Zehntes Capitel.
Ein Kanonenschuß.

[258] Benito war also unter die breite Wasserfläche, die ihm den Körper des Abenteurers noch verbarg, hinabgegangen. O, wenn er im Stande gewesen wäre, diese Wogen abzuleiten, das Wasser zu verdunsten, das Bett des gewaltigen Stromes auszutrocknen, das Becken von Frias, von der Barre im Strome an bis zur Einmündung des Rio Negro frei zu legen, gewiß wäre das in der Kleidung von Torres verborgene Etui schon längst in seiner Hand gewesen. Die Unschuld seines Vaters hätte nicht länger bezweifelt werden können. Der Freiheit zurückgegeben hätte Joam Dacosta mit den Seinigen die Reise auf dem Strome fortsetzen können, und wie vielem Ungemach, wie großer Angst und Pein wären Alle entgangen!

Benito stand jetzt auf dem Grunde des Flußbettes. Unter seinen schweren Sohlen knirschten die Kiesel. Er befand sich gegen zehn bis fünfzehn Fuß unter Wasser, an der übrigens ziemlich steilen, abschüssigen Uferstelle, wo Torres verschwunden war.

Hier erhob sich ein fast undurchdringliches Gewirr von Rosenbuschwurzeln, einzelnen Stämmen und Wasserpflanzen, welche die Bootshaken bei der gestrigen Nachsuchung unmöglich hatten vollständig durchdringen können. Es war also immerhin möglich, daß der von dem Gezweig unter dem Wasser zurückgehaltene Körper sich doch noch an derselben Stelle befand, wo er herabgestürzt war.

Da, wie erwähnt, eine unweit von hier vorspringende Landspitze eine Art Wirbel erzeugte, machte sich die Strömung glücklicher Weise fast gar nicht bemerkbar. Benito folgte also allen den langsamen Bewegungen des Floßes, das die Stangen der Indianer über seinem Haupte wegtrieben.

In das klare Wasser drang Licht genug herab, denn eben brannte die Sonne am wolkenlosen Himmel und sendete ihre Strahlen fast senkrecht zur Erde. Unter gewöhnlichen Verhältnissen kann man unter Wasser bei einer Tiefe von zwanzig Fuß kaum noch deutlich sehen; hier schien aber das ganze Fluidum von einem glänzenden Lichtschein imprägnirt zu sein, und Benito konnte bequem[258] noch weiter hinabsteigen, ohne daß es auf dem Boden des Flusses für ihn zu dunkel geworden wäre.

Langsam ging der junge Mann längs des Uferrandes hin. Mit dem Eisenstocke durchwühlte er die Pflanzenmassen zu seinen Füßen. Ganze Schwärme von Fischen, wenn man so sagen darf, entflohen vor ihm, wie Vögel, wenn sie aus dichtem Buschwerk aufgejagt werden. Es glitzerte wie von tausend Stückchen eines zerbrochenen Spiegels, welche durch das Wasser glitten. Gleichzeitig krochen Hunderte von Schalthieren über den gelblichen Sand, gleich riesigen Ameisen, die aus ihrem Bau vertrieben wurden.

Obwohl Benito nicht die kleinste Stelle des Grundes am Ufer ununtersucht ließ, glückte es ihm doch nicht, das zu finden, was er so emsig suchte. Er beobachtete zuletzt, daß der Grund sich immer steiler und steiler hinabsenkte, und schloß daraus, daß Torres' Leichnam wohl über den Wasserwirbel hinaus und nach der Mitte des Stromes zu gerollt sein möchte. Wenn sich diese Annahme bestätigte, so durfte er sich dort wahrscheinlich noch befinden, da ihn die Strömung in so großer und noch stetig zunehmender Tiefe schwerlich mit hinwegführen konnte.

Benito entschied sich also dafür, nach beendigter Durchsuchung des Pflanzengewirres im Grunde längs des Ufers, seine Nachforschungen nach jener Seite hin fortzusetzen. Vorläufig schritt er in der nämlichen, früher verabredeten Richtung, der auch das Floß noch eine Viertelstunde lang folgen sollte, weiter.

