Erster Aufftrit.


[87] Carlo, Donato.


CARLO. Es ist mir von Hertzen lieb / daß jhr Excellentz gewilliget haben / das Privilegium Caroli V. zu übersenden / und weil ein Eigenhändiger Brieff darbey ist / so wird sich das Volck um so viel desto geschwinder besänfftigen lassen.

DONATO. Es ist ein wichtiges Werck. Das vergangene kan nicht gebessert werden / und die gegenwärtige Besserung scheinet dem Respecte jhrer Königlichen Majestät entgegen zulauffen.

CARLO. Jhr Eminentz der Herr Ertz-Bischoff werden diesen Vorschlag auf jhre Verantwortung nehmen.

DONATO. Der Staat dieses Reiches ist nicht an den Ertz-Bischoff / sondern an den Vice-Re gewiesen.

CARLO. Doch im Fall der Noth ist ein jedweder angenehm / der sich mit einem guten Rathe hervor thut.

DONATO. Das Schreiben ist schon von etlichen von Adel fort geschickt / also werden wir bald vernehmen / was jhr Eminentz vor Autorität beitragen werden.

CARLO. Wie solt es aber gehn / wenn der Hertzog Caraffa eine Glosse darüber machte?

DONATO. Jhr Gnaden reden zu dunckel.[87]

CARLO. Der Herr Secretarius wil es nicht wissen. Es wird etwas beschlossen / welches kein ehrlicher Neapolitaner wünschen kan.

DONATO. Jhr Gnaden halten mich entschuldigt / daß ich von keiner schädlichen Sache Wissenschafft gehabt. Doch sag ich dieses / jhr Excellentz werden sich nimmermehr etwas gefallen lassen / dadurch die Wohlfahrt dieses Königreichs vermindert würde.

CARLO. Solte man hier zu Hofe mit den Banditen in keiner Vertrauligkeit stehen?

DONATO. Ich rede mit einem vornehmen Freunde / welchem ich wohl etwas vertrauen kan. Es ist an dem / daß sich der Hertzog Caraffa anerbothen hat / dem Auffruhr ein Ziel zustecken. Indem er sich aber dabey heraus gelassen / wie solches vor dem Ausgange keinem Menschen dürffe offenbahr werden: Also werden jhr Exellentz auch entschuldiget seyn / wenn etwas wieder die offenbahre Billigkeit lauffen solte.

CARLO. Hertzog Caraffa scheinet mir zu hitzig. Vielleicht legt er ein Feuer an / welches jhn selbst und viel andere rechtschaffene Leute verzehren möchte.

DONATO. Wir müssen dem Unglück auf Seiten des freyen Volckes den Lauff lassen: Wer wil nun die Anschläge verhindern / welche man auf Seiten des Adels ersinnen möchte?

CARLO. Ich möchte dem Volcke ein Unglück von Hertzen gönnen / daß die Aufwiegler und die Mordbrenner zu rechter Zeit belohnet würden. Allein / wo der Vogel / den ich habe singen hören / dem Fischer-Knechte was zu Ohren trägt / so möchte ich mir die Flucht und den Pilgram-Stab erwehlen.

DONATO. Jhr Excellentz sind zum wenigsten unschuldig.

CARLO. Die Zeit ist kurtz / wofern ich von weiten zusehen wil / was in der Stadt nach Ubergebung der Briefe erfolgen wird.


Quelle:
Christian Weise: Masaniello. Stuttgart 1972, S. 87-88.
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