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[67] Mit achtundvierzig Stunden Verspätung stach der »Foot-Ball« am 16. April in See. Daß der zwölfhundert Tonnen messende Dampfer nicht mehr Passagiere als Tonnen zählte, lag daran, daß der Hafenmeister sein Veto dagegen eingelegt hatte.
Seine durch den roten Kreis am Rumpfe kenntlich gemachte Schwimmlinie lag überdies schon etwas tiefer, als es eigentlich gesetzlich zulässig war.
Im Laufe von vierundzwanzig Stunden hatten die Krane am Kai unzählige Packen der Auswandrer an Bord geschafft, meist schwere Hilfswerkzeuge für den Grubenbetrieb, daneben aber auch noch eine vielköpfige Herde von Rindern, Pferden, Eseln und Renntieren, ohne von mehreren hunderten Bernhardiner- und Eskimohunden zu reden, die bei der Fahrt über das Seengebiet als Schlittengespanne dienen sollten.[67]
Unter den Passagieren des »Foot-Ball« waren alle Nationen vertreten: Engländer, Kanadier, Franzosen, Norweger, Schweden, Deutsche, Australier, Süd- und Nordamerikaner, die einen gleich mit Familie, andre allein.
An Bord drängten sich alle durcheinander... ein lebendes Bild buntester Unordnung.
In den Kabinen hatte man mehr Lagerstätten als sonst – statt deren zwei gleich drei bis vier – aufgebaut. Das Zwischendeck bot das Bild eines mächtigen Schlafsaales mit langen Reihen fester Gestelle, zwischen denen noch Hängematten angebracht waren. Auf dem Verdeck war der Verkehr arg behindert, die armen Teufel, die sich keinen Kabinenplatz – der kostete fünfunddreißig Dollars – leisten konnten oder keinen solchen mehr erhalten hatten, lagerten hier längs der Windfangwände, der Treppenkappen und an der Schanzkleidung. Hier bereiteten sie auch ihre dürftigen Mahlzeiten, machten Toilette und besorgten ihren »Haushalt« vor den Augen aller andern.
Ben Raddle hatte zwei Plätze in einer der Kabinen des Hinterdecks belegen können, die aber noch einen dritten, von einem Norweger eingenommenen Platz enthielt. Royen, so hieß der Schlafgenosse, besaß einen Claim an der Bonanza, einem der Nebenflüsse des Klondike. Ein friedfertiger und sanftmütiger Mann, war er doch klug und unternehmend, wie man das so häufig bei Skandinaviern findet, die ihre Erfolge der Zähigkeit einer langsamen Bemühung verdanken. In Christiania einheimisch, kehrte er, nachdem er den Winter in seiner Vaterstadt zugebracht hatte, jetzt nach Dawson City zurück... ein wenig mitteilsamer, doch auch wenig belästigender Reisegefährte.
Ein Glück für die beiden Vettern war es, daß sie ihre Kabine nicht mit dem Texaner Hunter zu teilen hatten, das wäre jedoch, selbst wenn sie es gewollt hätten, unmöglich gewesen. Hunter hatte die Dollars nicht ängstlich angesehen und dadurch hatte er es erreicht, allein mit seinem Begleiter eine Kabine mit vier Plätzen benützen zu können.
Vergeblich hatten mehrere andre Reisende versucht, die protzigen Männer zu bewegen, ihnen die beiden noch freien Plätze zu überlassen; eine grobe Abweisung war alles, was sie dabei erreichten.
Es lag auf der Hand, daß Hunter und Malone – so nannte sich des Texaners getreuer Akoluth – nicht aufs Geld sahen. Was sie durch die Ausbeutung ihres Claims zusammenrafften, das gaben sie auch in törichter Verschwendung wieder aus und warfen es, eine Handvoll nach der andern, unbedacht[68] auf die Baccarat- oder die Pockerlische. Ohne Zweifel verbrachten sie auch während der Reise die meiste Zeit im Spielsalon des »Foot-Ball«.
Seit sechs Uhr aus dem Hafen und der Bai von Vancouver ausgelaufen, steuerte der »Foot-Ball« durch den Kanal dessen nördlichem Ausgange zu. Von da aus hatte er, vielfach unter dem Schutze der Königin Charlotte- und der Prinz von Wales-Inseln, nur in geringer Entfernung von der amerikanischen Küste hinzudampfen.
Im Laufe der sechs Tage, die die Fahrt dauerte, konnten die Passagiere des Hinterteils das ihnen vorbehaltene Oberdeck kaum verlassen. Wollten sie sich etwa eine Abwechslung verschaffen, so konnten sie doch jedenfalls nicht nach dem Hauptdecke hinuntergehen, denn das war bedeckt von den Pferchen, worin die Tiere, Rinder, Pferde, Esel und Renntiere eingeschlossen waren, und dazu kam die überall umherlaufende Meute von Hunden, die sich auch zwischen bejammernswerten Gruppen von zwar noch jungen, doch vom Elend schon ausgemergelten Leuten und von erschöpften Frauen mit kränklichen Kindern hindurchdrängten.
