Fünfter Auftritt

[332] Bilau, Grundmann, die Vorigen. Später Käthe, noch später der Bauer Hans.


BILAU eilig. Frau Räthin, darf ich es glauben? Hat mich der Junge nicht genarrt? Sie geben meinem Sohne Ihre Tochter? Ja? – Antworten Sie nicht, es ist wahr, Freude strahlt aus aller Augen. O ich glücklicher Vater, so werden endlich meine Wünsche erfüllt. – Frau Räthin – Brautmutter – Schwiegermutter – Tochter – Sohn – Freund – kommt her, alle zu mir! – Ihr glaubt ihr seid glücklich? Ich bin es mehr. Ihr fühlt nur für Euch, ich für Euch alle; Jahre lang habe ich mich nach diesem Augenblick gesehnt – er ist erlebt – er ist gekommen, Gott sei Dank, er ist gekommen!

FERDINAND. Vater! Diese Braut war doch werth – Stellt ihm Rosalie vor.[332]

BILAU. Daß Du auf sie gewartet.

LANGERS. Dieses Mädchen verdient Stellt ihm Julie vor.

BILAU. Den Himmel auf Erden.

LANGERS. Sie finde ihn bei mir.

BILAU. Nun soll das Morgen ein Spektakel werden – zwei Hochzeiten.

GRUNDMANN. Muß gehorsamst erinnern – drei.

FERDINAND. Drei?

BILAU. Richtig – bald hätte ich vergessen, daß ich selbst Bräutigam bin.

FERDINAND. Vater, Sie wollten –

BILAU. Drei Hochzeiten feiern.

FERDINAND. Sie sagten ja, wenn ich –

BILAU. Die Sache ist zu weit gekommen, ich kann nicht mehr zurück.

FERDINAND. Wenn ich Sie bitte, beschwöre –

BILAU. Alles umsonst – drei Hochzeiten giebts – und[333] damit Du siehst, daß es mein Ernst ist, so habe ich Dir die Frau Mutter gleich mit gebracht.


Holt Käthe an der Thüre, und stellt sie in die Mitte des Theaters.


Nun, wie gefällt euch die Braut?


Alle sind bestürzt.


Keine Antwort – – alle stehen gewendet – Ihr seht mir das Mädchen nicht einmal an? O wartet nur, ich bringe die Köpfe gleich herum. – Kinder! Ich bin nicht der Bräutigam.

ALLE wenden sich. Nicht?

BILAU holt Hans herein, und stellt ihn neben Käthe. Dieser ists –

ALLE. Dieser?

GRUNDMANN lacht vergnügt. Endlich im Klarem –

KÄTHE. Alter Herr, ist das wahr?

BILAU. Wahr –

KÄTHE. Er will mich nicht heirathen?

BILAU. Ist mir nie in den Sinn gekommen,

GRUNDMANN hustet. Hem hem!

BILAU deutet. Pst –[334]

KÄTHE. Und Hans wird mein Mann?

BILAU. Hans – es könnte ja kein anderer mit Dir auskommen.

KÄTHE. Ja, das ist wahr – aber – der Vater wird mich. Deutet Schläge.

BILAU. Ohne Sorge, ich habe ihm die Schläge abgekauft. Morgen kommt er in die Stadt, Ihr werdet Mann und Frau.

KÄTHE. Hans!

HANS. Käthe!

KÄTHE. Hast Du es gehört? Mann und Frau?

BILAU. Ihr bekommt Haus und Hof.

KÄTHE. Haus und Hof?

BILAU. Wiesen und Felder.

KÄTHE. Was? Ich bekomme Haus, Hof, Wiesen, Felder, und meinen Hans?

BILAU. Und Deinen Hans.

KÄTHE fällt auf die Knie. Hans! Fall auf die Knie, hilf mir danken –

HANS. Gott schenk ihm langes Leben.[335]

KÄTHE. Das ist zu wenig Hans; er ist so gut, er darf gar nicht sterben. Ists denn auch wahr? Gewiß wahr?

BILAU. Da, Giebt Hans und Käthe zusammen. und da, Giebt Rosalie und Ferdinand zusammen. und da, Langers und Julie. Wie sie gepaart stehen, wie in der Arche Noe. Sie Frau Räthin geben mir die Hand; wir treten nicht mehr in den Ehestand, aber wir sind morgen die Ersten in dem Tanzsaale, und eröffnen den Ball. Nun – Sieht alle an. hab ichs so recht gemacht? Seid Ihr zufrieden?

ALLE DREI PAARE. Glücklich und zufrieden.

BILAU. Alle Jahre an diesem Tage will ich Euch wieder fragen, und wer mir da nicht offen wie heute in die Augen sehen kann, darf nicht am Ehrentische sitzen. – Kinder, haltet fest aneinander – alle Stürme des Lebens trägt man leicht, wenn der Ehestands-Himmel hell und heiter bleibt; und zieht einmal ein Wölkchen auf, so wirke der Mann mit Kraft –

RÄTHIN. Das Weib – mit Geduld und Liebe.

ROSALIE UND JULIE geben Langers und Ferdinand die Hand, und sagen. Mit Geduld –

LANGERS UND FERDINAND. Und Liebe –

ALLE. Ewig bleib es so!


Der Vorhang fällt.


Quelle:
Johanna Franul von Weißenthurn: Neueste Schauspiele. Band 9, Berlin 1821, S. 332-336.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Welcher ist der Bräutigam
Welcher ist der Bräutigam?

Buchempfehlung

Kleist, Heinrich von

Die Hermannsschlacht. Ein Drama

Die Hermannsschlacht. Ein Drama

Nach der Niederlage gegen Frankreich rückt Kleist seine 1808 entstandene Bearbeitung des Hermann-Mythos in den Zusammenhang der damals aktuellen politischen Lage. Seine Version der Varusschlacht, die durchaus als Aufforderung zum Widerstand gegen Frankreich verstanden werden konnte, erschien erst 1821, 10 Jahre nach Kleists Tod.

112 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon