Wilhelm Waiblinger, der mit fünfundzwanzig Jahren dahingegangene, an der Pyramide des Cestius schlafende schwäbische Romantiker, ist ein Vergessener. Kaum erwähnen ihn die Literaturgeschichten, diese literarischen Friedhöfe, in denen so wenig Unterschied zwischen wirklich erstorbener und weiterlebender Dichtung gemacht zu werden pflegt. Was Waiblinger geschrieben, ist keineswegs alles tote Literatur. Aber kein deutscher Verleger unsrer so drucklustigen Tage wagt es, seine unveröffentlichten Briefe und Tagebücher zu retten, geschweige denn eine würdige Gesamtausgabe seiner Werke zu bringen.

Das vorliegende Jugendwerk des Dichters, 1823 in wenigen hundert, heute bis auf zwei oder drei verschollenen Stücken gedruckt, fehlt in den 1839, neun Jahre nach Waiblingers Tode, von H.v. Canitz veranstalteten »Gesammelten Werken«.

Vielleicht ist es dem Herausgeber vergönnt, dem »Phaethon« eine vollständige Ausgabe[5] der zum Teil noch ungedruckten Gedichte Waiblingers, die selbst neben denen Hölderlins ihren seltsamen Silberglanz nicht verlieren, folgen zu lassen.


Dresden, am Silvesterabend 1919,


Dr. Arthur Schurig[6]

Quelle:
Wilhelm Waiblinger: Phaeton. Teil 1 und 2. Dresden 1920, S. 5-8.
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