Neundter Aufftrit.


[72] Die Vorigen und Angelo.


ANGELO. Ach ist niemand / der uns den erbärmlichen Schaden beklagen hilfft?

PHILOMARINI. Mein Freund / giebt es wieder ein neu Unglück?

ANGELO. Ach / der wunderschöne Pallast / welchen der Spanische Rathsherr Antonius de Angelo hat aufführen lassen / der fällt nunmehr unter den muthwillen des Pöbels in einen schändlichen Stein- Hauffen.

GHIRARDINI. Wohl / es ist derjenige / welcher bey Zeiten des vorigen Vice-Roy manche Einfälle hatte / neue Aufflagen einzuführen.

ANGELO. Der ehrliche Mann muß nunmehr vor seine Sicherheit büssen. Gestern hatten jhm etliche verwegene Buben die Thür eingeschlagen / und da mangelt es jhm an Zeit nicht / wenn er seine beste Sachen hätte salviren wollen. Allein er gedachte / weil er ein Gelehrter wäre / so würde sich das Volck an ihm nicht vergreiffen.

GHIRARDINI. Eine grosse Einfalt von dem Gelehrten Herren. Wo der Vice-Roy mit seinem Respecte liegt / da wird eine Studier-Stube wenig verschonet werden. Doch ist die Beute groß gewesen?

ANGELO. Es muß alles auf den Holtz-Hauffen; so gar seine zwo schöne Carossen / samt vier köstlichen Pferden und zwey Maul-Eseln / denen sie das Eingeweide auß dem Leibe rissen / und solches nebst den todten Aessern in die Gluth worffen / welche mit etlichen Fässern Oel zu guter Nahrung gebracht ward.

GHIRARDINI. Es ist grausam genung.

ANGELO. Ein Diener offenbarte tausend Cronen / welche in dem Miste verborgen waren / und also muste dieses Gold auch in den grossen Schmeltz- Tiegel.[73]

GHIRARDINI. Wo wird die wunderschöne Bibliothec geblieben seyn?

ANGELO. Ach / das wird am meisten beklagt: So viel 1000. Cronen als sie gekostet hat / so unbarmhertzig hat sie auf den grossen Feuer-Hauffen folgen müssen.

GHIRARDINI. Es ist ein allgemeines Unglück / welches die meisten Bibliothecken verderbet und viel gelehrte Schrifften der Nachwelt aus den Augen gerissen hat.

ANGELO. Aber wil sich niemand erbarmen / daß die andern Raritäten von Neapolis nicht auf einmahl zu Grunde gehen?

PHILOMARINI. Ich mercke wohl, wer itzo bey dem Pöbel was erhalten wil, der muß ein Geistlicher seyn.

GHIRARDINI. Ja es muß ein Ertz-Bischoff seyn.

PHILOMARINI. So wollen wir keinen Fleiß sparen. Jhr andern verfüget euch in das Castell / ob etwan der Vice-Roy die verlangten Sachen beschleunigen wolte.


Quelle:
Christian Weise: Masaniello. Stuttgart 1972, S. 72-74.
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