Biographie

Johann Karl Wezel (Kupferstich von Christian Gottlieb Geyser, 1780)
Johann Karl Wezel (Kupferstich von Christian Gottlieb Geyser, 1780)

1747

31. Oktober: Johann Karl Wezel wird in Sondershausen (Thüringen) geboren. Seine Abstammung ist ungeklärt. In den Kirchenbüchern sind der fürstliche Reisemundkoch Johann Christoph Wezel und Juliane, geb. Blättermann, als seine Eltern genannt. Wezel selbst hält sich für ein illegitimes Kind des Fürsten Heinrich I. von Schwarzburg-Sondershausen.

Wegen der ärmlichen Verhältnisse im Elternhaus wird Wezel bei den Großeltern aufgezogen und offenbart schon früh vielversprechende Begabungen.

1758

Tod des Vaters

Besuch des Gymnasiums.

1763

Wezel verfaßt einen Lobgesang auf den Frieden (nicht veröffentlicht).

1765

8. Mai: Immatrikulation an der Universität Leipzig. Wezel studiert zunächst Theologie, wendet sich aber bald der Rechtswissenschaft, Philosophie und Philologie zu.

Während des Studiums wohnt er im Hause von Christian Fürchtegott Gellert.

Wezel beurteilt die Schulgelehrsamkeit immer kritischer und findet Anregungen im englischen Empirismus Lockes, bei Voltaire, im französischen Materialismus Holbachs, Helvétius' und besonders im mechanistischen Denken La Mettries, später auch bei Rousseau.

1769

Abschluß des Studiums.

Mai: Wezel übernimmt auf Empfehlung von Gellert die Stelle eines Hofmeisters der Kinder des Bautzener Amtshauptmanns Johann Wilhelm Traugott von Schönberg in Bautzen und Trattlau.

Reisen nach St. Petersburg, Paris, London.

1771

Beginn der Korrespondenz mit Friedrich Nicolai, dem er die Probe einer Homer-Übersetzung in Hexametern zusendet (nicht veröffentlicht).

1772

»Filibert und Theodosia« (dramatisches Gedicht).

»Epistel an die deutschen Dichter« (Satire, gedruckt 1775).

1773

Die »Lebensgeschichte Tobias Knauts, des Weisen, sonst der Stammler genannt« erscheint anonym (Roman, 4 Bände, bis 1776).

Beginn des Briefwechsels mit Christoph Martin Wieland.

1774

Wezel gibt seine Hofmeisterstelle auf.

»Der Graf von Wickham« (Trauerspiel).

1775

Reise nach Weimar.

Besuche bei Wieland.

Die geplante Übernahme einer Stelle als Hofmeister oder Sekretär beim Grafen Görtz kommt nicht zustande.

1776

Die »Ehestandsgeschichte des Herrn Philipp Peter Marks« erscheint in Wielands »Teutschem Merkur«.

Frühjahr: Aufenthalt in Leipzig.

Mai: »Belphegor oder Die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne« (satirischer Roman, 2 Bände) erscheint. Der Roman führt zur Entfremdung zwischen Wezel und Wieland.

Sommer: Wezel wird Hofmeister beim preußischen Staats- und Justizminister Ernst Friedemann von Münchhausen in Berlin (etwa bis Frühjahr 1777).

Bekanntschaft mit Karl Wilhelm Ramler.

Briefwechsel mit Friedrich Justin Bertuch.

Wezel wird Mitarbeiter der »Neuen Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste« und schreibt literaturkritische und literaturtheoretische Abhandlungen, die in Abgrenzung von der Berliner Aufklärung (insbesondere Friedrich Nicolai) und der Geniebewegung des Sturm und Drang versuchen, den Begriff der schönen Künste zu bestimmen.

1777

Frühjahr (?): Rückkehr nach Leipzig, wo er, mit kurzen Unterbrechungen, während des folgenden Jahrzehnts als freier Schriftsteller lebt.

Enge Freundschaft mit Christian Felix Weiße.

»Satirische Erzählungen« (2 Bände, bis 1778).

1778

Wezel veröffentlicht Beiträge im »Taschenbuch für Dichter und Dichterfreunde« und in den »Pädagogischen Unterhandlungen« des Dessauer Philantropins.

