Elftes Capitel.
Der Bazar »Zum kleinen Geldbeutel«.

[350] Unser Held zählte jetzt elfeinhalb und Bob acht Jahre, so daß beide zusammen noch nicht einmal das majorenne Alter dargestellt hätten. Findling schon mitten in der Geschäftsthätigkeit, im Begriff, ein Handelshaus zu gründen. Es gehörte wirklich die blinde Vorliebe eines Grip dazu, um zu glauben, daß er damit gleich Glück haben, daß sein Handel nach und nach Umfang genug erreichen werde, um damit ein Vermögen zu erwerben.

Jedenfalls besaß das Quartier Saint-Patrick zwei Monate nach dem Eintreffen der beiden Knaben in der Hauptstadt Irlands einen Bazar, der die Aufmerksamkeit der Leute erregte und auch eine große Kundschaft heranlockte.

Dieser Bazar aber war nicht etwa in den ärmlichen Straßen der Freiheiten zu suchen, die sich in der Umgebung der Saint-Patrick-Street kreuzen.

Findling hatte es vorgezogen, sich mehr nach der Liffey zu, in der Bedford-Street, zu etablieren, wo man nichts überflüssiges, sondern nur Bedarfsgegenstände einzukaufen pflegt. Für die nothwendigsten Gegenstände finden sich ja stets Käufer, wenn jene gut und nicht zu theuer sind. Das hatte die Erfahrung dem jungen Kaufmann schon gelehrt, als er noch mit dem Karren durch die Straßen von Cork zog und dann die Grafschaften von Munster und Leinster durchwanderte.

Ein wirkliches Magazin war es, treu bewacht von Birk, der jetzt nicht mehr zum Zugthier erniedrigt wurde. Der Laden führte ein in die Augen fallendes Schild mit der Inschrift »Zum kleinen Geldbeutel«, und darunter die Firma »Little Boy and Co.«

Little Boy, das war Findling; and Co., das war Bob... und ohne Zweifel auch Birk.

Das betreffende Haus in der Bedfort-Street bestand aus drei Stockwerken. Eine Treppe hoch wohnte darin der Besitzer O'Brien, ein früherer Colonialwaarenhändler, der sich nach erfolgreicher Thätigkeit vom Geschäft zurückgezogen hatte, übrigens ein rüstiger alter Junggeselle von fünfundsechzig[350] Jahren, der mit Recht im Rufe eines hochachtbaren Mannes stand. O'Brien war natürlich nicht wenig erstaunt, als ein Kind von elfeinhalb Jahren kam, um einen seit einigen Monaten leerstehenden Laden im Erdgeschoß von ihm zu miethen. Die verständigen und praktischen Antworten aber, die er auf seine Fragen von dem Knaben erhielt, nahmen ihn schnell für diesen ein, und so kam ein Miethcontract bald zu Stande, vorzüglich, da der junge Miether sich erbot, den Zins für ein ganzes Jahr gleich im Voraus zu entrichten.

Der freundliche Leser wolle nicht vergessen, daß der Held unsrer Erzählung wegen seiner Größe und Schulterbreite älter erschien, als er war. Doch wenn man ihn auch für vierzehn oder fünfzehn Jahre schätzte, so erschien er doch jedem Fernstehenden gewiß noch als viel zu jung, um einen selbständigen Ladenhandel anzufangen, wenn dieser auch die bescheidne Bezeichnung »Zum kleinen Geldbeutel« trug.

Jedenfalls handelte O'Brien nicht, wie es vielleicht viele gethan hätten. Als sich der ordentlich gekleidete Knabe mit einer gewissen Sicherheit vorstellte, sein Anliegen klar und deutlich vorbrachte, da führte er ihn nicht ohne Erwiderung hinaus, sondern hörte ihn bis zum Ende ruhig an. Was er da von der Vergangenheit desselben, von seinem Handel in Cork, seiner Wanderung nach der Hauptstadt vernahm, das rief unwillkürlich sein Interesse wach. Er erkannte in Findling einen so gereiften Verstand, eine solche Klarheit der Gedanken, daß er an dessen glücklicher Zukunft gar nicht zweifeln konnte. Der alte Kaufmann versprach daher, Findling mit seinem Rathe beizustehen, indem er sich vornahm, alles, was sein junger Miethsmann thäte, zu beobachten.

Mit Unterzeichnung des Contractes und Zahlung des Miethpreises wurde Findling endgiltig zu einem der Ladeninhaber der Bedford-Street.


Der Phönix-Park in Dublin. (S. 347.)
Der Phönix-Park in Dublin. (S. 347.)

