Siebenundzwanzigstes Capitel.

[269] Wenn jemals der Ausdruck »im Hafen Schiffbruch leiden« an seinem Platze war, so dürfte das in diesem Falle zutreffen, und der Leser wird es verzeihen, daß ich mich desselben bediene. Doch wenn ein Schiff angesichts des Hafendammes scheitert, braucht man es nicht immer für verloren zu halten. Die[269] Freiheit Kinko's mag ja vorläufig bedroht erscheinen, wenn sich mein und Zincas Eintreten für ihn als nutzlos erweist; er lebt doch wenigstens, und das ist die Hauptsache.

Jetzt gilt's aber zu eilen, denn wenn die chinesische Polizei auch sonst recht viel zu wünschen übrig läßt, schnell im Urtheil und in der Bestrafung ist sie gewiß. Gefangen – gehangen, und Kinko darf auf keinen Fall aufgeknüpft werden.

Ich biete also Fräulein Zinca Klork den Arm, führe sie nach meinem Wagen und wir begeben uns schnellstens nach dem »Hôtel der Zehntausend Träume« zurück.

Hier treffe ich den Major Noltitz, Herrn und Frau Caterna und durch glücklichen Zufall auch den jungen Pan-Chao wieder, letzteren diesmal ohne den Doctor Tio-King. Pan-Chao erbietet sich bereitwilligst, uns bei den chinesischen Behörden als Dolmetscher zu dienen.

Nun unterrichte ich im Beisein der weinenden Zinca meine Reisegefährten über Alles, was deren Verlobten betrifft, unter welchen Verhältnissen Kinko hierher gekommen war und wie ich ihn unterwegs kennen gelernt hatte. Ich sage ruhig, daß er sich gegenüber der Transasiatischen Bahngesellschaft eines Betruges schuldig gemacht, doch nur auf diese Weise im Stande gewesen war, den Zug nach Uzun-Ada und weiter zu benutzen. Wenn das aber nicht geschehen wäre, so lägen wir jetzt jedenfalls zerschmettert in den Schluchten des Tjuthales ...

Ich führe Alles an, was ich bisher nur allein weiß: ich selbst habe zwar den Banditen Farnsklar überrascht, als er sein Verbrechen eben ausführen wollte, Kinko aber ist es gewesen, der auf die Gefahr seines Lebens hin, mit einem Muthe und einer Kaltblütigkeit ohne Gleichen, den Brennrost der Locomotive mit Heizmaterial überfüllte, sich dann an die Hebelarme der Sicherheitsventile hängte und den Zug dadurch zum Stehen brachte, daß er das Platzen des Kessels verursachte.

Da gab es, nach Beendigung meines Berichtes, laute Ohs und Ahs in Menge, und in überfließender Dankbarkeit rief unser Komödiant begeistert:

»Hurrah für Kinko ... Einen Orden muß er haben!«

In Erwartung, daß der Sohn des Himmels unserm Helden den Orden des grünen Drachen irgendwelcher Classe aufnöthige, ergreift Frau Caterna die Hände der Zinca Klork, zieht sie ans Herz, umarmt sie – ohne ihre Soubretten-, im Nothfalle erste Liebhaberinthränen zurückhalten zu können. Man[270] vergegenwärtige sich nur, ein Liebesroman, der im letzten Capitel unterbrochen wird ....

Nun aber ans Werk, und – wie Herr Caterna commandirt: »Alle auf die Bühne zum fünften!« – zum fünften Acte nämlich, in dem die Dramen ihre Lösung zu finden pflegen.

»Wir können den braven jungen Mann nicht verurtheilen lassen! sagt der Major Noltitz. Wir müssen uns sofort zum Director der Groß-Transasiatischen Bahn begeben, und wenn er Alles erfahren hat, wird er der Erste sein, jede weitere Verfolgung einstellen zu lassen.

– Gewiß, bemerk' ich dazu, denn es ist nicht zu leugnen, daß Kinko den ganzen Zug sammt den Passagieren gerettet hat ...

– Ohne von dem kaiserlichen Schatze zu reden, fügt Frau Caterna ein, von den Millionen Seiner Majestät!