Wezel wird gelegentlicher Mitarbeiter an Heinrich Christian Boies Zeitschrift »Deutsches Museum«.

»Lustspiele« (4 Bände, bis 1787).

1779

Mai: Gemeinsam mit August Gottlieb Meißner Reise nach Göttingen, Braunschweig, Hamburg, Hannover und Halberstadt. Besuche bei Heinrich Christian Boie und Johann Wilhelm Ludwig Gleim.

Musikalisches Lustspiel »Zelmor und Ermide« mit einer Vorrede über den theatralen Gebrauch der Musik.

»Die wilde Betty. Eine Ehestandsgeschichte«.

»Robinson Krusoe, neu bearbeitet« (2 Bände, bis 1780), dessen zweiter Band eine eigenständige Fortsetzung von Daniel Defoes Roman bildet.

1780

Wezel publiziert den Plan zur Gründung eines eigenen Erziehungsinstituts »Ankündigung einer Privatanstalt für den Unterricht und die Erziehung junger Leute zwischen zwölf und achtzehn Jahren«, scheitert jedoch mit seinem Projekt.

»Herman und Ulrike« (Roman, 4 Bände). Christoph Martin Wieland feiert das Werk als den besten deutschen Roman.

Wezel bemüht sich vergeblich um eine Anstellung an der Ritterakademie in Kassel.

Aufenthalt in Gotha (bis Frühjahr 1781). Freundschaft mit Friedrich Wilhelm Gotter.

1781

Öffentlich ausgetragener philosophischer Streit mit dem Universitätsprofessor Ernst Platner in Leipzig. »Untersuchung über das Platnersche Verfahren gegen J. K. Wezel und gegen sein Urteil von Leibnitzen«.

»Der Weltbürger oder Briefe eines chinesischen Philosophen aus London« (2 Bände).

Gegen Friedrichs II. Schrift »De la Littératur Allemande« richtet Wezel die Abhandlung »Ueber Sprache, Wissenschaften und Geschmack der Teutschen«.

1782

Reise nach Wien. Der Versuch, gute Beziehungen zum dortigen Nationaltheater aufzubauen, scheitert. In seinem Lustspiel »Die Komödianten« karikiert Wezel die Theaterverhältnisse und zieht sich damit den Zorn der Wiener Schauspieleroligarchie zu.

»Wilhelmine Arend, oder Die Gefahren der Empfindsamkeit« (2 Bände).

1783

Rückkehr nach Leipzig.

1784

Philosophisch-theoretischer »Versuch über die Kenntniß des Menschen« (2 Bände bis 1785, auf fünf Bände geplant).

»Kakerlak, oder Geschichte eines Rosenkreuzers aus dem vorigen Jahrhundert« (Faust-Satire).

1787

Der dritte Band seines »Versuchs über die Kenntnis des Menschen« wird verboten. Wezel muß einen von seinem Verleger gewährten Zuschuß zurückzahlen.

Aufgrund der Zensurverhältnisse und seiner bedrängten materiellen Lage will Wezel Sachsen verlassen und nach Berlin übersiedeln. Friedrich Nicolai, dem er den dritten Band seines »Versuchs« anbietet, antwortet jedoch abschlägig.

1788

Tiefe Depressionen.

Ostern (?): Rückkehr nach Sondershausen.

In den folgenden Jahren gerät Wezel in geistige Umnachtung und wird unter Zwangsaufsicht gestellt. Sein Wahnsinn wird von der modernen Wezel-Forschung jedoch bezweifelt.

1797

Die letzten nachweisbaren Dichtungen, mehrere Gedichte, entstehen (gedruckt 1984). Sie bezeugen die Klarheit von Wezels Verstand.

1800

Der Homöopath und mit der Irrenheilkunde vertraute Samuel Hahnemann in Altona behandelt Wezel, jedoch ohne Erfolg.

1819

28. Januar: Johann Karl Wezel stirbt in Sondershausen in Armut und Einsamkeit. Sein Werk gerät für mehr als anderthalb Jahrhunderte in weitgehende Vergessenheit.

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