Andrer Auffzug.

[21] Cornelis, ein Cammerdiener. Mierten, der Bauer.


CORNELIS. Ihr Gnaden / einen schöne glückseeligen guten Morgen / ich hoffe / Sie werden wohl geruhet haben.

MIERTEN ad Spect. Itzund beseh ich mich erst in meinem Elende / daß ich halb nackend bin: Ich muß wieder in mein Nest krichen. Läufft ins Bette.

CORNELIS. Ihr Gnaden werden vielleicht länger ruhen wollen / drum muß ich um Verzeihung bitten / daß ich so unverschämt bin herein gangen.

MIERTEN. Hört doch / wen seyd ihr?

CORNELIS. Ihr Gnaden werden ja ihren alten Cammerdiener kennen / sie haben mir gestern befohlen / daß ich um diese Zeit auffwarten soll / drum wolt ich fragen / was sie vor ein Kleid verlangten.

MIERTEN. Wolt ihr einen Narren haben / so schafft euch einen / es ist erlogen / daß ihr mein Cammerdiener seyd.

CORNELIS. Das wäre mein grosses Unglücke / wenn ihr Gnaden mich nicht kennen wolten.[21]

MIERTEN. Ich bleibe darbey / ich kenne euch nicht / ich bin ein Bauer / und muß mir meinen Stall selber ausmisten / wo solt ich denn einen Kerlen herkriegen / der mein Cammerdiener wäre.

CORNELIS. Wer hat denn gesagt / daß ihr Gnaden ein Bauer sind.

MIERTEN. Ich sags / und wers nicht glauben will / dem will ichs mit meiner Sprache beweisen.

CORNELIS. Die Sprache klingt nichts anders / als sie gestern geklungen hat.

MIERTEN. Das weiß ich wohl / gestern soff ich im Wirths-Hause zur güldenen Lichtputze / da klang meine Sprache eben so / aber wo ich ietzo bin / das weiß ich nicht.

CORNELIS. Sie sind in ihrem Bette / da sie viel Jahre nach einander drinne geschlaffen haben.

MIERTEN springt im Zorne heraus. Wo ich in dem Bette viel Jahre geschlaffen habe / so will ich ein Schelme seyn.

CORNELIS. Ihr Gnaden erzürnen sich doch nicht / es ist ja sonst wieder ihre Gewohnheit / daß sie so wunderlich thun.

MIERTEN. Ey Gewohnheit hin / Gewohnheit her / solt ich nicht wunderlich thun / wenn ich nicht weiß wo ich bin.

CORNELIS. Ihr Gnaden sind auff dem Fürstl. Schlosse.

MIERTEN. Ja das wirds Fürstl. Schloß seyn / es hätte ein Geschicke mit mir.

CORNELIS. Ihr Gnaden schertzen nur nicht mit dero Diener / sie belieben doch zu befehlen / was sie vor Kleider verlangen / die gestrigen Herren möchten herein kommen / und da würde es nicht feine stehen / wenn sie gar ungekleidet herum gehen solten.

MIERTEN. Schwert doch auff eure arme Seele / daß ihr mich nicht zum Narren habt.

CORNELIS. Ihr Gnaden wissen wohl / daß dieser Schwur zu Hofe nicht mode ist / und man gläubet seinen Kammerdiener wohl ungeschworen / daß er sich gegen seinen Herrn so nicht versündigen wird.

MIERTEN. Nun da steh ich / und soll mit Gewalt ein grosser[22] Herr seyn / wo sind meine Stieffeln / wo ist mein Zippelpeltz / wo ist meine Pechmütze?

CORNELIS. Ihr Gnaden wollen gewiß sagen / wo die verschammerirte Kappe ist / die sie gestern vom Schneider bekommen haben?

MIERTEN. Wo hab ich gestern ein Kleid vom Schneider kriegt?

CORNELIS. Allerdings haben sies gestern vom Schneider bekommen: Wer es nicht glauben will / dem kan ichs mit dem Zettel beweisen.

MIERTEN. Ie nun wo ein Zeddel da ist / so muß wohl wahr seyn: Aber das weiß ich gewiß / ich bin der Kerle nicht / ob meine Seele in einen grossen Herren gefahren ist / davon kan ich nicht reden.

CORNELIS. Ihr Gnaden belieben unbeschwert in das Bette zu gehen / ich höre daß iemand kommen will.

MIERTEN. Nu heiß ich ihr Gnaden / vorzeiten hat ich manchmahl Thiere / die mir im Barte nistelten / die lebten meiner Gnade. Aber das ist nun das dritte mahl daß ich ins Bette kriechen muß.


Quelle:
Christian Weise: Ein wunderliches Schau-Spiel vom niederländischen Bauer. Stuttgart 1969, S. 21-23.
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