– Ganz richtig, bestätigt Pan-Chao. Leider ist Kinko der Polizei in die Hände gefallen; man hat ihn ins Gefängniß geschleppt, und aus einem chinesischen Gefängniß kommt man nicht so leicht wieder heraus.

– Beeilen wir uns also, antworte ich, zum Director der Gesellschaft zu kommen!

– Halt, ruft da Frau Caterna, könnten wir nicht zusammenschießen, um das Fahrgeld für ihn zu erlegen?

– Dieser Vorschlag macht Dir Ehre, Caroline! ruft der Komödiant, der schon mit der Hand nach dem Geldtäschchen fährt.

– Meine Herren, meine Herren, fleht Zinca Klork, deren hübsche Augen in Thränen gebadet sind, retten Sie meinen Verlobten, eh' er verurtheilt wird ...

– Natürlich, mein Schätzchen, tröstet sie Frau Caterna, natürlich, mein Herz, wird er gerettet, Ihr Bräutigam, und müßten wir eine Benefizvorstellung für ihn geben ...

– Bravo, Caroline, bravo!« jubelt Herr Caterna, der ihr mit der Kraft eines Unteranführers der Claque seinen Beifall spendet.

Wir überlassen die junge Rumänin den ebenso übertriebenen wie aufrichtigen Zärtlichkeiten der vortrefflichen Soubrette. Frau Caterna will sie nicht verlassen, erklärt, daß sie sie als Tochter betrachte und mit der Opferfreudigkeit einer Mutter vertheidigen werde. So begeben wir, Pan-Chao, der Major Noltitz, Herr Caterna und ich, uns nach dem Bahnhof zurück, wo sich die Amtsräume des Directors der Groß-Transasiatischen Eisenbahn befinden.


Und hervor springt Kinko, wie ein Teufel aus dem Zauberapparat. (S. 268.)
Und hervor springt Kinko, wie ein Teufel aus dem Zauberapparat. (S. 268.)

Der Director ist in seinem Bureau, und auf Verlangen Pan-Chao's werden wir bei ihm eingelassen.

Er ist ein waschechter Chinese und mit allen stockchinesischen Verwaltungskniffen vertraut, ein Beamter, der seines Amtes aus dem ff waltet und der seinen Collegen im alten Europa manche Nuß zu knacken[271] geben könnte.

Pan-Chao erzählt ihm den Verlauf der Sache, die uns zu ihm führte, und da der Director russisch recht gut versteht, kann auch der Major und ich selbst an der Verhandlung theilnehmen.


Daraufhin kommt Pan-Chao ins Feuer. (S. 275.)
Daraufhin kommt Pan-Chao ins Feuer. (S. 275.)

Ja, hier entspinnt sich eine Verhandlung! Der sonderbare Sohn des Himmels bleibt dabei, daß der Fall[272] Kinko ein sehr ernster sei .... Ein Betrug unter solchen Umständen! ... Ein Betrug, der sich über eine Strecke von sechstausend Kilometern ausdehnt ... ein Betrug, der der Gesellschaft der Groß-Transasiatischen Eisenbahn an tausend Francs kostet, der ihre Actionäre ...

Wir gestehen dem chinesischen Zopfchinesen zu, daß das ja ganz wahr sei, daß aber der voraussichtliche Schaden gewiß ein weit größerer gewesen[273] wäre, wenn sich der Betrüger nicht mit in jenem Zuge befunden und nicht mit höchster Lebensgefahr das rollende Material und die Reisenden gerettet hätte.

Es wird kaum Jemand glauben mögen, daß die lebende Porzellanpuppe uns bedeutet, von gewissem Standpunkte aus gesehen, wäre es besser gewesen, den Tod von einem Hundert Opfern zu beklagen zu haben ....

Ja, ja, man kennt das! Mag Mensch und Vieh zu Grunde gehen, wenn nur das unantastbare heilige Princip gewahrt bleibt!

Kurz, wir konnten zunächst nichts erreichen; der Gerechtigkeit mußte gegen den Betrüger freier Lauf gelassen werden.

Wir ziehen uns zurück, während Herr Caterna alle Kraftausdrücke aus seinem Seemanns- und Künstlerlexikon über den Dummkopf ausschüttet.

Was nun?

