Neundter Aufftrit.


[168] Ziegenbein. Urselchen.


URSELCHEN. Ey sagt mir doch das Ding noch einmahl.

ZIEGENBEIN. Jch bin ein ehrlicher Kerl / und ich hab es wohl verdient / daß mir die Leute flugs das erstemahl glauben.

URSELCHEN. O es geschieht nicht deswegen / ich höre so gerne von solchen Sachen reden. Ist ein Mann da der alles weiß?

ZIEGENBEIN. Ja es ist ein Mann da / der kan wahrsagen / als wenn ers aus einem Buche gelesen hätte.

URSELCHEN. Kan er auch den Jungfern wahrsagen?

ZIEGENBEIN. Ach er sagt ihnen / was sie vor Freyer haben / was sie vor Mittel und was sie vor Häuser kriegen sollen.

URSELCHEN. So weiß er auch was zukünfftig ist.

ZIEGENBEIN. Ach er prophezeyet den Leuten auf 100. Jahr hinaus.

URSELCHEN. Wenn aber die Leute nicht so lange leben?

ZIEGENBEIN. Da kan der Doctor nicht davor. Hätten sie gelebt / so wäre es geschehen.

URSELCHEN. Darff auch eine Jungfer meines gleichen zu ihm kommen?

ZIEGENBEIN. Solche Leute seyn ihm am liebsten.[168]

URSELCHEN. Doch er wird viel Geld haben wollen.

ZIEGENBEIN. Ach nein / wenn er einen Patienten hat / so läst er sich nicht eher bezahlen / als biß er gesund ist; Und wenn er einem wahrsaget / so begehret er kein Geld biß es eingetroffen hat.

URSELCHEN. Wenns aber in 100. Jahren erst eintrifft?

ZIEGENBEIN. So läst er sich erst in 100. Jahren bezahlen.

URSELCHEN. Je nun meine Eltern haben wol hübsche Mittel / aber daß sie mir viel Geld in Händen liessen / das ist nicht wahr. Wenn er 100. Jahr mit mir warten will / so will ich doch zu ihm gehen.

ZIEGENBEIN. Jungfer das soll euch nicht reuen. Er weiß mit den Leuten so hübsch um zu gehen / und gemeiniglich propheceyet er lauter schöne Sachen. Und mich deucht es ist so hübsch / daß sich ein Mensch so fein darnach richten kan. Doch ich habs gesagt / ich muß sehen was mein Camerade machet / daß wir unser Geld verdienen.


Gehet ab.


Quelle:
Komödien des Barock. Reinbek bei Hamburg 1970, S. 168-169.
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