Auch nach Verlauf dieser Zeit hatte Benito noch nichts entdeckt. Dagegen fühlte er nun das Bedürfniß, wieder an die Oberfläche hinauf zu gelangen, um unter normale physiologische Verhältnisse zu kommen und neue Kräfte zu sammeln. An manchen Stellen, wo das Flußbett sich plötzlich senkte, hatte er bis auf dreißig Fuß Tiefe hinabsteigen müssen; dann lastete also beinahe der Druck einer vollen Atmosphäre auf ihm – was jeden mit Taucherarbeiten minder Vertrauten nothwendiger Weise körperlich ungemein erschöpft und dessen geistige Fähigkeiten zu lähmen pflegt.

Benito zog also an der Glockenleine, und die Leute auf dem Floße begannen ihn emporzuwinden; sie verfuhren damit aber sehr langsam, indem sie ihn binnen einer Minute nicht um mehr als zwei bis drei Fuß hoben, um seine inneren Organe nicht durch zu schnell abnehmenden Druck zu schädigen.

Sobald der junge Mann auf dem Floße Fuß gefaßt hatte, wurde ihm der metallene Skaphanderhelm abgenommen; er holte tief Athem und setzte sich nieder, um ein wenig auszuruhen.[259]

Die Piroguen glitten alsbald heran. Manoel, Fragoso und Araujo kamen herbei, um sich nach den Resultaten seines kühnen Versuches zu erkundigen.

»Nun, wie steht's? fragte Manoel.

– Noch nichts... nichts!

– Du hast keine Spur gefunden?

– Keine.

– Soll ich nun an Deiner Stelle suchen?

– Nein, nein, lieber Manoel, erwiderte Benito, ich habe das einmal angefangen und weiß, wohin ich mich da unten zu wenden habe... überlass' das mir!«

Benito setzte darauf dem Steuermanne auseinander, daß und warum es seine Absicht sei, den weiter nach der Mitte zu liegenden Theil des abschüssigen Strombettes bis zu der Barre von Frias hin abzusuchen, wo die Bodenerhebung Torres' Körper aufgehalten haben mußte, wenn dieser, in der Grenze zwischen dem stilleren Grundwasser und der Strömung schwimmend, von letzterer auch mit fortgetrieben worden war. Zuerst gedachte er jedoch, weiter nach der Mitte des Strombettes hinzugehen und die dortigen tieferen, für die Bootshaken unerreichbaren Stellen abzusuchen.

Araujo billigte dieses Vorhaben und beeilte sich, die nöthigen Vorbereitungen zu treffen und die Leute zu instruiren.

Manoel hielt es für angezeigt, Benito einige gute Rathschläge zu ertheilen.

»Da Du die nächsten Nachforschungen nach jener Seite hin unternehmen willst, sagte er, wird Dir das Floß nachfolgen; sei dabei aber nicht unvorsichtig, Benito. Du wirst tiefer hinabgelassen als vorher, vielleicht fünfzig bis sechzig Fuß tief, was Dich dem Drucke von fast zwei Atmosphären aussetzt. Gehe also nur sehr langsam vorwärts, denn Du läufst sonst Gefahr, die Besinnung zu verlieren. Glaube mir, Du weißt dann vielleicht gar nicht mehr, wo Du bist oder was Du vorhattest. Wenn Dir der Kopf, wie zwischen den Backen eines Schraubstockes, zusammengepreßt wird, wenn Dir's ohne Unterlaß in den Ohren summt, so gieb sofort das gewöhnliche Zeichen, damit wir Dich emporhissen. Du magst später, wenn das nothwendig wäre, wieder hinunter gehen; dann bist Du es doch ein wenig gewöhnt, Dich in den tieferen Wasserschichten des Stromes zu bewegen.«

Benito versprach Manoel, seine Rathschläge, deren Bedeutung er wohl begriff, stets im Auge zu behalten. Freilich belästigte ihn der Gedanke, daß er[260] gerade dann der nöthigen geistigen Klarheit ermangeln könnte, wo diese vielleicht am nothwendigsten war.

Benito drückte innig Manoels Hand; wieder wurde die Skaphanderglocke luftdicht um seinen Hals befestigt, dann begann die Pumpe ihre Thätigkeit und der Taucher verschwand zum zweiten Male unter dem Wasser.

