chao's – und die chinesischen Ingenieure haben davon bisher erst die, etwa hundert Fuß über die Thalsohle emporragenden Pfeiler aufgerichtet. An der Verbindungsstelle dieser Nebenlinie mit der Groß-Transasiatischen Bahn befindet sich schon eine Weiche, um die Bauzüge nach der Nankinger Linie überzuleiten; die ganze Arbeit selbst wird vor drei bis vier Monaten nicht beendet sein.

Da ich weiß, daß wir in Fuen-Choo Halt machen werden, nehm' ich von Kinko mit freundschaftlichem Händedruck Abschied und erhebe mich zum Fortgehen ....

Da glaub' ich Schritte auf der Plattform hinter dem Packwagen zu vernehmen ...

»Nehmen Sie sich in Acht, Kinko!« raune ich diesem noch zu.

Die kleine Lampe erlischt und wir rühren uns Beide nicht von der Stelle

Ich habe mich nicht getäuscht ... irgend Jemand sacht die Packwagenthür zu öffnen.

»Ihre Schiebewand ...,« sag' ich

Der bewegliche Vorderwandtheil steigt in die Höhe, der Kasten ist wieder geschlossen, und ich befinde mich allein in der Finsterniß.

Offenbar kann es nur Popof sein, der jetzt herein will .... Was wird er denken, wenn er mich hier findet? ...

Beim erstenmale, als ich den jungen Rumänen besuchte, hab' ich mich schon einmal zwischen den Frachtstücken verborgen ... Nun also, das wird auch noch ein zweitesmal angehen. Wenn ich hinter den Kisten Fulk Ephrjuell's versteckt bin, kann mich Popof, selbst beim Scheine seiner Laterne, gewiß nicht wahrnehmen.

Nachdem ich mich verkrochen, blick' ich nach der Thür ...

Das ist Popof nicht, der hätte seine Laterne mitgebracht.[242]

Ich bemühe mich, zu erkennen, wer die eintretenden Personen sein mögen ... das ist nicht so leicht .... sie schleichen nur zwischen den Frachtstücken hindurch, öffnen die vordere Thür des Packwagens und schließen sie wieder hinter sich ....

Das sind ohne Zweifel Reisende aus dem Zuge ... doch warum hier ... und zu dieser Stunde? ...

Ich muß das wissen .... Mich beschleicht die Ahnung, daß hier irgend etwas im Werke sei ....

Vielleicht wenn ich horche ...

Ich nähere mich der Vorderwand des Packwagens, und trotz des Geräusches vom Zuge vernehme ich ganz deutlich eine Stimme ...

Tausend und zehntausend Teufel, ich irre mich nicht! ... Das ist die des Seigneur Faruskiar ... er spricht mit Ghangir russisch ... ja, ja, er ist es! ... Die vier Mongolen haben ihn begleitet .... Doch, was machen sie hier? ... Aus welchem Grunde haben sie sich nach der Plattform dicht hinter dem Tender begeben ... und wovon sprechen sie? ...

Hier will ich es mittheilen. Von den Fragen und Antworten, die zwischen dem Seigneur Farusklar und seinen Begleitern gewechselt wurden, hab' ich kein Wort verloren.

»Wann werden wir bei der Abzweigung sein?

– In einigen Minuten.

– Ist es sicher, daß Kardek sich an der Weiche befindet? ...

– Ja; das ist so ausgemacht.«

Was ist denn ausgemacht, und wer mag jener Kardek sein, von dem sie reden?

Das Gespräch geht weiter.

»Wir werden warten müssen, bis das Signal sichtbar geworden ist, sagt der Seigneur Farusklar.

– War das nicht ein grünes Licht? fragt Ghangir.

– Ja ... es bedeutet, daß die Weiche umgelegt ist.«

Ich weiß nicht, ob ich den Verstand noch beisammen habe ... Die Weiche umgelegt? ... Welche Weiche denn? ...

Eine halbe Minute verrinnt. Wär es nicht angezeigt, Popof zu benachrichtigen? Ja, das muß geschehen ....

