9.
Wie Philomena mit ir selbs zů raht gieng von wegen der lieb, so sye zů Gabriotten tragen thet, auch wie sye an Rosamunda begert, dem jüngling einen ring zů bringen.

[211] Wenig růg hat Philomena, die junckfraw, stetigs an iren[211] liebsten Gabriotto gedencken ward, solang sye vernam, er wider zů seinen krefften kummen wer, anfieng in ihr selb zů bedencken die liebe, so sye zů im tragen, zů ir selbs sprach: ›O du mein allerliebster Gabriotto, wie magst du mich also on dein wissen und gedancken also mit unaufflößlichen banden peinigen und kräncken! Ich weiß, wo dir semlichs zů wissen wer, du würdest von hertzen dich erfrewen. Wie mag ich dir aber solche liebe zů wissen thůn, damit du mich nit dest ringer achtest? Dann solt ich dir mein liebe entdecken, du würdest mir das für einen grossen frevel achten; dann sich keiner junckfrawen gezimmen will, sich also unverschampt gegen einem jüngling selb feyl zů bieten. Nun weyß ich dannocht, wo Gabriotto wissen solt, in was liebe ich entzündt, er würd solche nit umbsunst an mich begeren, sunder mich seiner liebe auch theilhafftig machen.‹

Also Philomena manchen frembden anschlag ma chet, dadurch dem ritter ir liebe zů wissen käm, schnell nach Rosamunda, irer heymlichen junckfrawen, schicket. Die sich nit lang saumet, zů ir kam. Die junckfraw Philomena anhůb und sprach: ›O Rosamunda, darumb ich nach dir geschicket hab, du nit wunder haben solt. Dann aller mein trost und hoffnuug zů dir stat; dann du mir in meinem leiden allein ein nothelfferin sein magst. Dir ist unverborgen der schwer fall, so Gabriotto gethon hat. Nun aber mag ich nit erfaren, wie sich sein krankheyt schicken will, weiß auch das durch niemant zů erfaren, dann allein durch dich. Das müßt also beschehen. Ich hab in mir ein raht funden, so on allen argwon beschehen mag und aber Gabriotto mein liebe dadurch geöffnet würd. Du solt wissen, Rosamunda, das ich ein fast kostlichen steyn hab in einem kleinot versetzet, welcher den krancken sunderliche grosse krafft gibt. Dasselbig kleinot ich dir geben will, das solt du meinem allerliebsten Gabriotto geben, im dabei sagen, das ich ihm das kleinot sampt dem steyn auß sunderlicher liebe schicke, im darbei die krafft des steyns anzeygen, auch das ich so groß mittleiden mit im in seiner kranckheyt trag.‹

Rosamunda, die junckfraw, etwas sorg hat, der junckfrawen gebott zů vollbringen, derhalben anhůb, zů Philomena sprach:[212] ›O allerliebstw junckfraw, ir sond wissen, das ich euch allzeit zů dienen geneigt wer und mich kein ding auff erden nimmer beschweren solt. In dem fal aber mich warlich sorg und angst umbgehen thůt, mich auch ewer liebe gegen Gabriotto tragend nit genůg verwundern mag, dieweil ir wol wissen in von einem schlechten ritter geboren sein, und aber ir von künigklichem stammen herkummen. Wie wolten ir euch gegen ewerem brůder, dem künig, verantworten, so er semlicher sachen von euch innen würd? Warlich er in grossen zorn wider euch fallen würd. Darumb mein raht were, ir euch semliche liebe von hertzen schliegen.‹

Alsbald Rosamunda ihr red vollbracht hat. Philomena mit einem schweren seüfftzen anhůb und sprach: ›Ach mein allerliebste Rosamunda, ich bitt, mich nit so hart betrüben wöllest und mir meinen allerliebsten Gabriotto nit also weren lieb zů haben; dann du mir kein grösser leydt gethůn magst. Wie möcht ich in doch von hertzen schlagen, so ich sein schöne und adelich geberdt bedencken thů! Warlich ich mich des nymmer underston will. Sag mir, liebe junckfraw, wurden nit bei den alten die künig von den edlen zů küniglichem stammen erwölt und gezogen? Ja nit allein von den edlen, sunder von den dapffern und weydlichen burgern zů künigen erwölt worden seind. Darumb ich sprich, das der jüngling Gabriotto wol einer künigin wirdig ist. Mein allerliebste Rosamunda, ich bitt dich, nit semliche hertigkeyt gegen mir üben wöllest. Hast du anderst ye liebe empfunden, so bedenck, was schmertzen ich dir geberen würd, so ich dir das, so dir lieben thet, understünd zů leyden! Gabriotto mir warlich auß meinem hertzen nymmer kummen würdt, dieweil ich leb. Darumb, mein aller liebste Rosamunda, mir dein fründtliche hilff nit entziehen wöllest und nach meinem willen dem jüngling Gabriotto diß kleinot bringen wöllest. Daran du mir ein sunder wolgefallen thůn würst.‹

Rosamunda, der jungfrawen, die sach so gantz widrig was, nit wissen mocht, wes sich in den dingen zů halten wer; yedoch zůletst sich willig begab, der junckfrawen Philomena gebott zů vollbringen, also sprach: ›Allerliebste junckfraw, wiewol mich forcht unnd schrecken, so ich trag von wegen[213] meines herren des künigs, hinder sich ziehen thůt, noch bezwingt mich die grosse trewe unnd lieb, so ich zů euch trag, das ich mich keinswegs mer understand ewern gebotten zů widerstreben. Darumb, mein allerliebste junckfraw, bin ich gäntzlich bereyt, ewerem gebott ein geniegen zů thůn.‹

Von semlichen worten Philomena nit wenig trost empfahen thet, ihrer angefangnen lieb yetzundt vermeynt ein sicheren anfang zů haben, der junckfrawen den ring oder kleinot gebethet, sie also zů dem jüngling schicket, sye freündtlich balt, die sach nach dem aller besten ußzůrichten.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 211-214.
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