Das an Little Boy and Co. vermiethete Erdgeschoß bestand aus zwei Räumlichkeiten, von denen eine nach der Straße, die andre nach dem Hofe zu lag. Die erste sollte als Geschäftslocal, die zweite als Schlafzimmer dienen. Nach dem Hofe schloß sich hieran noch ein Kämmerchen und eine Küche, wo eine Köchin hausen konnte... wenn einmal eine solche da war. Jetzt erschien eine solche für die zwei Knaben noch nicht nöthig. Sie wollten essen, wenn sie dazu Zeit hatten und keine Knaben zu bedienen waren. Zuerst immer die Kundschaft!

Auf Zuspruch konnte Findling ja rechnen, da er in seinem saubern Laden eine große Auswahl von Waaren bot. Mit dem nach Zahlung des Miethzinses übrig gebliebnen Geld hatte der junge Kaufmann alles von den Großhändlern[351] und Fabrikanten gegen baar bezogen, und jetzt war der Bazar »Zum kleinen Geldbeutel« auf Tischen und Regalen reichlich ausgestattet.

Nach Beschaffung des nothwendigen Mobiliars für Laden und Schlafstube war von den hundertundfünfzig Pfund, die Findling mit nach Dublin gebracht hatte, freilich nur noch der dritte Theil übrig. Weitere Ausgaben vermied er weislich, um sich für den Nothfall eine Reserve zu sichern. Lücken, die in seinen Waarenvorräthen entständen, hoffte er mit den laufenden Einnahmen wieder füllen zu können.[352]

Selbstverständlich verlangte eine geordnete Geschäftsführung die Anlage eines sogenannten Journals für die täglichen Verkäufe, ferner eines Hauptbuches – das Hauptbuch Findlings! – wo Einnahmen und Ausgaben eingetragen werden sollten, um jeden Abend die Richtigkeit der Casse prüfen zu können. Wahrlich, O'Bodkins von der Lumpenschule hätte seine Sache auch nicht besser machen können.


Vornehme Damen leerten das Spielwaarenlager (S. 356.)
Vornehme Damen leerten das Spielwaarenlager (S. 356.)

In dem Bazar von Little Boy fand man etwas von allem, was in diesem Stadttheil vorwiegend gebraucht wurde. Was der Papierhändler, der Kurzwaaren-, der Eisenwaaren-, der Buchhändler and andre ihren Kunden einzeln boten, das vereinigte der Laden Findlings an einer Stelle. Im Bazar »Zum kleinen Geldbeutel« konnte man nahezu alles zu festem, aber billigem Preis haben Neben den eigentlichen Bedarfsgegenständen enthielt der Laden noch eine reiche Auswahl von Spielwaaren aller Art, doch nur solche für Kinder von fünf bis zu zwölf Jahren. Diese Abtheilung besorgte Bob mit besondrer Vorliebe und bemühte sich, sie in bester Ordnung zu halten, wenn er sich auch nicht überwinden konnte, das eine oder das andre Spielzeug einmal selbst zu versuchen. Vorzüglich beschäftigte er sich da mit den Schiffen und Booten – für wenige Pence – wobei er sich sorglich hütete, dieselben irgendwie zu beschädigen, denn der Principal scherzte damit nicht und ermahnte ihn manchmal.

»Sei doch ernsthaft, Bob! Wenn Du das jetzt nicht bist, könnte man glauben, daß Du es niemals würdest!«

Wir haben nicht nöthig, Tag für Tag die Fortschritte zu verfolgen, die der Bazar von Little Boy and Co. in der Achtung und dem Vertrauen der Leute machte. Auf jeden Fall erfreute er sich des besten Erfolges. O'Brien konnte sich nicht genug wundern über die Gewandtheit und den richtigen Blick seines jungen Miethers, der stets vortheilhaft einzukaufen und wieder zu verkaufen verstand. So hatte es auch der alte Kaufmann gemacht und sich dadurch ein recht schönes Vermögen erworben Freilich begann er sein Geschäft im Alter von fünfundzwanzig Jahren, nicht in dem von zwölf Jahren. Auch O'Brien theilte bald die Ansicht Grips, daß es Findling gar nicht fehlen könne, bald zu Vermögen zu kommen.

