14. Der Sklave

[240] Juli 1776.


Das heischere Geschrei nach Freiheit ... macht auf alle Menschen, die ihren Kohl in Frieden bauen und wenig auf die Regierung achtgeben, worunter sie ihn bauen, einen höchst widrigen Effekt.

Wieland.


Bei meinem lieben Topf voll Reis

Verschmaus' ich, Sklav des großen Deys,

Der Freiheit Last und Kummer.

Von Ketten lieblich eingeklirrt,

Schlaf' ich, bis früh die Peitsche schwirrt,

Der Arbeit süßen Schlummer.


Zwar schnaubt mein Dey: Du Christenhund!

Und geißelt mir den Rücken wund,

Und sieht aus wie der Teufel:

Doch jeder hat so seinen Tick;

Und ich verwette mein Genick,

Gut meint er's ohne Zweifel!


Wenn ihr nur seinen Tick nicht reizt,

Und ihm so vor der Nase kreuzt,

Maltesische Verschwörer!

Der Christen Freiheit rächet ihr?

Bei Machmuds Bart! das fühlen wir!

Ihr seid nur Friedensstörer!


Quecksilber hat der Narr im Kopf,

Der nicht mit Lust bei deinem Topf,

Korsarenvater, bleibet!

Du bist ja Herr, und wir sind Knecht!

Das wollte Gott und Völkerrecht!

Ein Meuter, wer sich sträubet!
[241]

Das Vaterland? Was Vaterland!

Der Topf, der Topf ist Vaterland!

Das übrige sind Fratzen!

Da sollt' ich mich dem wilden Meer

Und Sturm vertraun, und hinterher

Um Brot die Ohren kratzen!


Bei meinem lieben Topf voll Reis,

Genieß' ich, Sklav des großen Deys,

Hans Ohnesorgens Freuden!

Und wenn ich einst bei Laune bin,

So geh' ich zu dem Mufti hin,

Und lasse mich beschneiden!


Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 49, Stuttgart [o.J.], S. 240-242.
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