I.

»...Also komme, so bald Du nur kannst, mein lieber Heinrich! Ich erwarte Dich mit größter Ungeduld! Die hiesige Gegend ist herrlich und gerade diese Region des südlichen Ungarns ist wie geschaffen, das Interesse[5] eines Ingenieurs zu fesseln. Nur von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, wirst Du die Reise hierher nicht zu bereuen haben.


Mit den herzlichsten Grüßen


Markus Vidal.«


So lauteten die Schlußworte eines Briefes meines Bruders, den ich – es war am 4. April – vor mehreren Jahren erhalten hatte.

Kein warnendes Vorzeichen begleitete das Eintreffen dieses Schreibens, das mir in der üblichen Weise zugestellt wurde, nämlich durch die Vermittlung eines Boten, des Portiers und meines Dieners, welcher mir, ohne sich der Wichtigkeit dieser Handlung bewußt zu werden, den Brief auf einer Platte mit der ihm zur Gewohnheit gewordenen Ruhe überreichte.

Auch ich war vollkommen ruhig, während ich den Bogen entfaltete und zu Ende las, bis zu jenen letzten Zeilen, die schon im Keime all die seltsamen Ereignisse enthielten, bei denen mir eine Rolle zugedacht war.

Wie sind doch die Menschen mit Blindheit geschlagen! Unaufhörlich, ohne ihr Wissen und Wollen wird aus unendlich seinen Fäden ein geheimnisvolles Gewebe gesponnen, das man Schicksal nennt!

Mein Bruder hat wahr gesprochen: ich bereue diese Reise nicht! Aber soll ich wirklich davon berichten? Gibt es denn nicht Dinge, die man lieber verschweigen, der Vergessenheit anheimfallen lassen soll? Wer wird einer Geschichte Glauben schenken, die so unnatürlich klingt, daß auch die kühnsten Dichter es wahrscheinlich nie gewagt haben würden, sie niederzuschreiben?

Und trotzdem will ich es tun, will das Wagnis auf mich nehmen! Man möge mir glauben oder nicht, ich gehorche einem unwiderstehlichen Bedürfnis, in der Erinnerung noch einmal diese Reihe ganz außerhalb der Alltäglichkeit liegender Vorkommnisse zu erleben, zu denen der Brief meines Bruders gewissermaßen das Vorwort bildete.

Mein Bruder Markus war damals achtundzwanzig Jahre alt und hatte schon sehr schmeichelhafte Erfolge als Porträtmaler errungen. Die festesten Bande innigster Zuneigung vereinten uns; meinerseits war es eine fast väterliche Liebe, denn ich war um volle acht Jahre älter als er. Wir waren beide noch sehr jung, als uns Vater und Mutter starben und so mußte ich, der große Bruder, für Markus' Erziehung Sorge tragen. Da er frühzeitig erstaunliche Anlagen und Lust zum Malen zeigte, tat ich[6] mein möglichstes, ihn seinem Lebensberufe zuzuführen, in dem er sich bald auszeichnete und wohlverdiente Erfolge erntete.

Und jetzt wollte sich Markus verheiraten. Schon seit längerer Zeit hatte er seinen Wohnsitz in Ragz aufgeschlagen, einer bedeutenden Stadt Südungarns. Mehrere in der Hauptstadt Budapest verbrachte Wochen – er hatte daselbst eine Anzahl sehr gelungener und reichlich honorierter Gemälde fertiggestellt – hatten ihn erkennen lassen, daß Künstlern in Ungarn ein sehr warmer Empfang bereitet wird; und als sein Aufenthalt in Budapest sein Ende erreicht hatte, fuhr er donauabwärts bis nach Ragz.

Zu den angesehensten Familien dieser Stadt gehörte die Familie des Dr. Roderich, welcher einer der berühmtesten Ärzte im ganzen Ungarlande war. An irdischen Gütern reich gesegnet (denn zu einem beträchtlichen Erbteil kam das bedeutende, in der Ausübung seines Berufes erworbene Vermögen hinzu). gönnte er sich jedes Jahr eine Erholungszeit. die er auf Reisen verbrachte; selbst nach Frankreich, Italien und Deutschland war er schon gekommen. Die reichen Patienten beklagten immer lebhaft seine Abwesenheit, aber auch die armen ersehnten seine Rückkehr, denn er versagte ihnen niemals seine Hilfe und seine tatkräftige Nächstenliebe erstreckte sich auch auf die Geringsten, so daß ihm die Achtung und Liebe aller sicher war.