Eben will ich mich nach der Rückseite des Packwagens begeben, da hält mich ein Ausruf zurück.

»Das Signal ... da ist das Signal! sagt Ghangir ziemlich laut[243] – Und jetzt geht der Zug nach der Nankinger Linie hinüber!« erwidert der Seigneur Farnsklar.

Auf die Linie nach Nanking! ... Doch dann sind wir verloren! ... Fünf Kilometer von hier befindet sich der in Bau begriffene Viaduct von Tju, und der Zug braust auf einen Abgrund zu ....

Entschieden hat sich der Major Noltitz über diesen Seigneur Farnsklar doch nicht getäuscht .... Ich durchschaue das Vorhaben der Schurken .... Der Verwaltungsrath der Groß-Transasiatischen Bahn ist nur ein Verbrecher allerschlimmster Sorte .... Er ist auf die Anerbietungen der Gesellschaft nur eingegangen, um die Gelegenheit zur Ausführung eines Schurkenstreichs abzulauern .... Diese Gelegenheit hat sich ihm mit den Millionen des Sohnes des Himmels geboten .... Ja, der ganze abscheuliche Plan liegt mir nun klar vor Augen. Wenn Farnsklar den kaiserlichen Schatz gegen Ki-Tsang vertheidigt hatte, so geschah das nur, um ihn dem Räuberanführer, der den Zug zum Stehen gebracht hatte, zu entreißen, da dieser Angriff sein eignes verbrecherisches Vorhaben zu vereiteln drohte. – Deshalb also hatte er sich so tapfer geschlagen! Deshalb das Leben dran gewagt und die Rolle eines Helden gespielt! Und Du, armer Tropf Claudius, Du hast Dich betölpeln lassen ! – Noch eine Dummheit auf dem Kerbholz! – Da wirst Du die Folgen noch abzuwarten haben, mein Freund!

Immerhin, jetzt gilt es, dem Schufte die Ausführung seines Planes zu vereiteln ... gilt es, den Zug zu retten, der mit aller Schnelligkeit dem unvollendeten Viaducte, dem Verderben entgegenjagt ... jetzt gilt es, die Passagiere zu retten, denen die entsetzlichste Katastrophe bevorsteht .... Der Schatz, dessen sich der Seigneur (?? jetzt verdient er zwei Fragezeichen!) Farusklar nebst seinen Helfershelfern bemächtigen will, kümmert mich so wenig, wie ein Stück Maculatur! ... Die Passagiere aber und ich selbst ... ja, das ist ein ander' Ding!

Ich will Popof aufsuchen .... Unmöglich! Es erscheint mir, als wär' ich an den Fußboden des Packwagens genagelt .... Mir schwinden die Sinne ...

Es ist also wahr, daß wir auf den Abgrund zufahren .... Nein, ich bin ja ein Narr! ... Farnsklar und seine Begleiter würden da ja auch mit hinabgestürzt ... sie gingen mit uns zu Grunde!

In diesem Augenblick gellen vorn vom Zuge laute Schreie her – Geschrei von Leuten, die ermordet werden .... Kein Zweifel! ... Der Heizer und der Maschinenführer werden erdrosselt, und ich bemerke, daß die Schnelligkeit des Zuges wesentlich nachläßt.[244]

Ah, ich begreife! Einer der Schandbuben versteht mit der Locomotive umzugehen, und diese Verlangsamung gestattet den Burschen abzuspringen und vor Eintritt der Katastrophe ein Stück zu entfliehen.

Endlich gelingt es mir, meinen Starrkrampf zu überwinden. Strauchelnd wie ein Betrunkner hab' ich kaum die Kraft, mich bis zum Kasten Kinko's zu schleppen. Dort unterricht' ich ihn mit kurzen Worten über das Vorgefallene und rufe laut:

»Wir sind verloren!

– Nein ... vielleicht ...«, antwortet er.