Zur Erklärung des wirklich außergewöhnlichen Erfolges, dessen sich der Bazar »Zum kleinen Geldbeutel« erfreute, diene die Bemerkung, daß es sich in der ganzen Stadt mit Windeseile verbreitet hatte, daß dieses Geschäft von einem kaum den Schuljahren entwachsenen Knaben begründet worden war,[355] und von ihm nur mit Unterstützung eines noch weit jüngeren Knaben geführt wurde. Das genügte, um Findlings Laden sozusagen in die Mode zu bringen. Findling hatte auch nicht unterlassen, sich durch einige Annoncen in den Blättern zu empfehlen, die er recht theuer bezahlen mußte. Bald begannen aber die hervorragendsten Blätter der Hauptstadt seines ungewöhnlichen Geschäftes auch aus freien Stücken Erwähnung zu thun, und nun stellten sich viele Reporter ein, die Little Boy and Co. – ja, auch Bob selbst! – mit ebenso vieler Sorgfalt interviewten, als wenn es dem Lord Gladstone gegolten hätte. Ueberall sprach man schon von dem jugendlichen Kaufmann der Bedford-Street und von seinem Unternehmen, dem sich die allgemeine Theilnahme zuwandte. Er wurde der Held des Tages und – was das wichtigste ist – die Leute drängten sich, seinen Bazar zu besuchen.

Natürlich wurde hier die Kundschaft mit größter Höflichkeit und Zuvorkommenheit behandelt. Findling hatte die Augen überall und Bob mit dem Lockenkopfe sprang hin und her, um jeden nach Wunsch zu bedienen. Sogar Damen aus dem vornehmen Viertel kamen zu Wagen an und machten es sich zum Vergnügen, wenigstens das Spielwaarenlager Findlings bald zu vermindern oder gar zu leeren.

Mit einem Worte, Findling konnte sich eines glänzenden Erfolges rühmen, und um sich diesen auch weiter zu sichern, ließ er's an keiner Mühe fehlen.

Als der »Vulcan« in Dublin wieder eingelaufen war, galt der erste Ausgang Grips natürlich seinen Freunden. Ueber den Bazar in der Bedford-Street konnte er seiner Verwunderung gar nicht laut genug Ausdruck verleihen; ja, seiner Meinung nach hatte sich die ganze Straße dadurch so verwandelt, daß sie wenigstens der Sackevillestraße hier in Dublin, womöglich auch gar dem Strand in London, dem Broadway in Newyork, dem Boulevard des italiens in Paris gleichkam. Bei jedem Besuche hielt er sich für verpflichtet, etwas zu kaufen, »um das Geschäft in Gang zu erhalten«, wie er sagte, obgleich er das gewiß nicht nöthig hatte.

Einmal wählte er eine Brieftasche, um diejenige zu ersetzen, die er... niemals besessen hatte, ein andermal eine hübsche, bunt angestrichene Brigg, die er den Kindern eines seiner Kameraden vom »Vulcan« zum Geschenk machen wollte. Schließlich erwarb er sogar einmal eine ziemlich theure Pfeife aus falschem Meerschaum, deren Mundstück aus gelbem Bernstein geschnitzt war.[356]

Findling mußte von ihm natürlich wie von andern Leuten Bezahlung annehmen.

»Siehst Du, mein Boy, die Sache macht sich!... Das geht ja wie mit hundert Schraubenumdrehungen, nicht wahr? Jetzt bist Du Befehlshaber an Bord des »Kleinen Geldbeutel« und brauchst nur darauf zu achten, daß das Feuer nicht ausgeht. Es ist lange her, daß wir zwei noch in Lumpen durch die Straßen von Galway trabten, oft Hunger und Kälte zu erleiden hatten, damals in der Ragged-School. Da fällt mir ein, ist Carker denn gehenkt worden?

– So viel ich weiß, noch nicht, Grip.

– Das kann aber nicht mehr lange dauern, und jedenfalls legst Du mir das Journal bei Seite, das darüber ausführlich berichtet!«

Grip fuhr mit dem »Vulcan« wieder hinaus aufs weite Meer, und kaum von der Reise zurückkehrend, erschien er auch aufs neue im Bazar und ruinierte sich durch fortwährende Einkäufe.

Da sagte Findling eines Tags zu ihm:

»Glaubst Du es denn noch immer, Grip, daß ich es einmal zu einem gewissen Vermögen bringe?

– Natürlich, mein Boy, so sicher, wie ich glaube, daß unser einstiger Kamerad Carker mit einem Strick um den Hals endigen wird!

– Nun aber Du selbst, mein guter Grip, denkst Du denn niemals an die Zukunft?

– Ich?... Weshalb sollte ich daran denken?... Hab ich nicht einen Beruf, den ich doch gegen keinen andern vertauschen möchte.

– Einen beschwerlichen Beruf, der sich auch nicht besonders lohnt.

– Wie?... Vier Pfund monatlich, und dazu Nahrung, Wohnung, Heizung, daß man zuweilen fast selbst gebraten wird?

