[145] Zu Venedig, in Welschland, ware ein Advocat (das ist: ein Rechts-Gelehrter, dessen Amt ist, sich streitender Partheyen anzunehmen, und ihre Rechts-Händel auszuführen) welcher einstens einen wegen seiner Gottseligkeit, und Wunderwercken durch gantz Welschland berühmten Capuciner, mit Namen Pater Matthäus Basus zu einem Mittagmahl einlude. Der fromme Pater erscheint. Ehe man sich zu Tisch setzte, meldete unter währendem freundlichen Gespräch der Advocat: wie daß er einen Affen hätte, der ihm hunderterley Lustbarkeiten machte: er decke den Tisch; lege Teller auf; schwencke die Gläser; und was der gleichen Hausdienst mehr seynd, welche sonst die Dienstbotten zu verrichten pflegen. Der Pater aus göttlicher Eingebung erkannte gleich, daß es der Teufel wäre. Begehrte demnach, man solte ihn lassen herfür kommen. Man durchsuchte das gantze Haus; man rufte; man pfeifte ihm: aber der Aff wolte [145] sich weder sehen, noch hören lassen. Letztlich fande man ihn in einer finsteren Kammer unter einer Bethstatt, wohin er sich versteckt hatte: ohne Zweifel sich förchtend wegen der Gegenwart des gottseligen Paters. Als man ihn nun mit Gewalt herfür treiben wolte, bleckte er die Zähn, und stellte sich wider sein Gewohnheit gantz wild. Der Pater dessen bericht, verfügte sich selbst in Begleitung des Advocaten, und etlich anderer Hausgenossenen an das Ort, und rufte mit heller Stimm: komme herfür, du höllische Bestie! also befihle ich dir im Namen unsers HErrn JEsu Christi. Den Augenblick gehorsamete der Aff, und stellte sich mit zornigen Gebärden dem gottseligen Pater unter das Gesicht: der ihm dann ferners im Namen des Allerhöchsten befahle, unverzüglich zu sagen, wer er wäre? und was Ursachen halber er in dieses Haus kommen? auf welches der Aff mit menschlicher Stimm zu reden angefangen, und gesagt: ich bin der Teufel; und keiner anderen Ursach halber in dieses Haus kommen als die Seel dieses Menschens (da deutete er zugleich auf den Advocaten) der mir schon längsten zugehört, mit mir in die Hölle zu führen: welches ich schon wurde gethan haben, wann mich nicht ein Ding verhindert hätte. Als ihm der Pater befohlen, auch dieses zu bekennen, sagte er weiters: die Andacht, nächst GOtt, zu der Mutter GOttes, die er alle Nacht, ehe er schlaffen gangen, um Hülf angeruffen, hat mich verhindert. Hätte er dieses ein eintziges mahl unterlassen, so wäre er hin geweßt. Allen Anwesenden stunden vor Forcht und Zitteren die Haar gen Berg. Wie dem Advocaten werde um das Hertz geweßt seyn, ist leicht zu gedencken. Der Pater ohne längeres Verweilen befahle dem Teufel auf der Stell, das Haus zu verlassen, und ohne einiges Menschen Schaden seinen Weeg hinzunehmen, wo er herkommen. Der Teufel weigerte sich; mit Vermelden, daß er von GOtt Erlaubnuß hätte, ohne Schaden nicht zu weichen. Der Pater wolte solches weder glauben, noch gestatten; der Teufel aber kurtzum hierinn nicht nachgeben. Da entstunde dann bey allen auf ein neues ein Forcht und Zittern, sonderbar bey dem Advocaten, als der sich am meisten schuldig wußte. Darum ruften alle überlaut: O Pater! verlasset uns doch nicht. Der Pater tröstete sie, und sagte, sie solten gut Hertz fassen; es werde keinem was Leids geschehen. Erlaubte darauf dem Teufel, daß, wann er je ohne Schaden abzuweichen nicht gedacht wäre, so solte er ein Loch durch die Maur machen, und dardurch hinausfahren: welches auch geschehen, nicht ohne Entsetzung der Zuseher. Wie sie nun von diesem höllischen Gast los waren, fielen alle dem Pater