XLVIII.

[67] Das Letzte / darüber wir gern censiren wollen / ist die überflüßige Klugheit / dabey mancher betrogen wird. Warum lässet sich mancher auslachen / wen jhm eine Respublica Platonica im Kopffe steckt / da alles recht und gleich zugehen sol; als eben darum / weil solche Grillen zwar im Kopffe können ausgesonnen / nicht aber im Wercke selbst geliefert werden.[67] Das heist / der Herr war gar zu klug; der gegenwärtige Zustand kan solche überflüßige Weißheit nicht ertragen. Ach wer nur die Judicia in Schul-Sachen zusammen lesen solte / der würde manchen Klüglinge / der seine Philosophie auf eine Qvartblat bringen wil / in die Ohren zischeln / wie dort Apelles dem Alexandro, der auch als ein König viel von der Mahlerey wissen wolte: Er schweige doch stille / sieht er nicht / wie meine Jungen / die noch Farbe reiben / darüber lachen müssen. Den dieses Unglück müssen die Leute in Schulen noch über jhre tägliche Arbeit erdulden / daß alle / welche kaum jhre Nahmē absq; vitiis Lateinisch schreiben können / so viel Klugheit zu verschencken haben / darbey sie in einen halben Tage zwey Universitäten und ein halb Schock Gymnasia die gemeinen Schulen ungedacht / ex fundamento reformiren könten. Und da sich niemand einen Schuster / einen Leinweber oder gar einem Feuermauerkehrer[68] in seiner Arbeit zu tadeln unterstehet / so muß die Schule so gering seyn / daß ein jedweder was darinn verbessern uñ klügeln wil. Doch eben solche Gedancken dienen hernach den Leuten die es verstehen / an statt eines perfecten Possen-Spieles.

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Christian Weise: Kurtzer Bericht vom politischen Näscher, Leipzig 1680, S. 67-69.
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