Neunte Begebenheit.

Ein Spanier wird in äusserster Lebens-Gefahr von GOtt wunderbarlich, und so lang erhalten, bis er seine Sünden hat beichten können.

[639] Im Jahr Christi 1600. hat es sich zugetrage, daß ein gewisser Spanier mit Namen Franciscus Lopez auf dem Meer in der Gegend eines felßigen Gebürgs einen Schifbruch erlitten. Als ihn aber der flüchtige Schif-Knecht meuterischer Weis überfallen, hat er sich zwar dapfer gewehrt, und seine Gegner eine Zeit lang aufgehalten; mußte doch endlich nach viel empfangenen Wunden sich ergeben. Worauf er von ihnen über die Höhe der Felsen hinunter gestürtzt worden, in Hofnung, daß sein Leib solte zerschmettert werden. Allein GOttes wundersame Gnaden-Hand erhielte ihn dannoch bey so hohem Fall beym Leben; und lage der elende Mensch zu unterst der Stein-Klippen, ohne etwas zu verkosten; darzu mit verwundetem, ja allbereit Wurm-vollen Leib 13. gantzer Tag, nichts anders seuftzend, und bittend, als daß ihm GOtt so viel Zeit verleyhen wolte, daß er seine Sünden bey einem Priester ablegen, und mit Christlicher Bußfertigkeit aus diesem Leben hinscheiden möchte. Inzwischen kame ein Schif, welches neben dem Gestatt, allwo der elende Mensch mit dem Tod runge, vorbey fuhre, und starck drauf ruderte, daß es von dem Gebürg wegkommen möchte. Allein, was die Schiffende auch für Mühe angewendet, wolte es ihnen doch nicht gerathen. [639] Sie forschten also nach, woher die Hindernus kommen möchte. Und sihe! da kommt ihnen zu Ohren Francisci jämmerliches Klagen. Aus welchem sie geschlossen, es müsse etwann ein Mensch in Tods-Nöthen seyn. Dannenhero liessen sie einen Priester aus St. Francisci Orden in einem Schifflein an das Land führen, um zu sehen, wer derjenige elende Mensch seyn müsse, der so jämmerlich klage. Der Priester kommt zu ihm, und findet einen anderen Job auf einem Mist-Hauffen, mit Geschwär und Eyter am gantzen Leib überhäuffet. Er fragt ihn dann, ob er vielleicht sein Gewissen durch das Sacrament der Beicht reinigen, und von seinen Sünden absolvirt zu werden verlange? ach! ja, antwortete Franciscus. Dieses allein verhindert, daß ich nicht sterben kan; wiewohl mein halb-verfaulter Leib zum sterben zeitig genug ist. Darauf hin machte er mit einem Finger, der allein von der Fäulung noch überig ware, das Zeichen des Heil. Creutzes, und beichtete alle Sünden, die ihm bewußt waren, deutlich und ausführlich. Kaum hatte er von dem Priester darüber die Heil. Absolution erhalten, da gabe er mit hertzlicher Dancksagung um so erwünschte Wohlthat mit gäntzlicher Vergnügung seinen Geist in die Händ des Schöpfers auf. Da hat man aber vermerckt, daß nach geschehener Beicht sein Leichnam ein gantz andere, und so schöne Gestalt bekommen, daß die Umstehende darüber in höchste Verwunderung gesetzt, und zu zarter Andacht bewegt worden. Hazart S.J. cit. præc. Cap.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 639-640.
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