»Meine Herren, sagt Pan-Chao, ich weiß, wie es in Peking und überhaupt im Himmlischen Reiche zugeht. Es werden keine zwei Stunden vergehen zwischen dem Zeitpunkt der Verhaftung Kinko's und seiner Vorführung vor den Bezirksrichter, der mit der Aburtheilung solcher Fälle betraut ist. Das wird unserm Freunde aber nicht nur Kerkerhaft, sondern sogar die Bastonnade bringen ....

– Die Bastonnade ... wie jenem Schwachkopf Zitzel in ›Wenn ich König wäre‹, ruft unser Bühnenheld.

– Ganz ebenso, bestätigt Pan-Chao.

– Das muß auf jeden Fall verhindert werden! erklärt der Major.

– Wenigstens wollen wir es versuchen, antwortet Pan-Chao. Ich schlage Ihnen deshalb vor, mit nach dem Gerichte zu gehen, wo ich versuchen werde, den Bräutigam der reizenden Rumänin zu vertheidigen, und ich will die Nase aus dem Gesicht verlieren,1 wenn ich ihn nicht aus der fatalen Lage befreie!«

Das schien das Beste und jedenfalls der einzige Weg, den wir einschlagen konnten. Wir verlassen den Bahnhof, besteigen einen Miethwagen und gelangen binnen fünf Minuten nach der elenden Spelunke, in der der Gerichtshof des betreffenden Bezirks tagt.

Eine große Menge umlagert das Nest. Die Sache ist bekannt geworden. Man weiß, daß sich ein Betrüger hat von Tiflis bis Peking in einem Kasten so gut wie gratis befördern lassen. Jedermann will ihn sehen, jeder die Züge[274] dieses Originals sich einprägen ... die Leute wissen noch gar nicht, daß das im Grunde ein wahrer Held ist!

Da steht er unser wackrer Reisegefährte, steht zwischen zwei quittengelben Gerichtsdienern mit widerwärtigen Gesichtszügen; die hündischen Kerle sind bei der Hand, den Gefangenen auf Befehl des Richters ins Gefängniß zurückzuschleppen und ihm ein Dutzend Rohrstockhiebe auf die Fußsohlen aufzuzählen, wenn er mit dieser Strafverschärfung verurtheilt wird.

Kinko ist ganz außer Fassung vor Scham und Schande, was mich bei einem so energischen Burschen etwas Wunder nimmt. Als er uns jedoch bemerkt, blitzt ein Strahl der Hoffnung über seine hübschen Züge.

Eben erzählte der Rollwagenführer, unter Berufung auf das Zeugniß der Polizisten, den Vorgang einem bebrillten Männchen, der den Kopf in einer für den Angeklagten recht beunruhigenden Weise zurückwarf, und dieser konnte sich selbst wenn er so unschuldig war wie ein neugebornes Kind, nicht einmal vertheidigen, da er kein Wort chinesisch verstand.

Da erscheint Pan-Chao. Der Richter kennt ihn und grüßt ihn lächelnd.

Unser Gefährte ist ja der Sohn eines reichen Pekinger Kaufmanns und privilegirten Lieferanten der Thees von Tung-Tien und von Tung-Fug-Cao. Die Kopfhaltung des Richters wird etwas freundlicher.

Er ist wirklich pathetisch und geistvoll, unser junger Rechtsanwalt! Er erweckt die Theilnahme des Richters, rührt die Zuhörer durch seine Schilderung unsrer Fahrt, beleuchtet die Unfälle, die sie betroffen, und erbietet sich schließlich, der Gesellschaft den ihr verursachten Schaden bezüglich des nicht bezahlten Personenfahrpreises zu ersetzen ....

Leider kann der Richter hierauf nicht eingehen; neben dem materiellen Verluste liege auch noch eine moralische Schädigung vor u.s.w. u.s.w.

Daraufhin kommt Pan-Chao ins Feuer, und obwohl wir von seinen Reden nichts verstehen, errathen wir doch, daß er von Kinko's Muthe spricht, von der Entschlossenheit, mit der er sein Leben eingesetzt habe, um das der Reisenden zu retten, und endlich, als äußerstes Hilfsmittel, weist er allem Anscheine nach darauf hin, daß nur seinem Clienten die Erhaltung des kaiserlichen Schatzes zu verdanken sei.