Die Familie Roderich bestand aus dem Doktor, seiner Frau, seinem Sohn, dem Hauptmann Haralan, und seiner Tochter Myra. Markus hatte oft in dem gastlichen Hause geweilt und die Grazie und Schönheit des jungen Mädchens hatte einen tiefen Eindruck auf ihn gemacht, so daß er seinen Aufenthalt in Ragz auf unbestimmte Zeit verlängerte. Aber wenn Myra Roderich meinem Bruder gefiel, so kann man ruhig behaupten, ohne der Wahrheit zu nahe zu treten, daß auch er Myra Roderichs Herz gewonnen hatte.


Mein Diener überreichte mir den Brief auf einer Platte. (S. 6.)
Mein Diener überreichte mir den Brief auf einer Platte. (S. 6.)

Und man muß mir beipflichten: er verdiente es! Markus war – er ist es noch, Gott sei Dank – ein braver, liebenswürdiger Junge, schlank und hoch gewachsen (seine Gestalt überragt die Mittelgröße), mit blauen, lebhaften Augen, kastanienbraunem Haar, einer Dichterstirne und dem glücklichen Ausdruck eines Menschen, dem sich das Leben immer nur von der angenehmsten, heitersten Seite zeigt. Er ist von nachgiebigem Charakter und hat das sorglose Temperament eines Künstlers, welcher sich für alles Schöne leicht begeistert.[7]

Was Myra Roderich anbelangt, so kannte ich sie nur aus Markus liebeglühenden Briefen und ich wünschte sehnlichst, sie persönlich kennen zu lernen. Noch lebhafter war der Wunsch meines Bruders, sie mir vorzustellen. Er beschwor mich, nach Ragz zu kommen – als das Haupt der Familie – und wollte sich nur zufrieden geben, falls mein Aufenthalt daselbst mindestens einen Monat dauern würde. Seine Braut – er wiederholte es mir immer wieder – erwartete mein Kommen mit Ungeduld. Erst dann, nach meiner Ankunft, sollte der Hochzeitstag bestimmt werden. Vorher wollte Myra mit ihren eigenen Augen den künftigen Schwager gesehen haben, von dem man ihr in jeder Hinsicht nur Gutes erzählt hatte – es scheint wirklich, daß sie sich in dieser Weise ausdrückte!... Es sei nur ein billiges Verlangen, daß man die Mitglieder einer Familie, welcher man in Kürze ganz angehören soll, kennen und beurteilen lernen wolle. Sie würde das fatale »Ja« bestimmt erst dann aussprechen, nachdem Markus ihr seinen Bruder Heinrich vorgestellt habe.... All dies berichtete mir mein Bruder mit großer Beredsamkeit in seinen häufigen Briefen, aus denen ich ersah, wie gänzlich ihn die Liebe zu Myra Roderich in Fesseln hielt.

Ich habe schon erwähnt, daß ich sie nur nach Markus' enthusiastischen Schilderungen kannte. Und dennoch wäre es ihm, dem Maler, ein leichtes gewesen, sie in einer anmutigen Pose, angetan mit ihrem schönsten Kleide, als Modell zu nehmen und ihr Bild auf die Leinwand oder mindestens auf Papier zu übertragen. Dann hätte ich sie doch wenigstens de visu bewundern können... aber auch das wünschte Myra nicht. Sie wollte persönlich vor meinen geblendeten Augen erscheinen, versicherte Markus, welcher wohl kaum den Versuch gemacht haben dürfte – so glaube ich – sie anderer Meinung zu machen. Sie wollten eben beide erzwingen, daß der Ingenieur Heinrich Vidal seine Beschäftigung einfach an den Nagel hinge, um als gefeierter Gast in den Empfangsräumen der Familie Roderich zu erscheinen.

