|
[286] Bekanntlich sind die Bodenschätze des Nordwestens der Dominion und Alaskas nicht allein auf die von Klondike beschränkt... ein Glück für die Liebhaber starker Erregungen, denn wenn die Claims von Klondike auch noch keineswegs erschöpft sind, so ist ihr Preis doch von Tag zu Tag gestiegen und nur geldmächtigen Gesellschaften wird es ferner möglich sein, solche Fundstätten zu erwerben. Deshalb sehen sich die Prospektoren auch genötigt, einzeln oder gruppenweise ihre Nachsuchungen längs des Mackensie und der Porcupine weiter nach Norden auszudehnen.
Gerade jetzt lenkten umherschwirrende Gerüchte die Aufmerksamkeit der Goldsucher auf jene entlegenen Gebiete, die noch weniger bekannt waren als Australien, Kalifornien und Transvaal zur Zeit, als da die Goldgräberei[286] begann. Immer wieder verbreiteten sich unbestimmte Nachrichten, von denen niemand wußte, von wem und von wo sie herrührten, wahrscheinlich jedoch von den Indianerstämmen, die durch die endlosen Einöden des Nordens bis zur Küste des arktischen Polarmeeres hinwanderten. Da diese Indianer die Lagerstätten nicht selbst ausbeuten konnten, bemühten sie sich, Einwandrer nach diesen hochnördlichen Landstrichen zu locken. Wenn man ihnen glauben konnte, wuchs die Zahl goldführender Wasserläufe immer mehr, je weiter man in Nordamerika über den Polarkreis hinausdrang. Zuweilen zeigten die Indianer in der Umgebung von Dawson City aufgelesene Pepiten, die sie angeblich jenseits des vierundsiebzigsten Breitengrades gefunden hatten. Da erklärt es sich, daß die in ihren Hoffnungen oft getäuschten Goldsucher, die die Angaben bezüglich jener Fundstätten für bare Münze nahmen, leicht zum Weiterwandern geneigt waren.
Wie Ben Raddle recht gut wußte, war man auch in Klondike wenigstens gerüchtweise von dem Vorhandensein eines goldhaltigen Vulkans unterrichtet. Wahrscheinlich hatte sich auch der Franzose Jacques Ledun dadurch zu seinem abenteuerlichen Zuge nach dem hohen Norden verleiten lassen. Gegenwärtig deutete allerdings noch nichts darauf hin, daß jemand sich rüstete, seinen Spuren zu folgen. Die Fabel von dem Goldvulkan hatte jedoch immer ihre Anhänger und da verschiedne Goldgräber Vorbereitungen trafen, weiter nach dem Norden der Dominion hinauszuziehen, war es ja nicht ausgeschlossen, daß das, was man vermutete, plötzlich bestätigt wurde.
Nach Osten und nach Westen zu war die Goldgräberei voll im Gange. Schon hatte man die Gegend der Domes in regelmäßige Teilstücke zerlegt und in entgegengesetzter Richtung wühlte ein ganzes Heer von Prospektoren in der Umgebung von Circle City den Erdboden auf.
In dieser Gegend war es auch, wo die beiden Texaner, Hunter und Malone, die neue Nachsuchung begonnen hatten, die auf so tragische Weise unterbrochen werden sollte. Die am Rande des Birch Creek unternommene Versuchsarbeit hatte nur einen sehr mittelmäßigen Ertrag geliefert und so waren sie nach dem Claim 131 gerade zu der Zeit zurückgekehrt, wo die Katastrophe vom 5. August sie von da für immer vertrieb.
Weder Hunter noch Malone oder einer ihrer Leute war dem schrecklichen Naturereignis zum Opfer gefallen. Wenn man anfänglich glaubte, daß sie dabei umgekommen wären, so erklärt sich das dadurch, daß sie, nach der Erkenntnis,[287] daß das Unglück doch unheilbar wäre, samt ihrer Arbeiterschar sofort nach Circle City aufgebrochen waren.
Unter diesen Umständen dachte Hunter nicht mehr an den beabsichtigten Zweikampf mit Summy Skim und Summy Skim seinerseits ebensowenig Die Angelegenheit war durch eine unabwendbare force majeure kurzerhand erledigt.
Als die Texaner bei den Fundstätten von Circle City angelangt waren, standen von der guten Jahreszeit noch zwei Monate bevor. Sie nahmen also die früher aufgegebene Ausbeutung wieder auf. Entschieden hatten sie aber bei[288] der Erwerbung ihres neuen Claims keine glückliche Hand gehabt. Der Ertrag davon deckte kaum die laufenden linkosten und wenn Hunter nicht im Besitz einiger Geldmittel gewesen wäre, würde er mit seinen Gefährten im bevorstehenden Winter gewiß arg in Verlegenheit gekommen sein.