Nutzlose Beredtsamkeit: Alle Entschuldigungsgründe vermögen einen unerbittlichen Richter, der während seiner langen Amtsführung kaum zehn Angeklagte freigesprochen hat, nicht umzustimmen. Die Bastonnade soll dem Delinquenten zwar[275] geschenkt sein, er verurtheilt ihn aber zu sechs Monaten Gefängniß und Schadenersatz (nebst Zinseszinsen) an die Groß-Transasiatische Bahngesellschaft. Dann führt man auf ein Zeichen dieser zweibeinigen Verurtheilungsmaschine den armen Kinko ab.

Die Leser des »XX. Jahrhundert« mögen es sich jedoch ersparen, das Schicksal Kinko's zu beklagen. Sollt' ich damit auch einen Bericht von hundert Zeilen einbüßen, so zieh' ich es doch vor, gleich zu verkünden, daß sich für ihn Alles zum Besten wendete.

Am nächsten Tage schon hielt Kinko seinen Triumpheinzug in das betreffende Haus der Cha-Chuastraße, wo wir Alle eben vereinigt waren und Frau Caterna ihren mütterlichen Trost über die unglückliche Zinca Klork ergoß.

Die Tagesblätter hatten sich des Vorgangs bemächtigt. Der »Chi-Bao« von Peking und die »Chinese Times« von Tien-Tsin traten begeistert für die Begnadigung des jungen Rumänen ein. Diese Rufe nach Erbarmen waren bis zu den Füßen des Sohnes des Himmels gedrungen – sogar bis zur Stelle, wo sich dessen kaiserliche Ohren befinden. Daneben hatte Pan-Chao Seiner Majestät noch eine Bittschrift übermittelt, worin er die Vorfälle während der Fahrt schilderte und mit Nachdruck darauf hinwies, daß ohne die Opferwilligkeit Kinko's das Gold und die Edelsteine sich jetzt in den Händen Farusklar's und seiner Raubgenossen befinden würden. Und – bei Buddha! – das verdiente doch etwas andres als sechs Monate Gefängniß!

Ja, das verdiente eine Belohnung von fünfzehntausend Taëls, d.h. mehr als hunderttausend Francs, und in einer Eingebung von Großmuth ließ der Sohn des Himmels diese, unter Aufhebung des Urtheils, an Kinko übermitteln.

Ich verzichte auf die Schilderung der Freude, des Glücks, des seeligen Rausches, den diese von Kinko selbst überbrachte Mittheilung bei allen seinen Freunden hervorzauberte – am meisten natürlich bei der hübschen Zinca Klork. Das ließe sich in gar keiner Sprache richtig ausdrücken – nicht einmal in der chinesischen, obwohl diese so willig die unglaublichsten Metaphern bietet.

Und nun mögen mir die Abonnenten des »XX. Jahrhundert« noch gestatten, den Bericht über meine, im Notizbuche unter 1 bis 11 verzeichneten Reisegefährten abzuschließen.

Nummer 1 und 2, Fulk Ephrjuell und Miß Horatia Bluett: In Ermangelung der nöthigen Uebereinstimmung bezüglich gewisser in ihrem Ehecontracte vorgesehener Tantièmen, haben sie sich drei Tage nach der Ankunft in Peking wieder[276] scheiden lassen. Es ist nun, als ob die Trauung während der Fahrt auf der Groß-Transasiatischen Bahn überhaupt nicht stattgefunden hätte, und Miß Horatia Bluett ist einfach Miß Horatia Bluett geblieben. Gott geb' es, daß die dürre Händlerin reiche Haarernten von chinesischen Köpfen einheimse, und daß der nüchterne Handelsreisende recht viele Gaumen des Himmlischen Reiches mit seinen künstlichen Zähnen zu möbliren habe!

Nummer 3, der Major Noltitz: Er ist für das Krankenhaus beschäftigt, das auf Kosten der russischen Regierung in Peking errichtet werden soll, und als die Stunde unsers Abschieds schlug, fühlte ich, daß ich einen wirklichen Freund dort weit von meiner Heimat zurückließ.