Diese Menschen wanderten nicht etwa aus, einen Erzlagerplatz zum eignen Nutzen auszubeuten, sie wollten vielmehr ihre schwache Arbeitskraft den Syndikaten anbieten, um deren Dienste sie sich noch stritten.
»Nun ja, begann Summy Skim, als der Dampfer von der Reede hinausglitt, du hast's gewollt, Ben! Nun sind wir wirklich auf dem Wege nach einem Eldorado. Auch wir gehören dazu, zu diesem Haufen von Goldsuchern, die mir einen nicht gerade vertrauenswürdigen Eindruck machen.
– Ja, was könntest du andres erwarten, lieber Summy? antwortete Ben Raddle. Man muß die Dinge eben hinnehmen, wie sie kommen.
– Ich möchte am liebsten gar nichts dergleichen hinzunehmen haben, erwiderte Summy. Was zum Teufel, Ben! Wir sind doch Leute andern Schlages als die da unten. Wir haben wohl einen Claim geerbt... zugegeben! Der Claim mag auch mit Goldklümpchen gewürzt sein... auch das will ich glauben, beides zwingt uns aber doch nicht, selbst zu Goldsuchern zu werden.
– Natürlich nicht,« antwortete Ben Raddle mit einer leichten Schulterbewegung, die Summy Skim kaum über die Bedeutung der Antwort beruhigte. So nahm er denn gleich wieder das Wort.
»Wir gehen nach Klondike, den Claim unsers Onkels Josias zu verkaufen, das war doch ausgemacht; nicht wahr?... Herr mein Gott! Wenn das nicht[69] wäre, wie könnten wir sonst die Instinkte, die Leidenschaften und Sitten dieser Rotte von Abenteurern auch nur kurze Zeit ertragen!
– Nimm dich in acht, ermahnte ihn Ben Raddle scherzend, du schlägst bald einen Predigerton an!
– Warum sollte ich das nicht, Ben? Ja, es empört mich aufs tiefste, hier den unersättlichen Durst nach Gold, die abscheuliche Gier nach Schätzen zu sehen, die die Leute selbst vor so vielem Elend nicht zurückschrecken läßt. Ein Hasardspiel ist es, weiter nichts, ein Wettrennen nach dem großen Lose, nach dem dicksten Goldklumpen!... Ach, wenn ich daran denke, daß ich doch jetzt, statt an Bord dieses Dampfbootes nach rätselhafter Gegend zu schwimmen, in Montreal sein sollte, freudig beschäftigt mit den Vorbereitungen für meinen Sommeraufenthalt im prächtigen Green-Valley!
– Du hast mir versprochen, dich nicht mehr zu beklagen, Summy.
– Ja, ja, Ben, das war auch das letzte Mal. Von nun an denke ich nur noch daran...
– Nach Dawson City zu kommen? fragte Ben Raddle mit leichter Ironie.
– Von da zurückzukehren, Ben, zurückzukehren, so bald wie möglich!« antwortete Summy Skim offenherzig.
Solange der »Foot-Ball« noch im Kanale dahinglitt, hatten die Passagiere vom Meere nichts zu leiden, da sich bisher kaum ein schwaches Schlingern bemerkbar gemacht hatte. Als das Paketboot aber die äußerste Spitze der Insel Vancouver passiert hatte, war es dem Seegange des offnen Meeres ausgesetzt.
Das Wetter war kalt und es wehte ein ziemlich heftiger, rauher Wind. Hohe Wellen rollten schäumend über den Strand des kolumbischen Ufers hinaus. Einzelne Windstöße brachten starke, mit Schneefall gemischte Regengüsse und natürlich hatten die meist auch von der Seekrankheit ergriffnen Deckpassagiere darunter schwer zu leiden. Auch den Tieren ging es nicht viel besser. Das Pfeifen des Windes wurde zu weilen noch von einem vielstimmigen Brüllen, Wiehern und Blöken übertönt. Längs der Deckbauten tummelten oder wälzten sich die Hunde, die man nicht hatte einsperren oder an einer Leine festhalten können. Einzelne davon waren wirklich wütend geworden, stürzten sich auf die Passagiere, sprangen ihnen an die Kehle und suchten sie zu beißen, so daß der Oberbootsmann schon einige hatte mit Revolverschüssen töten müssen.[70]
Inzwischen weilten der Texaner Hunter und sein Kamerad Malone in Gesellschaft einer gleich am ersten Tage zusammengetrommelten Rotte von Spielern am Roulette- und am Pharaotische. Aus dem zur Spelunke entwürdigten Spielsalon drangen Tag und Nacht wüstes Geschrei und wilde Flüche.
