Neun und siebentzigstes Exempel.

Ein Ehemann wird von seinem frommen Weib öfters, wiewohl vergebens zur Andacht ermahnt; endlich aber durch einen förchtlichen Traum erschröckt, und gebessert.

[373] Wann das fromme Weib sagte: mein lieber Mann! jetzt wollen wir miteinander zur Heil. Meß gehen; antwortete er: Gehe nur mein Weib, und bett für dich und für mich: ich bin verhindert. Wann sie sagte: heut wollen wir beyde beichten und communicieren; sprache er: für diesmahl bin ich gar nicht bereit: beichte und communiciere für dich, und für mich, so hast einen zweyfachen Nutzen. Wann sie ihn ermahnte, siehe, das Volck geht Hauffen-weis zur Predig, zur Proceßion etc. da ware die trutzige Antwort: was plagst du mich? höre einmahl auf von deinem hofmeistern; sonst machest du mir den Kopf toll; siehest du nicht, daß ich kein Zeit hab? gehe hin, bette für dich und mich, bis du genug hast. Endlich wolte GOtt die Bemühung des frommen Weibs nicht länger lassen fruchtlos abgehen, indem er ihrem Mann in einem lebhaften Traum vorstellte, als wäre er und sein Weib gestorben, und für die Himmels-Porten kommen, allwo das Weib willfährig eingelassen; er aber mit diesen trotzigen Worten abgewiesen worden: Bleibe draussen: dann weil dein Weib für sich und dich gebettet, gebeichtet, und andere gute Werck geübet, ist sie auch für dich zu den ewigen Freuden eingangen. Weil sie also in allem deine Stelle jederzeit vertretten, so wird sie es auch jetzt, und auf ewig im Himmel thun. Darum packe dich nur fort, im Himmel ist kein Ort für dich. Als nun der höchst-beängstigte Mann aus dem Schlaf zu sich kommen, hielte er den Traum für ein himmlische Warnung; entschlosse sich sein Leben zu besseren, und ergabe sich mit allem Ernst der wahren Andacht nach dem löblichen Beyspiel seines frommen Weibs. Wohl ein glückseliger Traum, der so viel Gutes gewürckt hat! Casalicchius S.J. Cent. 2. Histor. 6.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 373.
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