zu Füssen, und sagten ihm hertzlich Danck, daß er sie aus so augenscheinlicher Gefahr errettet; absonderlich der Advocat: welchen der Pater liebreich umfienge; ihn das ungerechter Weis gewonnene [146] Gut heim zustellen; ein besseres Leben zu führen; auch das gemachte Loch in der Mauer mit einem Stein, auf welchem die Bildnuß des Heil. Schutz-Engels solte eingehauen werden, zu vermachen ernstlich ermahnte; so wurde er hinfüran wohl sicher seyn: welches dann auch geschehen. Auf dieses hin setzte man sich zu Tisch. Der Pater, welcher begieriger war nach der Seelen-Speis, als des Leibs, wolte sich der Gelegenheit bedienen, den Advocaten, da er noch mit heylsamer Forcht erfüllet war, gäntzlich zu bekehren. Nahme zu diesem End einen Zipfel von dem Tischtuch in die Hand, und sagte zu dem Advocaten: Herr! sehet: dieses Tischtuch ist voller Blut. Mit welchen Worten er zugleich das Tischtuch ausdruckte: und sihe! das helle Blut flosse häuffig herfür: Uber welches neue Miracul der Advocat also ertattert, daß er kein Wort reden konte. Der gottseelige Pater aber fuhre fort, und sagte: sehet! das ist das Blut, das ihr durch euere schlimme Tück aus den Aderen der armen Partheyen gesogen. Wie ist es möglich, daß euch bishero ein eintziger Bissen hat schmecken können? nehmet euch in Acht: dieses Blut schreyet Rach wider euch gen Himmel: thut Buß: es ist Zeit über Zeit. Der Advocat folgte der treulichen Ermahnung des Paters; gab das ungerechter Weis erworbene Gut wieder zuruck: und setzte sich also ausser Gefahr des ewigen Verderbens. Zacharias Boverius Parte prima Annalium PP. Capucinorum.
O Maria! wie mächtig schützest du diejenige, so dich um Hülf anruffen! absonderlich, wann sie dich täglich mit einer gewissen Andacht verehren! O wie groß ist gegen ihnen deine Güte! und wie erkennest du auch den geringsten Dienst, den sie dir erwisen! wohl ein mächtige! wohl ein gütige Jungfrau! zu dieser Jungfrau, O Christliche Jugend! nimme deine Zuflucht: ruffe sie an um Hülf: verehre sie täglich mit einer gewissen Andacht: und du wirst erfahren, wie sie ihr so gar nichts umsonst thun lasse. Oben gedachter Advocat hat es erfahren; und zwar zu seinem ewigen Heyl. Du möchtest aber villeicht gern wissen, was ich dir für eine Andacht rathe, welche leicht, und unser lieben Frau angenehm seye. So höre dann.
Erstens: so oft du hörest die Stund schlagen, bette allzeit zur Ehr unser lieben Frau ein Ave Maria.
Andertens: gehe zu Nacht niemahl schlaffen, du habest dann vorher ihr zu Ehren knyend, und mit aufgehebten Händen, vor ihrer Bildnuß (wann es seyn kan) gebettet, was hier folgt.
Gegrüsset seyest du Königin, Mutter der Barmhertzigkeit: das Leben, Süßigkeit, und unser Hofnung sey gegrüsset. Zu dir schreyen wir elende Kinder Evä. Zu dir [147] seuftzen wir traurende, und weinende in diesem Tahl der Zäher. Eja unsere Fürsprecherin! darum wende deine barmhertzige Augen zu uns. Und nach diesem Elend zeige uns JEsum, die gebenedeyte Frucht deines Leibs. O milde! O gütige! O süsse Jungfrau Maria.
Unter deinen Schutz und Schirm fliehen wir, O Heil. Gebährerin GOttes! verschmähe nicht unser Gebett in unseren Nöthen, sondern erlöse uns von aller Gefährlichkeit: O du glorwürdige, und gebenedeyte Jungfrau!
Gegrüsset seyest du Maria etc.
O Maria Jungfrau rein,
Laß mich dir befohlen seyn.
Steh mir bey in aller Noth;
Und verlaß mich nicht im Tod.
Dieses ist ein leichte; aber kräftige, mithin unser lieben Frauen angenehme Andacht.
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