[185] Zu Genua, einer Stadt in Welschland, war ein Herr, der durch ungerechten Wucher viel Reichthumen zusammen gebracht hatte. Damit er aber nicht müßte zuruck geben, was er auf solche Weis bekommen, und mithin in seinem Wucher könnte fortfahren, unterliesse er viel Jahr alles Beichten und Communicieren. Und damit es nicht offenbahr wurde, erhandelte er durch ein gewisse Practic alle Jahr auf Ostern ein Beicht und Communion-Zettel an sich, und machte dardurch die Leut glauben, als [185] hätte er die Oesterliche Beicht und Communion abgelegt. Was geschiehet? GOtt wirft ihn durch eine tödtliche Kranckheit ins Beth; um ihn also zur Buß zu bewegen. Allein umsonst, dann er ohne Beicht und Buß aus dieser Welt verschieden. Seine Frau, welche nicht gewußt, daß ihr Herr so viel Jahr lang in einem bösen Stand gelebet, war besorgt, der Seel des Verstorbenen auf alle Weis, und so viel ihr möglich, beyzuspringen und zu helffen, wo selbige in der anderen Welt der Hülf etwann vonnöthen hätte. Also dann, weilen sie viel auf den Capuciner Orden hielte, und dessen Vätteren viel Guts thate, hielte sie bey einem Guardian aus diesem Orden inständig an, er wollte doch eine Capuciner-Kutten lassen hergeben, damit der Verstorbene darinn begraben, und mithin des Gebetts, und guter Werck der Brüder aus diesem Orden möchte etwann theilhaftig werden. Nun der Guardian durch die Bitt dieser Gutthäterin des Ordens bewegt, laßt es zu. Worauf der Verstorbene mit einer Capuciner-Kutten angelegt, in das nächste Franciscaner-Kloster (die von ihrer Weis zu leben sonst die Observanten genennt werden; und bey denen der Verstorbene seine Begräbnus hatte) getragen, und in einer Capell (bis man gleichwohl die gehörige Anstalt zur Leich-Begängnus gemacht hätte) beygesetzt worden. Als nun 2. Franciscaner-Brüder bey nächtlicher Weil bey dem Verstorbenen wachten, fienge dieser um Mitternacht an, sich zu rühren, aus der Todten-Bahr heraus zu springen, und mit vielem Polderen auf die Brüder zuzulauffen, sich stellend, alswann er sie anfallen wollte. Diese solches ersehende, nahmen eylends die Flucht, und lieffen voller Forcht und Schröcken dem Guardian des Closters zu, ihme erzählend, was sich mit dem Verstorbenen zugetragen. Der Guardian dies hörend, wollte ihnen anfänglich keinen Glauben zustellen; indem er darfür hielte, es wäre nur eine forchtsame, und leere Einbildung. Als aber die Brüder auf ihrer Aussag beharreten, schickte er 2. andere hin, um sich besser zu erkundigen, ob dem also wäre, wie er berichtet worden? oder nicht? wie nun diese letztere hingangen, und den Verstorbenen in der Capell polderend auf und ablauffen gesehen, zeigten sie es dem Guardian redlich und aufrichtig an. Dieser nun ausser allem Zweifel gesetzt, liesse unverzüglich alle Brüder des Closters in das Convent zusammen kommen; und nachdem er ihnen erzählet, was sich mit dem Verstorbenen zugetragen, ward einhelliglich beschlossen, er sollte sich mit dem Priesterlichen Stol angethan, in Begleitung zweyer Brüder in die Capell verfügen, und dem Verstorbenen im Namen des Allerhöchstens befehlen, ihme in das Convent nachzufolgen. Nun das geschahe; und der Verstorbene (O nicht bald erhörte Sach!) durch den Befehl des Guardians gezwungen, folgte ihm bis in das Convent auf dem Fuß nach. Da wurde [186] dann der Verstorbene im Convent in Gegenwart aller Brüdern des Closters, von dem Guardian beschworen, und mit diesen Worten angefragt; Was fangst du im Closter für ein Polderen an? und was verlangst du von uns? können wir dir helffen, oder nicht? Da antwortete der Verstorbene mit entsetzlicher Stimm: Was beklagst du dich über mein Polderen, verwundere dich vielmehr, daß ich nicht ärger gepoldert habe. Die Ursach meines Polderens ist, weil mich diese Kutten mehr brennt, als das hölische Feur selbsten. Und wann diese Kutten nicht wär, wurden mich die Teufel schon längst in den Abgrund der Höllen geführt haben: dann ich aus gerechtem Urtheil GOttes ewig verdammt bin. Ziehet mir also diese Kutten aus, so werdet ihr inskünftig hin Ruhe haben. Als ihm nun aus Befehl des Guardians die Kutten von den Brüdern ausgezogen worden, ward er in Angesicht des gantzen Convents von den Teuflen mit Leib und Seel weggeführt, und in den Abgrund der Höllen begraben, nachdem er einen unerträglichen Gestanck hinter sich gelassen. Zach. Bover. Demonstrat. 4. de vera Habitus forma.
Daß die Capuciner-Kutten den Verstorbenen also gebrennt, ist kein Wunder. Dann diese ist erstlich ein Kleyd der Armuth, andertens ein Zeichen eines bußfertigen Lebens. Der Verstorbene aber war erstlich ein reicher Wucherer, andertens ein unbußfertiger Sünder. War also unwürdig, solches Kleyd zu tragen, das von ihm dergestalten entunehrt wurde.
Daß ihn aber die Teufel nicht haben können wegführen, bis ihm dieses Kleyd ausgezogen worden, gibt zu verstehen, in was Ehren der Capuciner-Habit, als ein Zeichen der Demuth, und der Armuth solle gehalten werden. Letztlich können alle gottlose Christen ihnen folgende Rechnung machen: hat ein bußfertiges Ordens-Kleyd einen Verstorbnen so unleydentlich gebrennt, weilen es allein durch die Antragung entunehrt worden; wie wird dann solche Christen in der Höllen brennen das unauslöschliche Zeichen eines Christens, das sie in dem heiligen Tauf empfangen; wann sie selbiges mit ihrem gottlosen Leben entunehrt haben? dann wegen solchem Undanck für die empfangene Gnad des Heil. Tauffes, werden sie viel tieffer in die Höll kommen, als andere, die keine Christen geweßt seynd; welches ja erschröcklich anzuhören ist.