Da sollte ein besondrer Zwischenfall sie in dieser Hinsicht van jeder Sorge befreien.
Die gewalttätigen Burschen konnten in ihrer Umgebung immer nur Streit und Zank hervorrufen. Mit dem unverschämten Anspruch, andern stets ihren[289] Willen aufzunötigen, niemandes Rechte zu achten und sich wie Sieger in einem eroberten Lande aufzuspielen, mußten sie bald in schlimme Geschichten verwickelt werden. Der Leser weiß ja, wie weit sich die Verhältnisse auf den Claims am Forty Miles Creek zugespitzt hatten; ganz ebenso gestaltete es sich am Birch Creek. Da hier keine Fremdlinge weilten, mußten ihre eignen Landsleute unter dem übeln Willen und der Heftigkeit der beiden Texaner leiden.
Schließlich sah sich die Regierung von Alaska genötigt, dagegen einzuschreiten. Die Polizei und dann die Gerichte mischten sich ein. Infolge eines gesetzwidrigen Auftretens gegenüber den Vertretern der Behörde wurde die ganze Bande Hunters verhaftet, zu zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt und im Gefängnisse von Circle City eingesperrt.
Um Unterkommen und Ernährung im Laufe des Winters brauchten sich die Texaner und ihre Gefährten nun keine Sorge mehr zu machen. Als Entgelt mußten Hunter und Malone allerdings auf die Vergnügungen in den großen Städten verzichten und in der ganzen Zeit waren die beiden »ehrenwerten Herren« in den Kasinos von Skagway, Dawson oder Vancouver natürlich nicht zu erblicken.
Ihre Hast gab Hunter und Malone reichlich Muße, über die Zukunft nachzudenken. Ihre Strafe ging mit Wiedereintritt der schönen Jahreszeit zu Ende. Was würden sie dann selbst, was mit ihrer Arbeiterschar beginnen? Die Bearbeitung des Claims am Forty Miles Creek war unmöglich geworden, die der Lagerstätte bei Circle City lieferte nur unzureichende Erträge und ihre Hilfsmittel mußten bald zur Neige gehen, wenn sie nicht in kurzer Zeit ein günstiges Geschäft anfangen konnten. Zusammengelesen aus aller Herren Ländern, wo es überall an einer wirksam tätigen, fest zugreifenden Polizei mangelte, war ihr Personal – eine Rotte von Bösewichten – den beiden Abenteurern aufs äußerste ergeben. Was diese verlangten, was es auch sein mochte, das wurde von den Leuten ausgeführt. Jetzt konnte ihnen freilich mangels eines Planes, eines bestimmten Zieles, keinerlei Befehl erteilt werden. Ob sich das in der nächsten Zeit wohl ändern, ob sich eine Gelegenheit bieten würde, aus der Sackgasse, in die man sich verirrt hatte, herauszukommen?...
Ja, diese Gelegenheit bot sich, und zwar unter folgenden Umständen:
Unter den Gefangnen, deren Leben er teilte, hatte Hunter einen Indianer namens Krarak gefunden, der auch seinerseits Hunter aufmerksam zu beobachten schien. Zwischen den beiden herrschte eine Art natürlicher Sympathie: Schurken[290] erkennen einander ja immer leicht genug. Die beiden Männer waren wie geschaffen für ein gegenseitiges Verständnis und bald hatte sich zwischen ihnen auch eine Art Freundschaft entwickelt.
Krarak zählte etwa vierzig Jahre. Der untersetzte, kräftige Mann mit seinem unheimlichen Blick und dem wilden Gesichtsausdruck mußte Hunter und Malone selbstverständlich gefallen.
Als geborner Alaskier kannte er das Land, das er van Jugend auf vielfach durchstreift hatte, nach allen Seiten. Er hätte sicherlich einen vortrefflichen Führer abgegeben, auf dessen Intelligenz man sich jedenfalls verlassen konnte, wenn nur sein Äußeres nicht schon das schlimmste Mißtrauen erweckt hätte... ein Mißtrauen, das übrigens völlig gerechtfertigt war. Die Goldgräber, bei denen er gelegentlich gearbeitet hatte, hatten sich alle über ihn zu beklagen gehabt und jetzt war er zur Strafe für einen umfänglichen Diebstahl im Gefängnis von Circle City festgesetzt worden.
Im Laufe des ersten Monats beobachteten Krarak und Hunter gegenseitig eine gewisse Zurückhaltung... der eine behielt den andern nur im Auge. Hunter, der erraten zu haben glaubte, daß Krarak etwas auf dem Herzen habe, was er ihm anvertrauen wollte, wartete, daß jener sein Schweigen bräche.
Damit hatte er auch nicht falsch gerechnet. Eines Tages erzählte ihm der Indianer, ehe er auf die Hauptsache einging, von seinen Streifzügen durch die fast unbekannten Gebiete Nordamerikas, die er als Führer der Einkäufer der Hudsonbai-Gesellschaft wiederholt besucht hätte, vorzüglich in der von der Porcupine bewässerten Gegend, die zwischen dem Fort Yukon und dem Fort Macpherson einerseits und dem arktischen Eismeer anderseits lag.
Krarak begnügte sich anfänglich mehr mit allgemeinen Redensarten und sagte nur gerade, was er sagen mußte, die Habgier Hunters zu reizen; allmählich zeigte er sich aber ein wenig mitteilsamer.
»Oben im Norden und in der Nähe des Meeres, begann er eines Tages, findet sich Gold in Überfluß. Es wird auch nicht lange dauern, so wimmelt es dort von tausenden von Goldgräbern.
– Da ist entschieden nur eins angezeigt, antwortete Hunter, man muß ihnen zuvorkommen.
– Natürlich, stimmte ihm Krarak zu, man muß nur auch die Stelle der Lagerplätze kennen.
– Nun, und du kennst sie wohl?[291]
– Ich?... Ich kenne verschiedne. Mit dem Lande hat es aber seine Schwierigkeiten... man kann monatelang darin umherziehen und an den Claims vorbeikommen, ohne sie zu sehen. Vorzüglich an einem... und was für einem!... Ha, wenn ich frei wäre!«
Hunter sah sein Gegenüber scharf forschend an.
»Was tätest du denn, wenn du frei wärst? fragte er.
– Ich ginge dahin, wohin ich auf dem Wege war, als man mich abfing, antwortete Krarak.
– Ja, wohin denn?
– Dahin, wo man sich Gold schubkarrenweise holen kann!« erklärte der Indianer mit Nachdruck.
Hunter konnte ihm nun Fragen stellen, soviel er wollte, Krarak sprach sich nicht weiter aus. Er hatte übrigens schon genug gesagt, die Habgier des andern hell auflodern zu lassen.
Im Hinblick auf die nächste Arbeitsperiode hatten Hunter und Malone infolge ihrer Überzeugung, daß Krarak Goldfundstätten nicht weit vom Polarmeer bekannt wären, den gleichen Gedanken: dem Indianer um jeden Preis alles zu entlocken, was er etwa wüßte, doch auch häufige und lange Gespräche mit dem Manne brachten die beiden Texaner um keinen Schritt weiter. Krarak blieb zwar unabänderlich bei seiner Aussage bezüglich des Vorhandenseins außerordentlich reicher Placers, über deren genaue Lage schwieg er aber hartnäckig wie vorher.
Mit den letzten Wochen des April kam das Ende des Winters, der in Circle City ebenso streng gewesen war wie in Dawson. Die Gefangnen hatten dabei viel zu leiden gehabt. Hunter und seine Gefährten warteten mit Ungeduld auf ihre Entlassung aus dem Kerker, da sie fest entschlossen waren, dann sofort nach den nördlichsten Teilen des amerikanischen Festlands hinauszuziehen.
Hierzu war aber die Mithilfe Kraraks unentbehrlich und dieser schien nicht geneigt, sie zu verweigern. Freilich hinderten ihn vorläufig daran noch die alaskischen Behörden Hunter und seine Leute sollten zwar nächstens entlassen werden nicht aber der Indianer, der wegen seiner verschiednen und im Rückfalle begangnen Untaten noch mehrere Jahre im Gefängnis von Circle City büßen sollte.
Dagegen gab es nichts andres, als zu entweichen. Eine Flucht war jedoch nur möglich, wenn man sich einen Ausgang unter der Mauer des Gefängnishofes bahnte, die an der einen Seite die Gefangenanstalt und die Stadt[292] begrenzte. Von innen her konnte man einen solchen Ausweg unmöglich eröffnen, ohne die Aufmerksamkeit des Wartepersonals zu erregen. Von außen her und in der Nacht konnte das aber, unter Beobachtung der nötigen Vorsicht, keine großen Schwierigkeiten machen.