Bedurfte es so vieler Gründe, um meinen Entschluß reisen zu lassen? O nein! Ich hätte gewiß nicht am Hochzeitsfeste meines Bruders gefehlt. In ganz kurzer Zeit wollte ich vor Myra Roderich erscheinen, noch ehe sie meine Schwägerin geworden.

Übrigens sollte mir – wie auch der Brief betonte – der Aufenthalt in dieser Gegend Ungarns viel Vergnügen machen und auch großen Nutzen[8] bringen. Es ist dies das eigentliche Magyarenland, dessen Vergangenheit so reich ist an heroischen Taten das seit jeher jeder Vermischung mit der germanischen Rasse feind war und eine ganz bedeutende Stellung in der Geschichte Mitteleuropas einnimmt. – Was die Reise selbst anbelangt, so war ich entschlossen, sie unter folgenden Bedingungen zu unternehmen: teils im Postwagen, teils mit dem Schiffe beim Hinfahren, während die Rückreise nur mittels Postwagens zurückgelegt werden mußte. Den herrlichen Strom, die Donau, wollte ich erst von Wien an benutzen; wenn ich auch[9] nicht alle siebenhundert Meilen ihres Laufes verfolgen konnte, so blieben mir immerhin die interessantesten Gegenden zu bewundern übrig, die Strecken durch Österreich und Ungarn bis zu meiner Endstation, Ragz, an der serbischen Grenze. Wahrscheinlich würde mir keine Zeit bleiben, jene anderen Städte zu besuchen, welche die Donau in ihrem weiteren Laufe mit ihren mächtigen Fluten bespült; dort, wo sie die Walachei und die Moldaufürstentümer von der Türkei scheidet, nachdem sie das berühmte Eiserne Tor passiert hat: Widdin, Nikopolis, Rustschuk, Silistria, Braila, Galatz bis zu ihrer dreiteiligen Mündung ins Schwarze Meer. Drei Monate schienen mir genügend Zeit für die Reise, wie ich sie mir zurechtgelegt hatte. Einen Monat bestimmte ich für die Hinfahrt, von Paris nach Ragz. Myra Roderich mußte sich in Geduld fassen und dem Reisenden diesen Aufschub bewilligen. Nach einem Aufenthalte von gleich langer Dauer in der neuen Heimat meines Bruders würde die Rückreise nach Frankreich den Rest der Zeit in Anspruch nehmen.

Nachdem ich einige dringende Angelegenheiten in Ordnung gebracht und mir die von Markus verlangten Papiere verschafft hatte, machte ich alles zur Abreise fertig. Meine Vorbereitungen waren jedoch sehr einfacher Natur und forderten nur wenig Zeit, denn ich dachte nicht daran, mich mit unnützem Gepäck zu beschweren. Nur einen Koffer sehr bescheidener Größe nahm ich mit, in dem das Festgewand verpackt wurde, dessen ich zu dem feierlichen Ereignis bedurfte, das mich nach Ungarn rief.

Das Idiom des unbekannten Landes bot mir keinen Grund zur Beunruhigung; seit einer Reise durch die nördlichen Provinzen Preußens war mir die deutsche Sprache geläufig; auch Ungarisch hoffte ich ohne große Schwierigkeiten bald verstehen zu können. Übrigens spricht man in Ungarn fließend Französisch, wenigstens in den höheren Gesellschaftsklassen, und mein Bruder war – aus eben diesem Grunde – niemals in Verlegenheit gekommen, nachdem er die österreichische Grenze passiert hatte.

»Sie sind Franzose, Sie haben Bürgerrecht in Ungarn«, hat einstens ein Hospodar einem meiner Landsleute zugerufen und er brachte mit diesen wenigen herzlichen Worten die Gefühle des magyarischen Volkes den Franzosen gegenüber zum Ausdruck.