– Und das in einem Schiffe! fiel Bob ein, dessen größtes Glück es gewesen wäre, einmal auf dem Meere zu schwimmen.

– Das thut nichts, Grip, fuhr Findling fort. Ein Heizer zu sein, hat noch niemand Vermögen gebracht, und Gott will, daß man auf Erden sein Glück sache....

– Bist Du dessen so sicher? fragte Grip mit den Achseln zuckend. Steht das mit in seinen Geboten?

– Ja, antwortete Findling. Er will, daß man etwas erwirbt, nicht um allein glücklich zu sein, sondern um auch die glücklich zu machen, die es nicht sind und doch zu sein verdienten!«[357]

In seinen Gedanken tauchte dabei die Erinnerung an Sissy auf, an seine Leidensgefährtin in der Hütte der Hard, und an die Familie Mac Carthy, deren Spuren er nicht zu entdecken vermocht hatte, sowie an sein Pathenkind Jenny, der es jetzt gewiß recht traurig erging, während er...

»Nun, Grip, nahm er wieder das Wort, überlege Dir wohl, welche Antwort Du giebst. Warum willst Du nicht auf dem Lande bleiben?

– Ich sollte den »Vulcan« verlassen?...

– Ja, doch nur, um Dich mit mir zu associieren. Du weißt ja... Little Boy and Co.... ist durch Bob nicht hinreichend vertreten, doch wenn Du mit einträtest...

– Ach, lieber, bester Grip, fiel Bob ein, das würde für uns beide das größte Vergnügen sein.

– Für mich auch, meine Kinder, erwiderte Grip sehr gerührt von diesem Vorschlage, doch soll ich Euch etwas sagen?

– So sprich, Grip.

– Nun also... ich bin zu groß.

– Zu groß?

– Ja, wenn die Leute mich im Laden sähen, so einen langen Bengel, so ginge das Geschäft nicht mehr, da wär es nicht mehr Little Boy and Co.... and Co. muß klein sein, um die Leute heranzuziehen. Ich würde die Handelsgesellschaft stören, würde Euch Unrecht thun. Gerade weil Ihr noch Knaben seid, blüht das Geschäft so ganz besonders.

– Vielleicht hast Du recht, Grip, antwortete Findling. Doch wir werden auch größer...

– Natürlich werden wir alle Tage größer, versetzte Bob, sich auf den Zehen aufrichtend.

– Gewiß, und hütet Euch nur, nicht allzuschnell zu wachsen!

– Das kann man wohl nicht hindern, bemerkte Bob.

– Nein, freilich nicht. Darum seht zu, daß Ihr Euer Geschäft gemacht habt, so lange Ihr noch Knaben seid. Zum Kuckuck, ich messe fünf Fuß sechs Zoll, und was über fünf Fuß ist, das paßt nicht in Euer Geschäft. Wenn ich übrigens Dein Geschäftstheilhaber nicht sein kann, Findling, so weißt Du doch, daß mein Geld Dir gehört....

– Ich bedarf desselben nicht.

– Na, wie es Dir beliebt. Wenn Du Dich indeß einmal vergrößern willst...[358]

– Dann könnten wir zwei dem Geschäft nicht gut mehr allein vorstehen....

– Ei, warum nehmt Ihr nicht wenigstens eine Frau ins Haus, um Euch die Wirthschaft zu besorgen?

– Daran hab' ich allerdings bereits gedacht, Grip, und der vortreffliche Herr O'Brien hat mir dasselbe angerathen.

– Er hat ganz recht damit, der brave Mann. Kennst Du denn kein weibliches Wesen, das Dein Vertrauen besäße?

– Nein, Grip.

– Das findet sich... wenn man danach sucht...

– Ah warte... eben denke ich an eine alte Freundin... Kat!«

Bei Erwähnung dieses Namens erscholl ein lustiges Gebell. Birk hatte ihn verstanden und sprang wie toll hin und her.

»Ah. Du erinnerst Dich ihrer. Birk? sagte sein junger Herr, Kat... nicht wahr, der guten Kat?...«

Da scharrte Birk an der Thür und schien nur noch den Auftrag zu erwarten, sofort in der Richtung nach dem Schlosse hinzulaufen.

Grip erhielt nun eine weitere Erklärung. Eine bessere als Kat konnte man gar nicht finden; sie würde dem Haushalt vorstehen und die Küche besorgen, ohne selbst gesehen zu werden, und so konnte sie auch die sociale Lage der Firma Little Boy and Co. nicht durchkreuzen.