Das Floß hatte sich jetzt gegen vierzig Fuß vom linken Ufer entfernt; als es nun, mit dem Fortschreiten nach der Mitte des Flusses zu, mehr und mehr von der Strömung erfaßt wurde, vertaute man die Ubas mit demselben und die Ruderer hielten es zurück, so daß es nur außerordentlich langsam vorwärts trieb.

Benito wurde mit größter Vorsicht hinabgelassen und erreichte glücklich den Grund. Als seine schweren Sohlen in den Sand des Flußbettes einsanken, zeigte die Länge des Taues, welches er mit sich zog, daß das Wasser fünfundsechzig bis siebenzig Fuß Tiefe hatte. Hier befand sich also eine, weit über das Durchschnittsniveau des Flußbettes hinabreichende Einsenkung.

Wenn es da unten auch etwas dunkler war, so drang bei der Klarheit des Wassers doch noch genug Licht hinab, welches Benito gestattete, die auf dem Grunde des Flußbettes verstreuten Gegenstände zu unterscheiden und mit einiger Sicherheit vorwärts zu schreiten. Der mit Glimmerblättchen gemischte Sand bildete übrigens eine Art Reflector, und man hätte dessen einzelne Körnchen zählen können, welche gleich leuchtendem Staube erglänzten.

Benitos Augen suchten bei jedem Schritte, und er sondirte mit seinem Stocke auch die geringsten Vertiefungen, wobei er allmählich weiter in die Tiefe kam. Das Seil wurde ihm nach Bedarf nachgelassen, und da auch die zur Ein- und Ausathmung dienenden Schläuche niemals durch Zerrung verengert wurden so ging die Functionirung der Pumpe ohne Störung vor sich.

Benito gelangte also nach und nach weiter nach der Mitte des Amazonenstrombettes zu, wo sich die tiefste Bodensenkung befand.

Zuweilen herrschte rings um ihn, aber nur in beschränktem Umkreise, so tiefe Finsterniß, daß er ganz und gar nichts zu erkennen vermochte; das währte aber niemals lange Zeit; diese Erscheinung rührte nur von dem Floße her, welches, wenn es über seinem Kopfe hinglitt, natürlich die Sonnenstrahlen auffing und, so lange es in dieser Lage verweilte, rings um ihn das Bett des Stromes in Dunkel hüllte. Meist verschwand der tiefe Schatten sehr bald und der Sand warf das Licht zurück wie vorher.[261]

Noch immer stieg Benito nach abwärts. Er empfand das auch aus der Zunahme des Druckes, den die Wassermasse auf seinen Körper ausübte. Das Athmen wurde etwas beschwerlicher und seine Gliedmaßen gehorchten dem Impuls des Willens nicht mit derselben Leichtigkeit, wie inmitten einer innerhalb und außerhalb des Körpers gleich stark drückenden Atmosphäre. Er befand sich jetzt unter dem Einflusse veränderter physiologischer Bedingungen, an welche der Organismus bisher nicht gewöhnt war. In seinen Ohren begann es zu summen und zu brummen, da er sich aber geistig vollkommen frei fühlte und sein Gehirn ungestört, vielleicht gar etwas energischer als sonst functionirte, so stand er davon ab, das Zeichen zum Emporwinden zu geben und schritt vielmehr immer weiter in die Tiefe.

Einmal erregte in dem Halbdunkel, das ihn umgab, eine unförmige Masse seine besondere Aufmerksamkeit. Sie schien ihm einem, unter verworrenen Wasserpflanzen vergrabenen Körper zu ähneln.

Da klopfte sein Herz unruhiger. Er schritt darauf zu und suchte die leblose Masse mit seinem Stocke auf zuheben.

Es war nur der, schon bis zum Skelet reducirte Cadaver eines gewaltigen Kaimans, welchen die scharfe Strömung des Rio Negro bis in's Bett des Amazonenstromes geschwemmt haben mochte.

Benito wich entsetzt zurück, und trotz der entgegenstehenden Versicherungen des Steuermannes kam ihm doch der Gedanke, daß sich auch ein lebender Kaiman bis in die tieferen Wasserschichten des Beckens von Frias verirrt haben könne!...

Er erwehrte sich jedoch jeder Furcht und setzte seinen Weg fort, um auch den Grund der Bodensenkung zu erreichen.