Ben Raddle und Summy Skim trotzten hartnäckig dem häßlichen Wetter. Immer eifrige Beobachter, verließen sie tagsüber niemals das Oberdeck und zogen sich erst mit Anbruch der Nacht in ihre Kabine zurück. Sie wurden nicht müde, das Schauspiel zu betrachten, das ihnen sowohl das Hauptdeck mit seinem Gewimmel bot, als auch das Oberdeck, wo die verschiedensten, vielleicht weniger pittoresken, dafür aber mehr charakteristischen Erscheinungen, die meisten Angehörige einer der der Abenteurer unter ihnen weit überlegnen Gesellschaftsklasse, einander kreuzten.
Gleich in den ersten Stunden der Fahrt waren ihnen zwei Passagiere – zwei weibliche Reisende – unwillkürlich ins Auge gefallen, die von der sie umgebenden elenden Menge grell abstachen: zwei junge Frauen von zwanzig bis zweiundzwanzig Jahren, richtiger zwei junge Mädchen, einer gewissen Familienähnlichkeit nach zu urteilen wahrscheinlich ein Paar Schwestern, die, die eine braun, die andre blond, beide übrigens recht hübsch waren.
Sie wichen niemals voneinander. Stets sah man die Blonde an der Seite der Braunen, die so etwas wie die Führerin der andern zu sein schien. Beide ergingen sich des Morgens zusammen ein wenig auf dem Oberdeck und wagten sich dann hinunter auf das Hauptdeck mitten unter dessen ärmliche Gesellschaft, wobei sie bei den Frauen Halt machten, die ihre Familie bei sich hatten, und denen sie oft derartige Dienste leisteten, zu denen Männer ganz unfähig sind.
Gar oft hatten Ben und Summy von der Brüstung des Oberdecks aus solche rührende Auftritte mit angesehen, was ihr Interesse für die jungen Mädchen nur steigern konnte. Diese bewahrten in ihrem Verhalten aber stets eine so würdige Zurückhaltung, eine so ungezwungene Vornehmheit, daß es keiner der heimatlosen Leute, mit denen sie jeden Augenblick in Berührung kamen, gewagt hätte, ihnen den gebührenden Respekt zu verweigern.
Was machte das junge, reizende Paar aber überhaupt hier an Bord des »Foot-Ball«? Diese Frage legten sich die beiden Vettern vor, ohne sie beantworten zu können, und allmählich gesellte sich zu ihrem teilnehmenden Interesse noch eine wachsende Neugier.[71]
Übrigens war es gar nicht zu verkennen, daß die beiden jungen Mädchen unter ihren Reisegefährten auch noch andre Bewundrer gefunden hatten. Mindestens waren es zwei, die ihnen eine besondre Aufmerksamkeit widmeten, und diese zwei waren keine andern als der Texaner Hunter und der ihm blindlings folgende Malone. Allemal, wenn sie sich vom Spieltische losrissen, um auf dem Oberdeck hastig etwas frische Luft einzuatmen, lieferten sie dafür neue Beweise. Da stießen sie abwechselnd einander mit den Ellbogen, tauschten verletzende Blicke und mit kaum verhaltner, verständlicher Stimme mehr oder weniger beleidigende Bemerkungen aus, während sie zudringlich die beiden Schwestern umkreisten, die die beiden Männer übrigens gar nicht zu beachten oder kaum zu sehen schienen.
Oft genug hatten Ben Raddle und Summy Skim einen derartigen Auftritt beobachtet und das Verlangen gespürt, ihm durch ihr Dazwischentreten ein Ende zu machen. Und doch fühlten sie sich dazu nicht berechtigt. Alles in allem überschritten Hunter und Malone nicht die in ihren Kreisen jedenfalls zulässigen Grenzen und die, denen sie sich auf so unfeine Weise näherten, hatten auch noch keine Hilfe verlangt.
Die beiden Vettern beschränkten sich also darauf, ihre zukünftigen Nachbarn am Forty Miles Creek aus der Ferne im Auge zu behalten, sie wünschten jedoch immer dringender eine Gelegenheit herbei, die Bekanntschaft der reisenden jungen Damen machen zu können.