Ich schrieb also Markus als Antwort auf seinen letzten Brief, daß ich ihn ersuche, Myra Roderich zu versichern, daß meine Ungeduld der ihren[10] ebenbürtig, der künftige Schwager von dem lebhaftesten Verlangen erfüllt sei, die künftige Schwägerin kennen zu lernen. Ich fügte bei, daß ich binnen kurzem abreisen wolle, den Tag meiner Ankunft in Ragz aber unmöglich bestimmen könne, da dies von den Zufälligkeiten der Reise abhängig sei; aber ich gab meinem Bruder die Versicherung, daß ich mich unterwegs nicht unnötigerweise aufhalten wolle. Wenn es der Familie Roderich angenehm sei, könne sie, ohne länger zu zögern, die Hochzeit für die letzten Tage des Monats Mai festsetzen. »Ich bitte euch, mich nicht zu verdammen – schrieb ich zum Schlusse – wenn nicht jeder meiner Ruhepunkte durch einen Brief gekennzeichnet ist, der von meiner Anwesenheit daselbst Kunde gibt. Ich werde schon manchmal schreiben, damit Fräulein Myra imstande ist, die Anzahl der Meilen zu berechnen, die mich noch von ihrer Vaterstadt trennen. Auf jeden Fall werde ich zur rechten Zeit die genaue Stunde meiner Ankunft angeben, wenn möglich, selbst die Minute.«

Am Vorabend meiner Abreise, dem 13. April, begab ich mich in das Amtszimmer des Polizeileutnants, mit dem ich in freundschaftlichen Beziehungen stand, um mich von ihm zu verabschieden und meinen Paß abzuholen. Als er mir denselben einhändigte, beauftragte er mich mit vielen Grüßen für meinen Bruder, welchen er aus meinen Gesprächen und auch persönlich kannte und dessen Absicht, ein eigenes Heim zu gründen, ihm zu Ohren gekommen war.

»Ich weiß außerdem – fügte er bei – daß die Familie des Dr. Roderich, der Ihr Bruder angehören wird, eine der ehrenwertesten in Ragz ist.

– Hat man mit Ihnen davon gesprochen? fragte ich.

– Ja, erst gestern bei der Soiree in der österreichischen Botschaft, bei der ich auch anwesend war.

– Und wer erteilte Ihnen die Auskunft?

– Ein Offizier der Budapester Garnison, welcher mit Ihrem Bruder während seines Aufenthaltes in der ungarischen Hauptstadt Freundschaft geschlossen hat; er war seines Lobes voll. Ihr Bruder hatte glänzende Erfolge aufzuweisen und dieselbe Aufnahme, die ihm in Budapest zuteil geworden, hat er auch in Ragz wieder gefunden, was Sie übrigens kaum in Erstaunen setzen wird, mein lieber Vidal!

– Und dieser Offizier – beharrte ich – hat auch nicht mit seinem Lobe gekargt in Bezug auf die Familie Roderich?[11]

– Gewiß nicht! Der Doktor ist ein Gelehrter in des Wortes wahrster Bedeutung. Sein Name ist allbekannt in den österreichischungarischen Landen. Alle möglichen Auszeichnungen sind ihm schon verliehen worden; kurz und gut: Ihr Bruder hat Glück gehabt bei seiner Wahl, denn es scheint außerdem, daß das Fräulein eine sehr schöne Erscheinung ist.

– Dann werde ich Sie kaum in Erstaunen setzen, lieber Freund, wenn ich Sie versichere, daß auch Markus sie schön findet; er scheint mir überhaupt ganz ihrem Zauber erlegen.

– Um so besser, mein lieber Vidal; Sie werden also die Güte haben, meine Glückwünsche Ihrem Bruder zu übermitteln, dessen Glück noch die höchste, raffinierteste Beigabe hat: es wird mit den Augen glühendster Eifersucht betrachtet.... Aber – unterbrach sich zögernd der Sprecher – ich weiß nicht, ob ich mich nicht am Ende einer Indiskretion schuldig gemacht habe... indem ich das erwähnte....

– Einer Indiskretion? fragte ich erstaunt.

– Hat Ihnen Ihr Bruder niemals geschrieben, daß einige Monate vor seiner Ankunft in Ragz...

– Vor seiner Ankunft? wiederholte ich.

– Ja.... Fräulein Myra Roderich... Aber schließlich, mein lieber Vidal, ist es ja möglich, daß Ihr Bruder nichts davon erfahren hat!

