Achter Auffzug.


[171] Die Vorigen. Poto, Sbinko, Landstände auffs Königs Seite. Lesko, Heyno, Soldaten. Christoffel, der Heldermeister von Zittau.


LESKO zu Czenko. Auff Befehl der Königlichen Landstände in Böhmen gieb dich gefangen.[171]

HEYNO zu Woko. Und auff eben diesen Befehl gieb das Gewehr von dir.

CZENKO. Wer will mir befehlen?

WOKO. Und wer will mir das Gewehre vom Leibe nehmen / das ich zur Wolfarth des Königreichs angegürtet habe?

LESKO. Ich will es thun.

HEYNO. Und der hat es befohlen / der einem jedweden insonderheit zu befehlen hat.

CZENKO. Weicht / oder ich begehe einen Todschlag.

LESKO. Wir haben noch keine Ordre / daß wir einen Todschlag begehen sollen.

HEYNO. Solche Landsverräther braucht man wohl lebendig.

POTO. Wie lange sollen wir zusehen / daß dem hohen Befehle nicht gefolget wird?

SBINKO. Wollt ihr das jenige nun abwenden / das euren hochmüthigen Bruder betroffen hat?

CZENKO. Eben dieser Bruder soll wegen dieses Schimpffes Rache suchen.

POTO. Eben dieser Bruder sitzt in dem eusersten Gefängnüß / da er ohn allen zweiffei an keine Rache gedencken wird.

CZENKO. Wie mein Bruder? im Gefängnüß?

POTO. Ja dein hochmüthiger Bruder / der die Königin verführet hat / der das Leben des jungen Königes zu seinem[172] Mahlschatze erwehlet hat / der sich als ein Sclave die Hoffnung zur Krone gemachet hat / dieser hat sich numehr unter die Fessel gedemütiget.

CZENKO. Es ist nicht wahr / daß sich mein Bruder gedemüthiget hat / er kan gedrucket / aber doch zu keiner kleinmüthigen Erkäntnüß gebracht werden. Da steh ich / und nimmermehr will ich die Schande haben / daß ich mich der bißherigen Anschläge schämen solte.

WOKO. Ach Herr Bruder / wir müssen dem Glücke weichen.

HINKO ad spectatorcs. Und ich will dem Glücke entlauffen / ehe von meiner Person was kan gedacht werden. Gehet ab.

WOKO. Ich sage es noch einmahl: Wir müssen dem Glücke weichen.

CZENKO. Ich dachte wir müssen uns dieser RESOLUTION schämen. Der Himmel zerschmettre mich in tausend Stücke / wofern ich mich zu dieser Parthey bekennen will.

WOKO. Wer in dem Unglücke trotzig ist / der thut sich selber schaden. Er kniet vor Wentzeln. Ach gnädigster König / ist noch eine Gnade vor denselben übrig / der sich am ersten das Verbrechen thauern läst?

POTO. Stehet auff / wer sich eines bessern besinnen will / der soll an dem heutigen Tage keines Unglücks gewärtig seyn.

CZENKO. Ich will aber meines Unglücks erwarten / und drum schafft mir doch bey Zeiten einen Ort / da ich in meiner Einsamkeit nach meinem belieben dencken kan.

POTO. So thut doch der Bestie ihren Willen / weil sie nichts als Einsamkeit verdienet hat.[173]

CZENKO. Ja hier gehet ein Mensch / den nichts hat überwinden können als Unglück. Er wird weggeführet.

POTO. Aber gnädigster König / es wird uns nicht zugerechnet werden / daß wir uns der Feinde eher versichert haben / ehe wir mit unsrer demüthigsten Schuldigkeit haben erscheinen können. Sie haben dem Königreiche mit einer grossen Wohlthat beygewohnet / daß sie dem gefährlichen Ungewitter in etwas verwichen sind: doch nun werden sie desto williger das betrübte Volck wiedrum erfreuen / werden sich auch in der unfehlbaren Zuversicht befestigen lassen / das alle und jede getreue Unterthanen Guth und Blut vor dero Königliche Person / und vor das Auffnehmen des gesamten Königreichs freywillig auffsetzen werden.

SBINKO. Ja gnädigster König / nun wird sich die unterthänigste Stadt Prage zum höchsten erfreuen können / daß dieselbe sie in ihrer Sicherheit demüthigst wieder umfassen kan / welchen sie bißhero bey so gefährlichen Zeiten mehr als zu gerne von sich gelassen hat.

WENTZEL. Lebt zu frieden / ihr lieben Getreuen. So wohl als GOTT vor meine Person gesorget hat / so wohl will ich auch mein wichtiges Ampt beobachten / und auff die Wohlfarth des gesamten Königreichs mein Absehen richten. Doch ihr liebsten Zittauer / habt schönen Danck vor diese Liebe / damit ich bin vergnüget worden. Hat mein Herr Vater das Untertheil der Stadt bauen können / so will ich noch eine Neue-Stadt dran hengen. Führet den Löwen / und den Adler / nebst den nachdencklichen Buchstaben Z im Wappen / und die zwey Flügel / welche schwartz und gülden spielen / sollen das Zeichen einer güldnen Fruchtbarkeit biß auff die späte Nachkommenschaft erhalten. Lebet wohl / und gedencket / daß König WENTZEL seiner liebsten Zittauer nimmermehr vergessen werde.[174]


Alle fangen an zu schreyen: Vivat König Wentzel, Vivat König Wentzel, und unter solchem Geschrey können die vorigen Schäfer wieder zurücke kommen / und folgenden Glückwundsch anbringen.


GENIUS ZITTAVIÆ. Großmächtigster König / zukünfftiger Trost dieses Landes. Er nehme den Seegen von uns mit in seine RESIDENZ, und lasse den Segen seiner Königlichen Gnade hingegen bey uns zurücke.