Hierzu war jedoch die Hilfe Hunters nötig. Zwischen den beiden schlechten Subjekten war denn auch bald der betreffende Handel abgeschlossen. Sobald er frei wäre, wollte Hunter dem Krarak zuhilfe kommen, und dieser wieder würde, wenn es gelang, in den Dienst des Texaners treten und diesen nach den ihm bekannten Fundstätten im Norden von Klondike führen.
Am 13. Mai ging die Strafhaft Hunters und seiner Bande zu Ende. Der Indianer mußte nun die Augen gut offen halten. Da er nicht in eine Zelle eingeschlossen war, würde es ihm leicht sein, den gemeinschaftlichen Schlafraum einmal unauffällig zu verlassen und unbemerkt in den Hof der Anstalt zu gelangen.
Damit begann er schon in der nächsten Nacht. Am Fuße der Umfassungsmauer niedergekauert, wartete er lauschend bis zum Anbruch des Tages.
Seine Geduld wurde freilich auf eine harte Probe gestellt. Zwischen Untergang und Aufgang der Sonne schlug kein Geräusch an sein Ohr. Hunter und Malone hatten noch nichts unternehmen können, denn in der Befürchtung, die Polizei könnte so »geschmacklos« sein, sich darüber zu wundern, daß sie Circle City nicht sofort verließen, glaubten sie mit ihrer Maulwurfsarbeit wenigstens vierundzwanzig Stunden warten zu sollen. An Werkzeugen dazu fehlte es ihnen nicht. In der Herberge, wo sie früher eingekehrt waren und nach ihrer Entlassung wieder Aufenthalt nahmen, hatten sie die Spaten, Schaufeln, Spitzhauen usw. von der letzten Saison wiedergefunden.
In der kleinen Stadt herrschte jetzt schon ein ziemlich reges Leben. Die Prospektoren der alaskischen Fundstätten am Unterlaufe des Yukon strömten, von dem zeitigen Eintritt der schönen Jahreszeit angelockt, hier bereits in Menge zusammen. Dieser Umstand begünstigte die Rotte der Texaner insofern, als sie sich leichter unter der Menschenmenge verlieren konnten.
In der folgenden Nacht nahm Krarak von zehn Uhr an seinen Lauscherplatz am Fuße der Mauer wieder ein. Die Nacht war finster und von Norden her wehte ein recht scharfer Wind.
Gegen elf Uhr glaubte der Indianer, der das Ohr auf den Erdboden gedrückt hielt, zu hören, daß man an seiner Befreiung arbeitete.[293]
Er täuschte sich nicht. Hunter und Malone waren am Werke. Mit Spitzhauen höhlten sie einen Gang unterhalb der Mauer aus, um keinen Stein aus dieser herausbrechen zu müssen.
Sobald Krarak erkannt hatte, an welcher Stelle das geschah, wühlte er im Hofe die Erde mit den Händen auf.
Alles ging unbemerkt vor sich; die Wächter fanden keine Veranlassung, in der Nacht den Hof zu betreten; der starke, schneidende Wind hielt sie im Innern des Gebäudes zurück, wo die Abwesenheit Kraraks niemand aufgefallen war.
Kurz nach Mitternacht war das Loch endlich weit genug, einen Mann von gewöhnlicher Körperstärke hindurchschlüpfen zu lassen.
»Komm nun! rief eine Stimme, es war die Hunters, leise.
– Es ist doch draußen niemand in der Nähe? fragte Krarak.
– Keine Menschenseele!«
Wenige Augenblicke später war der Indianer in Freiheit.
Jenseits des Yukon, an dessen linker Seite Circle City lag, sah er vor sich eine vom letzten Schnee des Winters noch teilweise bedeckte Ebene. Das Tauwetter hatte schon begonnen und auf dem Strom trieben Eisschollen hinunter. Ein Kahn hätte sich nicht dazwischen hineinwagen können, wenn es Hunter auch möglich gewesen wäre, sich einen solchen zu beschaffen, ohne die Aufmerksamkeit der Polizei zu erregen. Der Indianer war aber nicht der Mann dazu, sich durch ein solches Hindernis abschrecken zu lassen. Ihm fiel es nicht schwer, von einer Scholle zur andern zu springen und so das rechte Stromufer zu erreichen. Einmal da, lag das ganze Land vor ihm offen und er würde weit weg sein, wenn man seine Flucht erst entdeckte.
