[97] DUMMERCHEN kommt singend daher.
Hände hat die Welt! recht flotte,
Nette, ganz vergnügte Hände!
Nicht mehr ist mir bang vor Händen.
Hände gibt es, die uns retten,
Ist man wo hineingefallen.
Heissasa! die Hand soll leben![97]
ANTHUSA im Versteck.
Seltsam, was der spricht von Händen.
Scheint ein aufgeweckter Bursche.
Glichen diesem alle Männer,
Könnte man Vertrauen fassen.
Möchte plaudern mal mit ihm.
Zeigt sich.
DUMMERCHEN.
He! Was für ein netter Käfer!
Wer bist du? Von meinen Brüdern
War nie einer meinen Augen
So gefällig, wie du's bist.
ANTHUSA zögernd.
Weil vielleicht ich eine – Schwester.
DUMMERCHEN.
Und vielleicht, –
Geheimnisvoll.
weil ich wo war.
ANTHUSA.
Wo denn warst du? Darf ich's wissen?
DUMMERCHEN.
Ja, wenn ich das selber wüßte!
ANTHUSA.
Nun, du kannst es doch beschreiben.
DUMMERCHEN.
Nein, ich bin beschränkten Geistes,
Wie die Brüder immer sagen.[98]
ANTHUSA.
Hm! das kann ich just nicht finden.
DUMMERCHEN.
Allerdings auch ist mir's heller
Als jemals zuvor im Kopfe.
Und das, glaub' ich, das verdank' ich
Meinem Aufenthalt im Abgrund.
ANTHUSA für sich, zitierend.
»In die Tiefe mußt du steigen,
Soll sich dir das Wesen zeigen.
Und im Abgrund wohnt die Wahrheit.«
Zu Dummerchen.
Welch ein Abgrund?
DUMMERCHEN.
So ein weicher,
Schwüler, der dazu laut schrie.
ANTHUSA.
Schrie der Abgrund?
DUMMERCHEN.
Ja, entsetzlich,
Und ging auf und ab in Wogen,
Bis die Hand kam, die mich holte.
ANTHUSA.
Und du wolltest drin nicht bleiben?[99]
DUMMERCHEN.
Nein! dort gab es nichts zu essen
Und war ziemlich dunkel. – Freilich
Sonst war's ein famoser Abgrund.
ANTHUSA.
Wie denn das?
DUMMERCHEN.
Na! so ein Glühen
Drang aus seinen kühlen Hügeln
Mir ins Innerste ...
Mit plötzlichem Ausbruch.
Dich will ich!
ANTHUSA abwehrend.
Laß mich! – Wirklich scheinst verwirrt du.
Kühle Hügel, die doch glühen!
Was du schwatzest!
DUMMERCHEN.
Was ich fühle,
Wenn ich's auch nicht richtig weiß.
Du auch scheinst mir so ein Wesen
Kühl und glühend. Etwas zieht mich
Hin zu dir. Was wehrst du dich?
STIMME HANS VON MAIKERFS.
Dummerchen! bist du's? Wir kommen![100]
DUMMERCHEN.
O! verwünscht! Das sind die Brüder!
ANTHUSA für sich.
Wer naht da? Wär's gar der Bote
Und beträfe so mich? Fort!
Fliegt zur Seite.
Buchempfehlung
Im Kampf um die Macht in Rom ist jedes Mittel recht: Intrige, Betrug und Inzest. Schließlich läßt Nero seine Mutter Agrippina erschlagen und ihren zuckenden Körper mit Messern durchbohren. Neben Epicharis ist Agrippina das zweite Nero-Drama Daniel Casper von Lohensteins.
142 Seiten, 7.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.
428 Seiten, 16.80 Euro