Achter Auftritt.

[95] Phöbe; Longinus von hinten rechts; in Erregung, die er zu bemeistern sucht. Es dunkelt.


LONGINUS.

Wo ist Apelles?


Phöbe bemerkt ihn nicht, starrt vor sich hin.


Du nur hier. – Vergib:

Warum so tief versonnen?

PHÖBE blickt ihn an.

Warum du

So finster? und bewegt?[95]

LONGINUS.

Um deinetwillen.

Wo ist Apelles?

PHÖBE steht auf.

Sprich. Um meinetwillen?

Was ist geschehn?

LONGINUS.

Es möchte nur geschehn.

Laß mich's Apelles sagen –

PHÖBE tritt zu ihm.

Nein! Mir selbst.

Was mir gilt, sage mir!

LONGINUS.

Aurelius droht –

Der edle Mann, ganz Wut und Haß –

PHÖBE.

Was droht er?

LONGINUS.

Als Pfleger dieser Stadt und ihrer Sitte

Vom hohen Rat zu fordern daß ein Beispiel

Gegeben werde –

PHÖBE erzittert.

Sprich![96]

LONGINUS.

Sie sollen aus

Palmyras Mauern dich verbannen, droht er;

Den Mann der Tugend kränkt dies Aergernis! –

Doch fürchte nichts. Apelles gilt's; doch der – –

Was thust du? Wohin willst du?

PHÖBE.

Ich? – Wohin? –

Was that ich?

LONGINUS.

Das frag' ich. Du gingst umher; –

Nun thun's die Augen. Hast du Furcht?

PHÖBE worte suchend.

Für ihn; –

Ja, für Apelles.


Für sich.


All ihr Götter! Helft mir!

Ist dies ein Zeichen? Soll ich gehn? So sagt es

Und endet all die Not!

LONGINUS.

Was hast du da,

Das deine Hand zerdrückt?

PHÖBE blickt auf die Rolle; für sich.

Septimius' Brief. –

Das ist das Zeichen, daß er danach fragte.

Die Götter wollen's – ich soll fort! – Apelles!

Ich dich verlassen! Doch die Götter wollen's;

Wenn auch mein Herz sich wehrt. – O kämst du jetzt – –

Doch nein; komm nicht! komm nicht! Ich soll hinweg;

Drum ohne Abschied; Abschied wäre Sterben![97]

LONGINUS für sich.

Was gärt in ihr, daß sie nicht hört und sieht? –

Sie seufzt.

PHÖBE für sich.

Fahr wohl, fahr wohl! – Mein Herz ist traurig –

Und flüchtet doch in feiger Angst hinweg.

Fahr wohl; vergib mir!


Geht, unsicher schwankend, nach hinten.


Quelle:
Adolf Wilbrandt: Der Meister von Palmyra. Stuttgart 61896, S. 95-98.
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