Eh' ich noch eine Bewegung zu machen im Stande bin, ist Kinko aus seinem Kasten gesprungen, nach der Thür des Packwagens gestürzt und erklettert schon den Tender, indem er mir zuruft:

»Kommen Sie ... kommen Sie!«

Wie es zugegangen ist, weiß ich nicht, doch in einem Augenblicke befinde ich mich neben ihm auf der Plattform der Locomotive ... die Füße im Blute – im Blute des Heizers und des Führers, die auf die Bahn hinausgestürzt worden sind ...

Von Farusklar und seinen Spießgesellen ist nichts zu sehen.

Vor der Flucht von hier hat Einer die Bremsen völlig aufgedreht, die Dampfeinströmungsventile weit geöffnet, den Rost übermäßig mit frischem Brennmaterial beschickt, und jetzt schießt der Zug mit entsetzlicher Schnelligkeit dahin ...

Noch wenige Minuten, und er muß den Viaduct von Tju erreicht haben ...

Thatkräftig und entschlossen hat Kinko seine Kaltblütigkeit bewahrt. Vergeblich aber sacht er den Hebel zu bewegen, den Cylindern Gegendampf zu geben und durch Anziehung der Bremsen die Zuggeschwindigkeit zu hemmen ... er weiß nicht recht, wie diese Hebel und Kurbeln wirken.

»Wir müssen sofort Popof holen! ... ruf' ich voller Schrecken.

– Und was würde dieser dann noch thun können? ... Nein, es giebt nur ein einziges Mittel ....

– Welches ... welches?

– Das Feuer noch mehr zu schüren, antwortet Kinko mit ruhiger Stimme, die Sicherheitsventile zu belasten und die Locomotive zerspringen zu lassen.«

Ist das wirklich das einzige, dieses von der Verzweiflung eingegebene Mittel, den Zug zum Stehen zu bringen, ehe er den Viaduct erreicht? ...[245]

Kinko schaufelt wie ein Irrsinniger Steinkohlen auf den Rost der Feuerbüchse. Es entsteht ein furchtbarer Zug, der ganze Massen von Luft durch die Feuerung preßt, der Druck steigt, der Dampf zischt pfeifend aus den Sicherheitsventilen, im Kessel brodelt es, die Maschine seufzt unter der Wucht des hochgespannten Dampfes .... Die Geschwindigkeit nimmt zu und übersteigt jetzt wohl hundert Kilometer in der Stunde ....

»Fort von hier, ruft mir Kinko zu, Alle sollen sich nach den letzten Waggons flüchten ....

– Und Sie, Kinko? ...

– Fort, schnell fort, sag' ich!«

Ich sehe noch, wie er mit beiden Händen nach den Sicherheitsventilen greift und sich mit dem ganzen Körpergewicht an deren Hebelarme hängt.

»So eilen Sie doch fortzukommen!« ruft er mir noch zu.

Ich überklettere den Tender, stürme durch den Packwagen und wecke Popof, indem ich mit voller Kraft der Lungen ausrufe:

»Nach rückwärts! ... Alle nach dem Ende des Zuges!«

Einige, urplötzlich aus dem Schlafe auffahrende Reisende beeilen sich, die ersten Waggons zu verlassen ....

Plötzlich ein Krachen, eine furchtbare Explosion, der ein sehr heftiger Stoß nachfolgt. Der Zug scheint sich erst ein wenig nach rückwärts zu bewegen, rollt aber, eine Folge der vorher erlangten Schnelligkeit, noch einen halben Kilometer weiter dahin ....

Endlich steht er still ....

Popof, der Major, Herr Caterna und die meisten Fahrgäste springen sofort auf die Strecke hinunter.

Inmitten der Finsterniß gewahrt man doch einen Wirrwarr von Gerüsten, Balken und Streben oben auf den Holzpfeilern, die den Viaduct von Tju zu tragen bestimmt sind.

Noch zweihundert Schritte weiter, und der Zug der Groß-Transasiatischen Bahn wäre in den Abgrund gestürzt.[246]

Quelle:
Jules Verne: Claudius Bombarnac. Notizbuch eines Reporters. Bekannte und unbekannte Welten. Abenteuerliche Reisen von Julius Verne, Band LXII, Wien, Pest, Leipzig 1894, S. 237-247.
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