– Sprechen Sie deutlicher, lieber Freund; ich kann absolut nicht erkennen, worauf Sie hinzielen.

– Nun wohl, es scheint – was übrigens kaum wundernehmen kann – daß dem Fräulein Roderich schon sehr gehuldigt worden ist, besonders von einer Persönlichkeit, die man durchaus nicht zu den ersten besten zählen kann. So sagte wenigstens der Offizier in der Botschaft, welcher noch vor fünf Wochen in Budapest war.

– Und was ist's mit diesem Rivalen?

– Dr. Roderich hat ihm den Laufpaß gegeben.

– Nun also, dann ist ja die Sache erledigt. Wenn übrigens Markus von der Existenz eines Rivalen gewußt hätte, würde er seiner in seinen Briefen gewiß Erwähnung getan haben. Er hat mir aber niemals auch nur die geringste Andeutung gemacht. Folglich ist der ganzen Angelegenheit keine Bedeutung zuzumessen.[12]

– Gewiß nicht, lieber Vidal; trotzdem scheint die Bewerbung dieser Persönlichkeit um die Hand des Fräulein Roderich in Ragz bemerkt worden zu sein und hat etwas mehr Aufsehen gemacht. deshalb meine ich, es ist besser, Sie seien darüber aufgeklärt.

– Gewiß! Sie hatten sehr recht, mich darauf aufmerksam zu machen, nachdem es sich doch nicht um ein erfundenes Gerede handelt.

– Nein; die Mitteilung ist sehr ernst zu nehmen.

– Aber die Sache selbst ist es nicht mehr, erwiderte ich, und das ist die Hauptsache!

Als ich Abschied nehmen wollte, fiel mir noch eine Frage ein:

– Sagen Sie mir, lieber Freund, hat der ungarische Offizier Ihnen gegenüber den Namen des heimgesandten Rivalen erwähnt?

– Ja.

– Wie heißt er?

– Wilhelm Storitz!

– Wilhelm Storitz?... Der Sohn des Chemikers, vielmehr, des Alchimisten?

– Derselbe.

– Welch ein berühmter Name!... Derjenige eines Gelehrten, welchen seine Entdeckungen sehr bekannt gemacht haben!

– Und auf den Deutschland sehr stolz ist, und mit vollstem Rechte, mein lieber Vidal.

– Ist er nicht schon gestorben?

– Ja, vor einigen Jahren, aber sein Sohn lebt und dieser Wilhelm Storitz scheint sogar – den Aussagen meines Gewährmannes nach – ein beunruhigender Mensch zu sein.

– Beunruhigend?... Was meinen Sie mit diesem Epitheton, lieber Freund?

– Ich weiß es selbst nicht genau... aber wenn ich dem Offizier der Gesandtschaft Glauben schenken darf, ist Wilhelm Storitz nicht wie alle Welt, nicht ganz normal veranlagt.

– Donnerwetter! rief ich und lachte, jetzt beginnt die Sache aufregend zu werden! Ist vielleicht der abgewiesene Freier mit drei Beinen oder vier Armen ausgestattet oder verfügt er über einen sechsten Sinn?[13]

– Man hat mir nichts Genaues darüber mitgeteilt, sagte mein Freund, gleichfalls lachend. Trotzdem vermute ich, daß die Bemerkung mehr auf den seelischen als auf den körperlichen Wilhelm Storitz anzuwenden wäre! Und wenn ich recht verstanden habe, ist es angezeigt, sich vor ihm in acht zu nehmen....

– Man wird sich in acht nehmen, lieber Freund, wenigstens bis zu dem Tage, an dem Fräulein Myra Roderich den Namen Frau Markus Vidal tragen wird.«

Und ohne mich weiter über das eben Gehörte aufzuregen, drückte ich herzlich die Hand des Polizeileutnants und trat dann den Heimweg an, um die letzte Hand an meine Reisevorbereitungen zu legen.

Quelle:
Jules Verne: Wilhelm Storitzߣ Geheimnis. Bekannte und unbekannte Welten. Abenteuerliche Reisen von Julius Verne, Band XCVIII, Wien, Pest, Leipzig 1911, S. 5-14.
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