Freilich entstand die Frage, ob sie überhaupt noch in Trelingar-castle war oder nicht.

Findling schickte mit der ersten Post einen Brief an sie. Schon am nächsten Tage erhielt er eine Antwort in etwas grober, aber leserlicher Schrift, und kaum waren achtundvierzig Stunden verflossen, als Kat auf dem Dubliner Bahnhofe anlangte.

Den herzlichen Empfang nach achtzehnmonatlicher Entfernung kann man sich wohl vorstellen. Findling sank ihr in die Arme und Birk sprang an ihr empor. Sie wußte gar nicht, wem sie zuerst antworten sollte. Die Thränen strömten ihr aus den Augen, and als sie in die Küche eingetreten war, wo sie Bob kennen lernte, wiederholte sich der Empfang noch einmal.


Birk sprang an der Kat empor. (S. 359.)
Birk sprang an der Kat empor. (S. 359.)

An diesem Tage hatte Grip die Ehre und das Glück, mit seinen jungen Freunden das erste von der guten Kat bereitete Mittagsmahl zu theilen, und als der »Vulcan« am nächsten Tage die Anker lichtete, trug er den zufriedensten Heizer von der Welt mit aufs Meer hinaus.[359]

Die Bedingungen, unter denen die gute Frau ihre neue Stellung übernahm, waren bald und ohne Feilschen verabredet, denn sie empfand es keineswegs als einen Rückschritt, jetzt bei Little Boy statt früher im Trelingar-castle in Dienst zu stehen. Ihren neuen Herrn noch mit Du anzureden, dazu war sie freilich nicht zu bewegen; dieser war ja nicht mehr der Groom des Grafen Ashton, sondern der Chef des Hauses »Zum kleinen Geldbeutel«. Auch Bob wurde von ihr nur »Herr Bob« genannt, und höchstens Birk erfreute sich der alten vertraulichen Anrede. Bald machte sich die Anwesenheit der braven Frau im Hause[360] bemerkbar. Jetzt blieb die Wirthschaft stets in schönster Ordnung und im Zimmer wie im Laden sah es noch einmal so sauber aus. Nach einem Restaurant zu Tische zu gehen, das mochte wohl für einen Commis passen, für den Principal eines Geschäfts aber schickte es sich ja nicht mehr, dieser mußte sein völlig eingerichtetes »Home« haben und am eigenen Tische speisen.

Das Jahr 1882 brachte für Little Boy and Co. einen sehr vortheilhaften Abschluß. Während der letzten Wochen konnte der Bazar zu Weihnachten und mm neuen Jahre kaum den Ansprüchen der Käufer genügen. Die Spielwaarenabtheilung[361] mußte wohl zwanzigmal erneuert werden und Bob verkaufte mit einem Eifer sondergleichen Schaluppen, Kutter, Goëletten, Briggs, Dreimaster und selbst mechanische Dampfboote. Doch auch die andern Waaren fanden reißenden Absatz. In der seinen Welt gehörte es zum guten Ton, seine Bedürfnisse im Bazar »Zum kleinen Geldbeutel« zu decken.


 »Sie werden mich schwerlich überzeugen.« (S. 366.)
»Sie werden mich schwerlich überzeugen.« (S. 366.)

Ein Geschenk galt nicht als »select«, wenn ihm die Marke Little Boy and Co. fehlte. Ja, die »Mode« ist etwas werth, wenn die Kinder sie machen und die Eltern diesen, wie es ihre Pflicht ist, gehorchen.

Findling hatte keine Ursache sich zu beklagen, daß er Cork verlassen und seinen Handel mit Zeitungen aufgegeben hatte. Den erweiterten Markt, den er in der Hauptstadt Irlands sachte, hatte er gefunden. O'Brien freute sich aufrichtig über die Zunahme der Geschäftsthätigkeit seines jungen Miethers, die dieser mit eignen Kräften und eignen Hilfsmitteln erzielt hatte. Seine Rathschläge wurden stets gern beachtet, sein Geld aber, das er in die Firma einzuschießen bereit war, lehnte Findling höflich ab.

Kurz nach Abschluß der Inventuraufnahme des ersten Jahres, dessen Verläßlichkeit O'Brien in allen Stücken anerkannte, konnte Findling gewiß höchst zufrieden sein: binnen sechs Monaten, seit dem Eintreffen in Dublin, hatte er sein Capital verdreifacht.

Quelle:
Jules Verne: Der Findling. Bekannte und unbekannte Welten. Abenteuerliche Reisen von Julius Verne, Band LXIII–LXIV, Wien, Pest, Leipzig 1895, S. 350-353,355-362.
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