Dazu sollte es aber erst am vierten Tage der Fahrt kommen. Im Schutze der Königin Charlotte-Insel dampfte der »Foot-Ball« auf einer Wasserfläche, die vom Wogengange des offnen Meeres unbelästigt blieb, unter minder ungünstigen Verhältnissen dahin. Am Lande folgten einander denen der norwegischen Küste ähnliche Fjorde, die bei dem Kabinengenossen Summy Skims und Ben Raddles wohl tausend Erinnerungen wachrufen mochten. Rings um diese starrten zum größten Teile bewaldete Felsen empor und dazwischen erschienen, wenn auch nicht Dörfer, doch Gruppen von Fischerhütten und da und dort ein vereinzeltes Häuschen, dessen indianische Bewohner sich durch Jagd und Fischfang ernährten. Wenn der »Foot-Ball« an solchen Stellen beidrehte, kamen sie, ihre Beute zu verkaufen, und fanden auf dem Schiffe auch willige Abnehmer.
Während weit hinter den Uferfelsen die Häupter höherer Berge mit schneebedecktem Gipfel über eine Nebelschicht hinausragten, sah man auf der andern Seite, auf der Charlotte-Insel, nichts als ausgedehnte Ebenen oder dichte, mitglitzerndem Reif überdeckte Waldungen. Auch hier zeigten sich stellenweise kleine Anhäufungen von Hütten, gewöhnlich am Strande enger Buchten, wo die Fischerboote auf günstigen Wind warteten.
Als der »Foot-Ball« eben die äußerste Spitze der Königin Charlotte-Insel erreichte, traten die beiden Vettern zum erstenmal unmittelbar in Beziehung zu den reisenden Damen, den Gegenständen ihrer teilnehmenden Aufmerksamkeit. Das geschah in recht gewöhnlicher Weise bei Gelegenheit einer Einsammlung, die jene zugunsten einer bedauernswerten Frau veranstaltet hatten, welche an Bord des Paketbootes einem übrigens recht kräftigen und wohlgebildeten Knaben das Leben geschenkt hatte.
In Begleitung ihrer blonden Gefährtin kam das brünette junge Mädchen mit bittend ausgestreckter Hand auch zu Ben und Summy mit demselben Gesuche, das sie an die andern Passagiere gerichtet hatte. Nach Einhändigung eines anständigen Beitrags knüpfte nun Ben Raddle aber ohne Umschweife ein Gespräch an und erhielt dabei willig alle ihm erwünschten Aufklärungen. Sehr bald hatte er erfahren, daß die beiden Damen nicht Schwestern, sondern leibliche Basen wären, die bis auf wenige Tage in gleichem Alter standen, sowie daß ihr Familienname Edgerton lautete und daß die Blondine Edith und die Brünette Jane hieße. Diese Mitteilungen hatte ihm Jane ohne alles Zögern und ohne die geringste Verlegenheit mit kurzen und klaren Worten gemacht, nachher war sie jedoch fortgegangen, und ihre Cousine, die kein Wort geäußert hatte, folgte ihr auf dem Fuße nach.
Durch die kurzen Erklärungen war freilich die Neugier Bens und Summys noch keineswegs gestillt, im Gegenteil erweiterte sich dadurch nur das Feld ihrer Mutmaßungen. Edgerton, das war der Name eines Brüderpaares, das sich seinerzeit einer panamerikanischen Berühmtheit erfreut hatte. Waghalsige Geschäftsleute, die sie waren, hatten sie lange Zeit ein ungeheures, durch eine kühne Spekulation binnen wenigen Stunden erworbenes Vermögen besessen. Dem Reichtum war aber durch den Schlag urplötzlichen Mißgeschicks der Ruin gefolgt und die beiden Brüder waren darauf in der namenlosen Menge verschwunden, die ja schon so viele verschlungen hat und auch später ebenso verschlingen wird. Hatten die beiden jungen Passagiere nun etwas gemein mit den einstigen Milliardären?
Auf diese Frage eine Antwort zu erhalten, war jetzt das einfachste Ding der Welt. Das Eis war nun einmal gebrochen und in der Nähe des Polarkreises[75] bindet man sich nicht engherzig an die gesellschaftliche Etikette der großen Welt. Kaum eine Stunde nach dem ersten Zusammentreffen trat Ben Raddle an Jane heran und nahm seine Erkundigungen wieder auf, indem er die junge Dame ohne Scheu unmittelbar ausfragte.
Die Antworten ließen nicht auf sich warten. Ja, Edith und Jane waren die Töchter der beiden »Baumwollkönige«, wie man ihre Väter früher genannt hatte. Zweiundzwanzig Jahre alt und des geringsten Bißchens Gold, das diese mit Scheffeln gemessen hatten, beraubt, standen sie jetzt ohne Angehörige, ein Paar Waisen, allein in der Welt, da ihre Mütter schon längst gestorben und die beiden Brüder Edgerton gerade heute vor sechs Monaten bei einem Eisenbahnunfall ums Leben gekommen waren.
Während Ben seine Fragen stellte und Jane darauf antwortete, beobachteten Edith und Summy ein tiefes Schweigen. Vielleicht etwas schüchterner und jedenfalls weniger entschlossen, bildete die eine wie der andre eine Art Pendant zu jedem der beiden Wortführer.
»Erscheint es Ihnen indiskret, Miß Edgerton, fuhr Ben Raddle weiter fort, wenn ich Ihnen das Erstaunen verrate, das wir, mein Vetter und ich, empfanden, Sie an Bord des »Foot-Ball« zu sehen, und wenn ich Sie deshalb frage, warum Sie diese lange und so beschwerliche Reise unternommen haben?
– Keineswegs, versicherte Jane ohne Bedenken. Ein alter Arzt meines Onkels, der Doktor Pilcox, der kürzlich zum Direktor des Krankenhauses in Dawson City ernannt worden ist, hat meiner Cousine Edith eine Stelle als Kranken pflegerin angeboten und das hat sie sofort angenommen und die Reise dahin ohne Zögern angetreten.
– Nach Dawson City?
– Ja ja, nach Dawson City.«
Die Blicke der beiden Vettern, der Ben Raddles ruhig wie immer, der Summy Skims von aufkeimendem Erstaunen etwas erregt, richteten sich auf die blonde Edith, die sie auf sich ruhen ließ, ohne die geringste Verwirrung zu zeigen. Sie gönnte ihnen das Vergnügen, sie unverwandt zu betrachten, und je mehr der eine der beiden Herren sich über alle Nebenumstände erkundigte, desto weniger unvernünftig erschien ihr kühnes Unternehmen. Allmählich erkannten die Vettern klarer die Seele, die sich hinter diesen zarten Zügen verbarg. Offenbar war Edith von ihrer Cousine verschieden. Sie hatte nicht deren[76] mutigen Blick, deren knappe Sprechweise und entschlossenes, fast befehlerisches Auftreten. Ein aufmerksamer Beobachter hätte aber bald erkannt, daß sie der Base an ruhiger Energie und festem Willen wohl gleichkam. Die beiden Naturen waren aus demselben Stoff geknetet, die eine nur mehr und fester als die andre. Wenn aus der einen Entschiedenheit und Tatendrang sprach, zeugte bei der andern alles für gute Ordnung und Methode. Wenn man diese glatte, ein wenig viereckige Stirn sah und die blauen Augen voll leuchtender Intelligenz, erriet man auch, daß alle neuen Eindrücke sich in ihr selbsttätig gleichsam in gewisse, richtig etikettierte Kästen einordnen müßten, woraus Edith Edgerton sie bei Bedarf nach Belieben und ohne erst danach zu suchen hervorholen konnte, wie sie es mit allem in einer Kommode getan hätte, und man mußte also zugestehen, daß ihr die Eigenschaften eines vorzüglichen Ordners zu eigen waren. Ohne Zweifel erfreute sie sich eines hervorragenden Verwaltungstalentes, dieses junge Mädchen, und man konnte sich darauf verlassen, daß sie dem Krankenhause in Dawson City die segensreichsten Dienste leisten werde.
»All right! rief Ben Raddle, ohne die mindeste Verwunderung zu zeigen. Doch Sie selbst, Miß Jane, denken Sie sich ebenfalls der Liebestätigkeit zur Linderung menschlicher Leiden zu widmen?
– Ach... ich, antwortete Jane lächelnd, ich bin nicht so gut daran wie Edith, mir steht keinerlei gesellschaftliche Stellung offen. Da mich nun nichts mehr im Süden zurückhielt, habe ich es vorgezogen, mein Glück im Norden zu suchen... das ist alles.
– Und was denken Euer Gnaden da zu beginnen?
– Du lieber Himmel, erklärte Jane gelassen, das, was alle tun: ich werde auch nach Gold schürfen.
– Oho!« entfuhr es Summy unwillkürlich.
Der Wahrheit zur Ehre müssen wir sagen, daß Ben Raddle all seiner Selbstbeherrschung bedurfte, es seinem Vetter nicht gleichzutun und seinem Grundsatze treu zu bleiben, wonach ein Mann, der diesen Namen verdienen wollte, nie und über nichts erstaunen dürfte. Gold suchen... dieses zarte, junge Ding!
Das »zarte, junge Ding« hatte sich inzwischen, beleidigt durch Summy Skims unglücklichen Zwischenruf, nach Bens Vetter umgedreht.
»Was ist daran so Wunderbares? fragte sie mit etwas streitbarem Ausdruck.[77]
– Aber... Miß Jane... stammelte der gute Summy, der sich noch kaum von seinem Erstaunen erholt hatte, nein... das können Sie doch nicht beabsichtigen... Sie... eine Frau!
– Ich bitte Sie, werter Herr, warum soll eine Frau nicht dasselbe tun können wie zum Beispiel Sie? entgegnete Jane, ohne sich dabei zu erregen.