I. Es wachse dero Königliches Hauß / wie die Rosen an den Bächen.

II. Der König / der über viel Flüsse zu gebieten hat / werde. hierdurch zum Zeichen eines fruchtbaren Segens.

III. So viel als Felsen in diesem Lande seyn / so vielfältig sey der Grund seines Königlichen Glückes.

IV. Wer die Bäume in dem Walde zehlen kan / der unterstehe sich dero Königliche Wohlfarth zu zehlen.

V. Gleich wie das Gebürge einen weiten PROSPECT hat / also werde dessen Glückseligkeit allenthalben gesehen.

VI. Die Zittauische Gegend sey nichts anders als ein breiter Berg / der mit Königlicher Gnade fruchtbar ist.

VII. Und der König bewohne einen gesunden Berg / welchen keine Gefahr schrecklich macht.

VIII. Alle hohe Wälder in Böhmen müssen ihm zum Paradieße werden.


I. Diese Stadt / die einmahl die Ehre genossen hat / die zarte Person eines Königes in ihren Mauren zu bedienen / wird so viel Königliche Schlösser auffbauen / als die Einwohner Hertzen haben / und in allen wird die Residente keinem andern eingeräumet werden / als welcher von GOTT und Rechtswegen zu der Ober-Herrschafft dieses Landes kommen ist.[175]

II. Was bey diesem zarten Könige angefangen wird das soll hernachmahls unter viel Königen CONTINUIren / es soll unter viel glorwürdigsten Römischen Käysern getreulich fortgesetzet werden / es soll endlich unter dem gnadenreichen Schutze des Chur-Sächßischen Rauten-Stocks zu einer gesegneten Vollkommenheit gedeyen.

III. Zittau wachse vom König Wentzeln an / biß auff die hochlöbl. Chursächßische Regierung.

IV. Zittau wachse unter solcher Regierung biß an den Jüngsten Tag.

V. Es verfliesse ein Jahr nach dem andern: doch der Segen fange stets wieder von neuen an zu fliessen.

VI. Es verschwinde ein SECULUM nach dem andern / und allezeit habe man neue Gelegenheit zu JUBILIren.

VII. Alle Jähe wolle GOtt mit Friede beschliessen / und keines mit Kriege anfangen lassen.

VIII. Ja diese Schauspiele mögen zum Zeugnüsse dienen / daß Frieden und Segen im Lande gewohnet haben.

IX. Liebster König / hier ist ein Geschencke vom Gebürge / es ist ein Tannen-Zweig / wie dieser seine Blatter nicht fallen last / also wolle GOtt die Obrigkeit dieses Landes grünen lassen.

X. Hier ist ein Zweig von Fichten / sie bleiben auch in dem Winter beständig / also wird auch die getreue Stadt in Noth und Widerwärtigkeit ihre treue Devotion zu erhalten wissen.

XI. Hier ist ein Zweig von Kiefern / wie solcher allenthalben mit warmen und heilsamen Hartze gefüllet ist / so wird auch alles mit Liebe / mit heilsamer Pietät und mit beständiger Treue erkäntlich seyn.

XII. Hier ist ein Zweig von Wacholdern / er grünet / er hat Früchte / er hat einen süssen Safft / in Summa / GOTT gebe so viel / als man nach Inhalt dieses Sinnbildes wündschen und gedencken kan.[176]


I. Der König begiebt sich auff die Reise / wer es von Hertzen meinet / der lasse seinen Glückwundsch erschallen.

II. Der König bleibet mit seiner Liebe hier / und dessentwegen soll der Glückwundsch doppelt werden.

GENIUS ZITTAVIÆ. Ich will den Anfang machen / wer ein Zittauisches Hertze / oder im Hertzen eine Zittauische Liebe hat / der ruffe mir nach: Es wachse Zittau / und derselbe lebe / der über Zittau zu gebieten hat.


Sie ruffen dieses nach / unter Paucken und Trompeten / indessen zeucht sich König Wentzel herauß / daß er den Epilogum halten kan.


WENTZEL. Gleich jetzund war ich ein König / der über die Stadt Zittau gebieten kunte / nun verwandle ich mich in einem Diener / welcher sich dieser geliebten Stadt zu allergütigen Affection RECOMMENDIret. Und ich halte / wo das Andencken dieses glückseligen Königes nicht unangenehm gewesen ist / so wird auch niemand von diesem Spiele unvergnügt nach Hause gehen. Sie leben allerseits wohl / und gemessen den Segen / welchen König WENTZEL fast vor einer Zeit von 400. Jahren wol gestifftet hat. Ja das hohe Churhauß Sachsen / welches numehr die unvergleichliche Wohlthat aus Böhmen mit vielfältigen Zusätze CONTINUIren soll / habe noch ferner das Glücke / damit dero Gräntzen in Friede behalten / die gesamten Unterthanen allerseits in gesegneten Wachsthum angetroffen / auch alsodann diese geliebteste Gegend unter dem kräfftigen Schatten des unverwelcklichen Rauten-Krantzes von allen gifftigen Unwesen kräfftigster massen beschützet werde.

Quelle:
Christian Weise: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1971 ff..
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Komtesse Mizzi oder Der Familientag. Komödie in einem Akt

Komtesse Mizzi oder Der Familientag. Komödie in einem Akt

Ein alternder Fürst besucht einen befreundeten Grafen und stellt ihm seinen bis dahin verheimlichten 17-jährigen Sohn vor. Die Mutter ist Komtesse Mizzi, die Tochter des Grafen. Ironisch distanziert beschreibt Schnitzlers Komödie die Geheimnisse, die in dieser Oberschichtengesellschaft jeder vor jedem hat.

34 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon