Sechster Aufftrit.


[126] Die Vorigen / Angelo, Laudato.


ANGELO. Ich erschrecke vor einem Tumulte / der in unser Hauß dringen wil.[126]

LAUDATO. Ach betrübte Zeit / da man bey dem höchsten Unrecht keinen Helffer und keinen Richter anruffen kan. Doch jhr Herren Vettern / wie steht jhr so melancholisch?

ALLEGRO. Da sind zwey Kerlen / die machen uns eine Glosse über die Melancholey.

NERI. Jhr Herren / wo kommen sie in dem Gewehr / so trotzig her / und wo dencken sie hinzu gehen?

ANGELO. Jhr Herren / braucht Bescheidenheit: es wird niemand von uns beleidiget.

NERI. Es ist der Herren jhr Glücke / daß sie noch in dem Pallaste sind. Wäre es auf der Gasse / so hätten wir Macht / jhnen die Hälse zu brechen.

LAUDATO. Behütte GOtt. So verfährt man nicht mit unschuldigen Personen.

BRUNO. Wer die Gesetze verachtet / der kan nicht unschuldig seyn. Unser General befiehlt dem Adel / daß sie ohne einige Wiederrede jhre Waffen in des Volckes Hände liefern sollen. Wo nicht so werden noch etliche Pech-Kräntze übrig seyn / die Ungehorsamen mit allen Ernste heimzusuchen.

ANGELO. Ach ist es an dem / daß der Herr General etwas begehret? hier ist unser Gewehr / und es stehet jhnen frey solches zu behalten / oder an uns wiederum zuverschencken.

NERI. Ich lobe der Herren Höfligkeit; wir wollen jhnen die Degen gern überlassen / doch mit dem Bedinge / daß sie dem Pöbel damit nicht in das Gesichte kommen.

LAUDATO. Euere Höffligkeit verdienet ein Trinckgeld.

BRUNO. Ob uns zwar bey Leib und Lebens-Strafe verboten ist keine Finantze zu machen / so wird doch vermuthlich kein Verräther zu gegen seyn. Und damit leben sie wohl.


Neri und Bruno gehen ab.


LAUDATO. Jhr guten Vettern / die Gefahr ist euch nahe gewesen.

LUBRANO. Das haben wir dem schönen Hoffmeister zu dancken.

CONVERSANO. Er wolt uns beschützen / darnach als die Noth[127] an den Mann gieng / so hät ich jhn wollen vor einen Hasen verkauffen.

LAUDATO. So jaget den unnützen Buben zum Hause hinaus / und erwartet unser in dem nechsten Cabinet, denn es wird uns besser anstehen / vor euer Glücke wachsam zu seyn.


Sie jagen jhn hinein.


LAUDATO. Wo ist auch in der Türckey so eine Dienstbarkeit erhöret worden? Soll nun der gemeine Pöbel über unser Gut / über unsern Leib / ja über unsere Adeliche Ehre gebieten können? Soll nun die gantze Stadt Neapolis den unauslöschlichen Spott in allen Historien davon tragen / daß so ein starcker und wohlgefaster Adel in wenig Tagen biß auf den eusersten Abgrund hinab gestürtzet ist?

ANGELO. Wer kan davor / wenn Vesuvius mit seinen Flammen ein Adeliches Schloß verderbet hat? und wer kan uns in der gantzen Welt beschuldigen / wenn die Flamme des allgemeinen Auffstandes unser Glücke ziemlich versengen soll.

LAUDATO. Es ist ein schlechter Trost; der Vesuvius kan durch Menschliche Gewalt nicht eingeschlossen werden: Doch ein Auffstand solte billich durch unsere Klugheit seyn hintertrieben worden. Und ich sage nochmahls / unsere Sicherheit / oder wie es heissen möchte / unser Hochmuth bringet uns in das Unglück.

ANGELO. Aber / was sollen wir thun? Sind wir nicht demüthig gnung?

LAUDATO. Das wollen wir thun / daß wir uns auf das Castell zu jhr Excellentz begeben / und inständig bitten / es möchte doch eine Versöhnung getroffen werden / wofern er uns noch lebendig wissen wolle.

ANGELO. Ich wil mich dieser Gesellschafft nicht entschlagen.


Quelle:
Christian Weise: Masaniello. Stuttgart 1972, S. 126-128.
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