– Ich? protestierte Summy. Mir fällt's ja gar nicht ein, Goldgräber zu werden. Wenn ich auch Mitbesitzer eines Claims und jetzt auf der Reise nach jenem verwünschten Lande bin, so geschieht das sehr gegen meinen Willen, das können Sie mir getrost glauben. Ich habe nur das Verlangen, von dort so schnell wie möglich zurückzukehren.
– Nun ja, das mag ja sein, gab Jane mit leiser Geringschätzung im Tone zu. Sie sind hier aber nicht allein. Was Ihnen Schrecken einflößt, das tun doch tausende andre. Weshalb sollte es ein Weib nicht auch tun?
– Eine Dame! stotterte Summy von neuem. Mir scheint doch... nun ja, die Kraft... die Gesundheit... wenn nichts andres, Sapperment, schon die Kleidung sollte...
– Die Gesundheit, unterbrach ihn Jane, o, da könnte ich Ihnen die meinige wünschen, die Kraft... das Amulett, das ich in der Tasche habe, verleiht mir mehr Kräfte als sechs Athleten zusammen. Was mein Kostüm angeht, sehe ich nicht ein, daß das dazu schlechter wäre als das Ihrige. Vielleicht gibt es überhaupt mehr Frauen, die imstande wären, Hosen zu tragen, als Männer, die sich mit unsren Röcken bekleiden könnten!«
Nach diesen Worten brach Jane Edgerton – offenbar eine entschiedne Frauenrechtlerin – mit einem an den völlig besiegten Summy gerichteten Kopfnicken das Zwiegespräch ab, wechselte mit Ben Raddle noch einen kurzen Händedruck und entfernte sich mit ihrer wie immer schweigsamen Cousine, die während des letzten Teils der Unterhaltung nur still für sich gelächelt hatte.
Inzwischen war der »Foot-Ball« über das Nordende der Königin Charlotte-Insel hinausgekommen. Von hier an war er wieder dem Seegange frei ausgesetzt, vorzüglich als er die Dixoneinfahrt passierte, die im Norden die Prinz von Wales-Insel abschließt. Da der Wind aber nach Nordosten umgeschlagen war und jetzt vom Festland her wehte, waren alle Stampf- und Schlingerbewegungen gelinder.
Der Name der Prinz von Wales-Inseln kommt einem ganzen, ziemlich verwickelten Archipel zu, der sich im Norden zu einem Gewirr von Eilanden auflöst.[78]
Jenseits davon folgt die Insel Baranoff, auf der die Russen das Fort Neuarchangel angelegt hatten und deren bedeutendste Stadt, Sidka, nachdem Rußland ganz Alaska an die Vereinigten Staaten abgetreten hatte, zum Sitze der Provinzialregierung erhoben wor den war.
Am Abend des 19. April kam der »Foot-Ball« in Sicht des Fort Simpson, der letzten Niederlassung auf kanadischem Gebiete, vorbei. Wenige Stunden später glitt er auf die Gewässer des amerikanischen Staates Alaska hinüber und am 20. April legte er an der Mündung des Stickem River im Wrangelhafen an.
Die Stadt zählte jener Zeit nur etwa vierzig Wohnstätten. Sie hatte daneben einige flott betriebne Sägemühlen, ein Hotel, ein Kasino und einige unvermeidliche Spielhäuser, die auch während der Saison nicht feierten.
In Wrangel gehen von den Goldgräbern die ans Land, die sich nach Klondike auf dem Wege längs des Telegraph Creek begeben wollen, statt dem über die Seen jenseit Skagways zu folgen.
Jener Weg mißt aber nicht weniger als vierhundertdreißig Kilometer und er ist zwar mit geringern Unkosten, dafür aber nur mit enormen Schwierigkeiten zurückzulegen. Trotz mehrseitiger Vorstellungen, daß hier eine Fahrt mit dem Schlitten jetzt unausführbar sei, verließen das Schiff doch gegen fünfzig Auswandrer, die nun einmal entschlossen waren, den Gefahren und Mühseligkeiten der endlosen Ebenen des nördlichen Kolumbien zu trotzen.
Von Wrangel aus verläuft der enger werdende Kanal in zahllosen Windungen. Durch ein wahrhaftes Labyrinth von oft winzigen Eilanden dampfend, gelangte der »Foot-Ball« nach Juneau, einem 1882 nach seinem Gründer genannten Dorfe, das auf bestem Wege ist, jetzt zu einem Flecken und später zu einer Stadt anzuwachsen.
Zwei Jahre später hatten derselbe Juneau und sein Gesellschafter, ein gewisser Richard Harris, die Erzlagerstätten am Silver Bow Bassin entdeckt, woraus sie binnen wenigen Monaten für sechzigtausend Francs Goldkörner gewannen.
Angelockt von dem Gerüchte über diese Entdeckung, begann von jenem Zeitpunkte an die erste Zuströmung von Goldsuchern und die Ausbeutung der goldhaltigen Gebiete von Cassiar, die der von Klondike vorherging. Bald lieferte dann die mit zweihundertvierzig Stampfhämmern bearbeitete Mine von Treadville binnen vierundzwanzig Stunden bis fünfzig Tonnen Quarz und eine Ausbeute, die sich auf zwei Millionen fünfhunderttausend Francs belief.[79]
Als Ben Raddle seinen Vetter über die erstaunlichen Erträgnisse der hiesigen Gegend unterrichtet hatte, antwortete dieser:
»Ja, es ist wirklich ärgerlich, daß es dem Onkel Josias, als er sich nach seinem zukünftigen Claim am Forty Miles Creek begab, nicht eingefallen ist, den Weg über Juneau zu wählen.
– Warum meinst du das, Summy?
– Nun, dann wäre er wahrscheinlich hier geblieben und wir könnten heute dasselbe tun.«
Eine vernünftige Rede war's von Summy Skim ohne Zweifel. Ja, hätte es sich nur darum gehandelt, etwa bis Skagway zu fahren, da hätte er wohl kaum Ursache sich zu beklagen gehabt. Doch im Gegenteil: dort sollten erst die wirklichen Schwierigkeiten beginnen, wenn es sich darum handelte, die Bergpässe des Chilkoot zu überschreiten und über die Seen hinweg zum linken Yukonufer zu gelangen.
Und doch, welche Eile hatten sie nicht, alle diese Passagiere, in das Gebiet der von der großen Wasserader Alaskas durchschnittnen Gegend zu kommen! Wenn sie an die Zukunft dachten, kam es ihnen gewiß nicht in den Sinn, sich die bevorstehenden Mühseligkeiten, Gefahren und Enttäuschungen vorzustellen. Für sie stieg der »Goldblink« am Horizonte nur immer höher und höher empor.
Von Juneau aus folgte der Dampfer dem Kanale, der für Fahrzeuge von gewissem Tiefgange bei Skagway endet. Hier sollte die Ankunft am nächsten Tage erfolgen. Flachgehende Schiffe können dann noch bis zum Flecken Dyea hinausfahren. Im Nordwesten erglänzte der Gletscher des zweihundertvierzig Fuß hohen Muir, von dem viele Lawinen donnernd in den Großen Ozean hinabstürzen.
Am letzten Abend, der an Bord verlebt werden sollte, fand sich im Spielsalon eine besonders zahlreiche Gesellschaft zusammen, wo so manche von denen, die ihn während der Fahrt gewöhnlich besucht hatten, auch noch ihren letzten Dollar verschwinden sehen sollten. Zu den eifrigsten Spielern gehörten natürlich auch die beiden Texaner Hunter und Malone. Die andern waren freilich auch keinen Heller mehr wert und es wäre sehr schwierig gewesen, einen Unterschied nachzuweisen zwischen diesen Spielwüstlingen, die einander gewöhnlich in den niedrigsten Schenken von Vancouver, Wrangel, Skagway und Dawson City trafen.[80]
Nach dem Lärm, der aus dem Raum der Spieler hervortönte, konnte man gar nicht bezweifeln, daß dieser der Schauplatz der wildesten Auftritte wäre. Geschrei und grobe Zurufe hallten unablässig durcheinander, so laut, daß man annehmen mußte, der Kapitän des »Foot-Ball« werde sich noch veranlaßt sehen, dagegen einzuschreiten. Die übrigen Passagiere hielten es für das klügste, sich in ihren Kabinen einzuschließen.
Es mochte gegen neun Uhr sein, als Summy Skim und Ben Raddle auch ihre Kabine aufsuchen wollten. Als sie die Tür des großen Salons, durch den sie gehen mußten, geöffnet hatten, bemerkten sie an dessen entgegengesetzter Seite Jane und Edith Edgerton, die sich eben anschickten, ihre Kammer aufzusuchen. Die beiden Vettern gingen auf sie zu, ihnen gute Nacht zu wünschen. Da sprang die Tür des Spielsalons krachend auf und ein Dutzend Spieler stürzten in den allgemeinen Salon herein.
Ihnen voran taumelte Hunter, schon halb berauscht und im höchsten Stadium sinnloser Erregung. Mit der linken Hand schwang er eine mit Banknoten zum Platzen gefüllte Brieftasche und brüllte dazu ein richtiges Siegeslied. Der Schwarm der Abenteurer drängte ihm nach und rief den Texaner mit gurgelnden Tönen an.
»Hip! Hip! Hip! skandierte Malone.
– Hurra! schrie der Chor wie aus einem Munde.
– Hurra!« wiederholte Hunter noch einmal.
Die Trunkenheit packte ihn von Minute zu Minute mehr.
»Heda, Stewart! rief er mit Stentorstimme. Champagner her! Zehn, zwanzig, hundert Flaschen Champagner!... Heute abend habe ich alles eingeheimst... alles, alles, alles!
– Alles, alles, alles, gröhlte der Chor als Echo.
– Ich lade all und jeden ein, Passagiere und Mannschaft, vom Kapitän bis zum letzten Schiffsjungen!«
Von dem Lärm herangelockt, füllte bald eine große Zahl von Passagieren den Salon.
»Hurra! Bravo, Hunter!« brüllten die Abenteurer und applaudierten mit Händen und Füßen, als ob alles in Stücke gehen sollte.
Hunter hörte sie jedoch kaum. Plötzlich hatte er Edith und Jane Edgerton bemerkt, die durch die Menschenmenge verhindert waren, sich zurückzuziehen. Er stürzte auf die jungen Mädchen zu, umfaßte brutalerweise Jane in der Taille und rief:[83]
»Ja ja, ich lade alle Welt ein und dabei sind auch Sie nicht vergessen, mein schönes Kind!«
Gegenüber diesem unerwarteten Überfall verlor Jane doch nichts von ihrer Kaltblütigkeit. Beide Fäuste zurückstreckend, stieß sie den frechen Buben nach den besten Regeln der Boxerkunst mit Gewalt ins Gesicht. Was vermochten aber ihre schwachen Hände gegen einen wütend erregten Mann, dessen Kräfte der genossene Alkohol jetzt noch verdoppelte.
»Ah, stieß Hunter hervor... sie will auch noch unangenehm werden, die hübsche Kleine!... Sollte ich denn wirklich Gewalt...«
Er konnte den Satz nicht vollenden. Eine nervige Faust hatte den rohen Patron an der Gurgel gepackt. Da half kein Widerstehen... zehn Schritt weit rollte er auf dem Fußboden hin.
Jetzt wurde es im Salon verhältnismäßig still. Man beobachtete die beiden Gegner, von denen der eine wegen seines maßlosen Jähzorns bekannt war und der andre eben einen Beweis von außerordentlicher Körperkraft gegeben hatte. Schon erhob sich Hunter wieder, zwar etwas sinnverwirrt, doch das gezückte Messer in der Faust, als ein neuer Zwischenfall seine kriegerischen Absichten vereitelte.
Vom Verdeck kamen weitre Personen herunter und schnelle Schritte verkündeten offenbar das Eintreten des durch das Geräusch im Salon herbeigerufenen Kapitäns. Hunter lauschte, sich seiner Ohnmacht bewußt, voller Spannung und starrte nur nach dem Feinde, dessen Angriff so urplötzlich erfolgt war, daß er ihn gar nicht erkannt hatte.
»Ach, das waren Sie also!« sagte er, als er Summy Skim sich gegenüberstehen sah.
Dabei steckte er das Messer wieder in die Scheide, setzte aber seinen Worten drohend hinzu:
»Wir treffen uns ja noch wieder, Kamerad!«
Summy regte sich nicht von der Stelle, er schien kaum etwas gehört zu haben. Jetzt kam ihm auch Ben Raddle zu Hilfe.
»Wann und wo es euch beliebt, sagte er hervortretend.
– Also am Forty Miles Creek, meine Herren Hundertneunundzwanzig!« rief Hunter, während er sich aus dem Salon zurückzog.
Summy sprach noch immer kein Wort. Er, der mit kaltem Blute keine Fliege getötet hätte, war über sein gewaltsames Eingreifen selbst noch völlig bestürzt.[84]
Da trat Jane Edgerton an ihn heran.
»Thank you, Sir, sagte sie im natürlichsten Tone und drückte warm die rechte Hand ihres ritterlichen Helfers.
– Ach ja, Dank Ihnen, mein Herr,« fügte Edith mit wärmerem Ausdrucke hinzu, während sie Summys andre Hand ergriff.
Diese zweifache Berührung brachte Summy Skim einigermaßen wieder zu sich, es blieb aber unsicher, ob er eine klare Vorstellung von dem Vorgefallnen hatte oder nicht. Mit dem unbestimmten Lächeln eines Menschen, der sich wie eben aus den Wolken gefallen erscheint, antwortete er mit verbindlichster Höflichkeit:
»Gute Nacht, meine Damen!«
Leider ging diese höfliche Verabschiedung für die jungen Mädchen verloren, weil diese in dem Augenblicke, wo sich Summy ihrer Anwesenheit bewußt zu werden schien, den Salon schon seit dreißig Sekunden verlassen hatten.
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