Jetzt mochte er bis zur Tiefe von neunzig oder hundert Fuß vorgedrungen sein und also den Druck von ungefähr drei Atmosphären auf sich tragen. Wenn jene Bodensenkung noch weiter hinabreichte, so mußte er bald zur Einstellung seiner Nachforschungen genöthigt sein.

Die Erfahrung hat nämlich gelehrt, daß eine Tiefe von hundertzwanzig bis hundertdreißig Fuß die äußerste Grenze darstellt, deren Ueberschreitung bei submarinen Untersuchungen mit ernstlicher Gefahr verknüpft ist, nicht allein weil der menschliche Organismus unter dem über ihm lastenden Drucke nicht mehr ausreichend functionirt, sondern weil auch schon die Hilfsmaschinen athembare Luft nicht mehr mit der nöthigen Regelmäßigkeit liefern.[262]

Benito war jedoch entschlossen, so weit vorzudringen, bis ihm die körperlichen Kräfte und die geistige Energie den Dienst versagten. Er fühlte sich durch eine Art unerklärlicher Ahnung nach jenem Abgrunde hingezogen; es schien ihm, als habe der todte Körper auf den Boden dieser Aushöhlung hinabrollen müssen, als werde sich Torres, beladen mit schwerwiegenden Gegenständen, wie etwa mit einem Gürtel mit Silber- oder Goldmünzen oder mit Waffen darin, in der bedeutenden Tiefe gehalten haben.

Plötzlich bemerkte er in einer dunkleren Vertiefung einen Leichnam, ja, einen noch angekleideten Leichnam in der Lage eines Schlafenden, der den Kopf mit den Armen unterstützte!

War das wohl Torres? Bei dem düsteren Lichte konnte er das nur schwierig unterscheiden; jedenfalls war es der Körper eines Menschen, der kaum zehn Schritte von ihm entfernt unbeweglich ausgestreckt lag.

Eine qualvolle Erregung übermannte Benito. Sein Herz stand einen Augenblick still – er glaubte, die Besinnung zu verlieren. Noch einmal gewann sein fester Wille die Oberhand. Er schritt auf den Cadaver zu. Da, ganz unerwartet durchzuckte ein heftiger Schlag seinen bebenden Körper. Gleich einem langen Riemen wand sich ihm Etwas um den Leib, und trotz der dicken Taucherkleidung fühlte er sich wie von wuchtigen Peitschenhieben getroffen.

»Ein Zitteraal!« sagte er.

Es war ihm unmöglich, noch ein Wort über die Lippen zu bringen.

In der That hatte ihn ein »Puraqué« – der Name, mit dem die Brasilianer die Gymnoten mit elektricitäterzeugenden Organen nennen – überfallen. Bekanntlich sind das eine Art Aale mit schwärzlicher, schleimig-klebriger Haut, welche längst des Rückens und Schwanzes einen, aus großen, der Länge nach, und kleinen, quer verlaufenden Lamellen gebildeten Apparat besitzen, der durch das Nervensystem des Thieres erregt werden kann und dadurch, in eigenthümliche elektrische Spannung versetzt, wirklich furchtbar erschütternde Schläge abzugeben vermag. Einzelne Abarten dieser Gymnoten erreichen kaum die Länge der gewöhnlichen Natter, andere werden bis zehn Fuß lang; zuweilen, jedoch nur selten, findet man Exemplare von fünfzehn bis zwanzig Fuß Länge bei einem Durchmesser von acht bis zehn Zoll.

Die Zitteraale kommen ebenso im Amazonenstrome wie in dessen Zuflüssen sehr häufig vor, und eine dieser »lebendigen Batterien« von fast zehn Fuß Länge war es, die, sich zuerst lang ausstreckend, auf den Taucher zuschnellte.[263]

Benito wußte recht wohl, was er von dem Angriffe dieses schrecklichen Geschöpfes zu fürchten hatte.


Benito wich entsetzt zurück. (S. 262.)
Benito wich entsetzt zurück. (S. 262.)

Seine Kleidung erwies sich als unzulänglich, ihn zu schützen. Die anfänglich schwachen elektrischen Schläge des Zitteraales wurden allmählich heftiger und mußten weiter und weiter bis zu dem Moment zunehmen, wo jener sich durch Abgabe des elektrischen Fluidums selbst erschöpfte.