Da der Flüchtling jedoch vor Sonnenaufgang außerhalb des Bereiches etwaiger Häscher sein mußte, hatte er keine Zeit zu verlieren.
Hunter flüsterte ihm also nur zu:
»Es ist also alles abgemacht?
– Alles, versicherte Krarak.
– Wo treffen wir uns wieder?
– Wie besprochen: zehn Meilen von Fort Yukon am linken Ufer der Porcupine.«
So lautete tatsächlich die Abmachung zwischen den beiden. Zwei oder drei Tage später verließen Hunter und seine Gefährten Circle City und wandten sich dem Fort Yukon zu, das stromabwärts im Nordwesten liegt. Von dort wanderten[294] sie längs des Ufers der Porcupine nach Nordosten hin. Der Indianer eilte, sobald er den mächtigen Strom hinter sich hatte, gleich in gerader Linie nach Norden auf dessen Nebenfluß zu.
Im Augenblicke der Trennung wiederholte Hunter seine Frage:
»Also alles abgemacht?
– Alles.
– Und du wirst uns dann führen?
– Geraden Weges nach dem Placer.«
Eines gewissen Mißtrauens konnte sich Hunter dennoch nicht entschlagen.
»So gehe! sagte er. Wenn du uns aber hinters Licht geführt hast, so glaube nicht, daß du uns entkommen könntest. Dreißig Mann wären zu deiner Verfolgung bei der Hand, und die würden dich schon aufspüren.
– Ich habe euch nicht getäuscht.« antwortete Krarak ruhig.
Dann wies er mit der Hand nach Norden und setzte seinen Worten noch hinzu:
»Da unten... da unten erwartet uns ein ungeheures Vermögen!«
Der Indianer näherte sich dem Strome.
»Der Ort, zu dem ich euch geleiten werde, sagte er mit einer gewissen Feierlichkeit, ist kein gewöhnlicher Placer. Es ist eine Goldtasche, noch mehr: ein Goldberg. Ihr habt da weiter nichts zu tun, als Eure Karren zu beladen. Wenn ihr hundert, wenn ihr tausend wäret, ihr könntet mir immer noch einen Teil überlassen, ohne den euern zu verringern!«
Mit einem Satze stand Krarak hierauf schon auf einer Eisscholle, die von der Strömung fortgetragen wurde. Noch einen Augenblick konnten Hunter und Malone ihn von Scholle zu Scholle springen und dem rechten Ufer näher kommen sehen, dann verschwand seine Gestalt in der Finsternis.
Die Texaner begaben sich in ihre Herberge zurück und gleich am nächsten Morgen begannen sie die Vorbereitungen zu dem bevorstehenden Zuge.
Natürlich wurde die Flucht des Indianers gleich nach Sonnenaufgang entdeckt. Die Nachforschungen der Polizei waren aber vergeblich und auch die Mitschuld Hunters blieb unbekannt.
Drei Tage später schiffte sich dieser nebst seinen Leuten, zusammen dreißig Mann, mit einem nur dürftigen Material auf einer Schute ein, die den Strom hinunter nach dem Fort Yukon fuhr.
Am 22. Mai begann die Karawane dann, nach Einnahme frischen Proviants in dem beim Fort gelegnen Flecken, den Marsch nordöstlich am linken[295] Ufer der Porcupine hinauf, wobei alle ihre Habseligkeiten auf einem von einem kräftigen Hundegespann gezognen Schlitten befördert wurden. War der Indianer pünktlich an dem verabredeten Platze eingetroffen, so mußte man ihn noch am Abend dieses Tages finden.
»Vorausgesetzt, daß er da ist, meinte Malone.
– Er wird zur Stelle sein. Hat er gelogen, so zwingt ihn dazu die Furcht, hat er die Wahrheit gesagt, das eigne Interesse.«
Der Indianer war in der Tat auf seinem Posten, und unter seiner Führung zog die ganze Gesellschaft am linken Ufer der Porcupine weiter, hinauf der eisigen Einöde des äußersten Nordens entgegen.
Buchempfehlung
In elf Briefen erzählt Peter Schlemihl die wundersame Geschichte wie er einem Mann begegnet, der ihm für viel Geld seinen Schatten abkauft. Erst als es zu spät ist, bemerkt Peter wie wichtig ihm der nutzlos geglaubte Schatten in der Gesellschaft ist. Er verliert sein Ansehen und seine Liebe trotz seines vielen Geldes. Doch Fortuna wendet sich ihm wieder zu.
56 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.
390 Seiten, 19.80 Euro