Sechster Auffzug.

[87] Mierten, der Bauer. Philippus, der Hertzog. Wilhelm, Stall-Meister. Heinrich, Cammer-Juncker. Hernach Robert, Cammer-Herr.


MIERTEN. Wo seyd ihr hin / ihr Rabenäser? Seht ihr / was ein Fürste für einen blossen Degen hat. Nun ich muß noch weiter dran / den Tag muß ich noch einen Todschlag begehen / was wäre ich vor ein Fürste / wenn ich nicht Blut vergiessen könte. Rauß ihr Schelmen / ihr Diebe rauß /[87] und schafft mir einen Kerlen / den ich todtschlagen kan / sonst bin ich vor euer eigen Leben nicht gut.

PHILIPPUS kömmt. Wie stehts guter Freund? Die Gasterey wird gewiß mit einer scharffen Gesundheit seyn beschlossen worden.

MIERTEN. Wer seyd ihr?

PHILLIPPUS. Herr Fürste / könnt ihr euren Wohlthäter nicht?

MIERTEN. Ich thäte was auff meinen Wohlthäter / ich gehe rum und suche Händel / wer mir keine zuweisen will / der ist mein Feind.

PHILLIPPUS. Mit uns wird niemand Händel anfangen.

MIERTEN. Warum nicht / ihr seyd mir auch wohl nicht zu hoch geschoren darzu.

PHILLIPPUS. Sachte sachte / die Kurtzweile will zu Hofe raum haben.

MIERTEN. Was? Wer soll mir befehlen / daß ich sachte rede / soll ich meine helle Stimme verläugnen / Heysa sa sa sa sa / das geschieht dir zum Bravade / und willstu es nicht leiden / so will ich die Stücke von meinen fünff Fingern unter die Nase reiben / daß dir die Rede auff vierzehn Tage vergehen soll.

PHILLIPPUS. Der Kerle ist fertig / das Spiel ist aus / wo sind unsere Bediente die ihn fortschaffen? Sie kommen alle heraus / er will sich nicht geben / sie schleppen ihn fort. Nun mag er in seinen Bauer- Kleidern den Rausch an den vorigen Orte wieder ausschlaffen / doch das Exempel soll uns zu einer guten Nachricht dienen / daß wir ins künfftige keiner Bauer-Lust sonderlich verlangen werden.

ROBERT. Das Volck ist zur Arbeit geschaffen / und wenn es nur einen Tag von dieser Intention abweichet / so gehet das Uhrwerck schon unrichtig.

WILHELM. Wenn es so viel zu essen hat / als zur täglichen Nothdurfft erfordert wird / so ists am frömsten / und wenn es solchen Tranck geneust der nicht viel in die Köpffe steigt / so ist er am klügsten.[88]

HEINRICH. GOtt hätte so leicht seiner Allmacht nach / die Flüsse mit Weine füllen können / doch bey so bestallten Sachen / müsten wir vor den Bauern aus der Welt entlauffen.

ROBERT. Das unverworrene Volck ist der Conversation nicht gewohnet / also muß der Trunck zu unhöfflichen Possen Anlaß geben.

WILHELM. Sie sind zu unverständig / und halten das vor keine Sünde / welches bey uns sehr übel ausgeleget wird.

HEINRICH. Ich halte davor / sie sind zu ehrlich / sie gedencken der Affect / der im Hertzen verborgen liegt / der muß auch alsobald im euserlichen Wercke gewiesen werden.

ROBERT. Der Discurs wäre von grossen Nachdencken / ich möchte fast daher also raisoniren: Wir sind alle Bauern; Doch welcher den Bauer im Hertzen verbergen kan / daß er nicht an das Tage-Licht kommen kan / der wird ein qvalificirter Hoffmann genennet.

WILHELM. Das ist gewiß / wir sehen es an unser Jugend / was sie offtermahls bey der geringen Debauche vor ungeschickte Händel vornimmt / da hingegen ein alter Practicus sein Gläßgen Wein mit besserer Geschickligkeit gemessen kan.

HEINRICH. In allen Dingen muß die Ubung was ausrichten / wer in voller weise manches mahl zu Schaden kömmt / der weiß sich mit der Zeit besser in acht zu nehmen.

PHILLIPPUS. Und diese vernunfftmäßige Reden haben wir den Bauer zu dancken.

ROBERT. Gnädigster Herr / muß doch ein Mensch offmahls von unvernünfftigen Thieren was lernen / warumb soll man sich allezeit eines Lehrmeisters schämen / der gleich unter die vernünfftigen Menschen gezehlet wird.

PHILLIPPUS. Und ein Fürste braucht in seinem Lande allemahl mehr solche Bauern / als andere / von dem sich die Bauern sollen vexiren lassen.

ROBERT. Ein grosser Fisch braucht zu seiner Nahrung viel kleine.

WILHELM. Ein Baum hat mehr unnütze Blätter als kräfftige Früchte.[89]

HEINRICH. Im Gold-Ertzte findet man mehr geringe Schlacken als rechtes Metall.

PHILLIPPUS. Wir freuen uns auff den morgenden Tag / da müssen wir sehen / daß der Bauer den Traum in unser Gegenwart erzehlen muß.

ROBERT. Wir wollen Gelegenheit dazu finden / wenn er auffwacht / soll er durch unsere Pursche gefangen angegriffen werden.

PHILLIPPUS. Man könte ihn auch beschuldigen / als hätte er denselben Tag einen Todschlag begangen da er doch geschlaffen hat.

ROBERT. Nach Euer Durchl. Gefallen wird das lustige Nachspiel eingerichtet werden.

Quelle:
Christian Weise: Ein wunderliches Schau-Spiel vom niederländischen Bauer. Stuttgart 1969, S. 87-90.
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