Nummer 4 und 5, Herr und Frau Caterna: Nach dreiwöchentlichem Aufenthalt in der Hauptstadt des Himmlischen Reiches ist der liebenswürdige Komödiant mit der reizenden Soubrette nach Shangaï abgereist, wo Beide zur Zeit die Künstlerzierde der französischen Niederlassung bilden.

Nr. 6, der Baron Weißschnitzerdörfer, dessen unaussprechlichen Namen ich hiermit zum letztenmale niederschreibe: Nun, dieser Weltreisende hat nicht allein den Dampfer nach Tien-Tsin, sondern einen Monat später auch das Packetboot nach Yokohama verfehlt; sechs Wochen darauf hat er an der Küste von Englisch-Columbien noch Schiffbruch erlitten, und endlich ist es ihm, infolge einer Zugsentgleisung auf der Linie San-Francisco – New-York, mit vieler Mühe gelungen, seine Reise um die Erde statt in neununddreißig, doch in hundertsiebenundvierzig Tagen zu vollenden.

Nmmmer 7 und 8, Pan-Chao und der Doctor Tio-King: Was soll ich sagen, als daß Pan-Chao noch immer der Pariser ist, wie wir ihn kennen lernten, und jedesmal, wenn er nach Frankreich kommt, treffen wir uns zu einem Frühstück bei Durand oder Marguery. Der Doctor hat es so weit gebracht, daß er nur noch ein Eigelb für den Tag, wie sein Lehrmeister Cornaro, zu verzehren braucht, und er hofft nach dem Muster des edlen Venetianers wenigstens hundertzwei Jahre alt zu werden.

Nummer 9 und Nummer 10, Sir Francis Trevellyan und der Seigneur Farusklar: Ich habe weder den einen, der mir noch eine Genugthuung und eine Cigarre schuldet, wiedergesehen, noch von dem andern gehört, daß man ihn nach Verdienst aufgeknüpft hätte. Zweifelsohne betreibt der berühmte Räuber, nachdem er als Verwalter der Groß-Transasiatischen Bahn seine Entlassung genommen, sein einträgliches Geschäft noch irgendwo tief im Innern der mongolischen Provinzen.[277]

Endlich Kinko, meine Nummer 11: Ich brauche wohl nicht erst zu sagen, daß meine Nummer 11 mit Fräulein Zinca Klork unter großer Feierlichkeit getraut wurde. Wir haben Alle der Hochzeit beigewohnt, und wenn der Sohn des Himmels den jungen Rumänen so reichlich ausgestattet hatte, so erhielt die junge Rumänin von uns im Namen der durch ihren Verlobten geretteten Passagiere des Unglückszuges auch ein werthvolles Geschenk.

Das ist der getreue Bericht über diese Reise. Ich habe das Möglichste gethan, während der Fahrt meiner Reporterpflicht zu genügen, und wünsche, daß die Verwaltung des »XX. Jahrhundert« sich trotz der bekannten Lücken meiner Schilderung damit befriedigt erkläre.

Ich selbst bin nach dreiwöchentlichem Verweilen in Peking auf dem Seewege nach Frankreich zurückgekehrt.

Noch muß ich mich jedoch zu einem, für meine Eigenliebe recht schmerzlichen Geständnisse herbeilassen: Am Tage nach meiner Ankunft in der Hauptstadt des Himmlischen Reiches hatte ich in Erwiderung meiner Depesche von Lan-Tcheu aus folgendes Telegramm erhalten:


»Claudius Bombarnac, Peking, China.


Verwaltung des ›XX. Jahrhundert‹ beauftragt Berichterstatter Claudius Bombarnac, dem heldenhaften Seigneur Faruskiar ihre huldigende Anerkennung zu übermitteln

Ich bin aber stets dabei geblieben, daß diese Depesche ihren Empfänger verfehlt hat, was mir wenigstens die Unannehmlichkeit einer Antwort darauf ersparte.


Ende.[278]

Fußnoten

1 Eine chinesische Redensart für »entehrt sein«.



Quelle:
Jules Verne: Der Findling. Bekannte und unbekannte Welten. Abenteuerliche Reisen von Julius Verne, Band LXIII–LXIV, Wien, Pest, Leipzig 1895.
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