Außer Stande, so gewaltige Erschütterungen zu ertragen, sank Benito langsam zu Boden. Die Ausströmungen des Zitteraales, der langsam an ihm hinstrich und dann seinen Körper umringelte, lähmten dem jungen Manne alle


Er schwebte kerzengerade hinaus. (S. 266.)
Er schwebte kerzengerade hinaus. (S. 266.)

Glieder. Bald vermochte er nicht einmal mehr die Arme zu erheben. Der Stock entfiel ihm und seine[264] Hände besaßen nicht mehr Kraft genug, die Glockenleine zu erfassen, um ein Signal zu geben.

Benito betrachtete sich als verloren. Weder Manoel noch die Anderen konnten eine Vorstellung davon haben, welch' entsetzlicher Kampf jetzt tief unter ihnen stattfand zwischen dem fürchterlichen Puraqué und dem unglücklichen jungen Taucher, der sich vor Schmerzen wand, aber nicht mehr wirksam vertheidigen konnte.[265]

Und das mußte sich gerade in dem Augenblicke zutragen, wo ihm ein menschlicher Körper – ohne allen Zweifel die Leiche des gesuchten Torres – vor Augen kam! Noch einmal raffte Benito alle ihm gebliebene Geistesgegenwart zusammen – er wollte um Hilfe rufen – vergebliches Bemühen! Seine Stimme erstickte in der metallenen Kugel, welche keinen Laut hindurchdringen ließ.

Jetzt verdoppelte der Puraqué noch die Wuth seines Angriffes und traf den jungen Mann mit den heftigsten Schlägen, unter deren Wucht sich dieser wie ein zerschnittener Wurm auf dem sandigen Strombette krümmte, während seine Muskeln in Folge der elektrischen Entladungen krampfhaft erzitterten.

Benito entschwanden alle Gedanken; vor seinen Augen ward es allmählich dunkel, seine Glieder erstarrten. Bevor er jedoch das Sehvermögen vollständig verloren und seine Geistesfähigkeiten gänzlich erlahmten, ereignete sich ein unerwarteter, unerklärlicher und eigenartiger Zwischenfall, den er wenigstens noch bemerkte. Durch die mächtigen Wassermassen verbreitete sich plötzlich der Nachhall einer dumpfen Detonation, ähnlich einem Donnerschlage, dessen Rollen durch die tiefen, von den Bewegungen des Gymnoten erregten Schichten hinlief. Benito umsummte es wie ein höllisches Getöse, welches das Echo aus der Tiefe des Stromes verdoppelt wiedergab.

Da entrang sich seinen Lippen noch ein unwillkürlicher Schrei – er wußte nicht, ob er seinen Augen trauen durfte, was sie ihm da zeigten.

Der bisher ausgestreckt am Boden liegende Körper des Ertrunkenen begann sich emporzurichten!... Die Wellenbewegung des Wassers machte seine Arme schaukeln, als ob sie ein bewußtloser Lebender bewege... ein entsetzlich anzusehendes Zucken rüttelte den todten Körper!

Es war wirklich der Leichnam Torres'. Ein Sonnenstrahl drang eben in die dämmerige Tiefe hinab, und Benito erkannte dabei das etwas gedunsene, grünliche Gesicht des Schurken, dem seine Hand den Todesstoß gegeben, dessen letztes Röcheln das Wasser des Stromes erstickt hatte.

Und während Benito jetzt unfähig war, seine gelähmten Glieder zu rühren, während die schweren Sohlen ihn zurückhielten, als wäre er auf das sandige Bett festgenagelt, erhob sich vor ihm die Leiche, deren Kopf auf- und abschwankte, und aus der Vertiefung, in welcher sie einzelne Wasserpflanzen zurückgehalten haben mochten, schwebte der Körper – ein entsetzlicher Anblick – kerzengerade hinauf bis zur Oberfläche des Amazonenstromes.[266]

Quelle:
Jules Verne: Die Jangada. Bekannte und unbekannte Welten. Abenteuerliche Reisen von Julius Verne, Band XXXIX–XL, Wien, Pest, Leipzig 1883, S. 258-267.
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