Vierter Auftritt

[26] Ruthwen allein.

Nr. 2. Recitativ und Arie.

Recitativ.


RUTHWEN.

Ha! noch einen ganzen Tag!

Überlang ist diese Zeit! –

Zwei Opfer sind mir schon geweiht

Und das dritte – das dritte ist leicht gefunden.

Arie.


Ha! ha! welche Lust! Ha, welche Lust!

Ha! welche Lust, aus schönen Augen

An blühender Brust[26]

Neues Leben

In wonnigem Beben,

Ha, neues Leben

In wonnigem Beben,

Mit einem Kusse in sich zu saugen! –

Ha! welche Lust,

In liebendem Kosen,

Mit lüsternem Mut

Das süßeste Blut

Wie Saft der Rosen,

Von purpurnen Lippen

Schmeichelnd zu nippen! –

Und wenn der brennende Durst sich stillt,

Und wenn das Blut dem Herzen entquillt,

Und wenn sie stöhnen voll Entsetzen,


Teuflisch lachend.


haha!

Haha! Welch Ergötzen! Welch Ergötzen!

Welche Lust! Ha, welche Lust! –

Mit neuem Mut, mit neuem Mut

Durchglüht mich ihr Blut;

Ihr Todesbeben ist frisches Leben! –


Weich, rührend, mit der Erinnerung an verlorenes Glück.


Armes Liebchen, bleich wie Schnee,

That dir wohl im Herzen weh! –

Ach, einst fühlt' ich selbst die Schmerzen

Ihrer Angst im warmen Herzen,

Das der Himmel fühlend schuf.


Anklänge des Hexenchors.

Er erschrickt bei den Tönen.


Mahnt mich nicht in diesen Tönen,

Die den Himmel frech verhöhnen,

Ich verstehe euren Ruf!


Wilder stürmend.


Ha! Ha! welche Lust! Ha, welche Lust!

Ha, welche Lust, aus schönen Augen,

An blühender Brust neues Leben

In wonnigem Beben,[27]

Ha, neues Leben

In wonnigem Beben

Mit einem Kusse in sich zu saugen. –

Ha, welche Lust, in liebendem Kosen,

Mit lüsternem Mut

Das süßeste Blut

Wie Saft der Rosen,

Von purpurnen Lippen

Schmeichelnd zu nippen,

Schmeichelnd, schmeichelnd zu nippen! –

Und wenn der brennende Durst sich stillt,

Wenn dann das Blut dem Herzen entquillt,

Und wenn sie stöhnen voll Entsetzen, haha!

Haha! Ha! Welch Ergötzen!

Ha, welche Lust! Ha, welch Ergötzen!

Ha, welche Lust! Ha, welche Lust! Haha!

Und wenn sie stöhnen voll Entsetzen,

Ha, welch Ergötzen, welche Lust!

Und wenn der brennende Durst sich stillt,

Wenn das Blut dem Herzen entquillt,

Und wenn sie stöhnen voll Entsetzen,

Haha, haha, welche Lust!

Wenn sie stöhnen voll Entsetzen,

Welch Ergötzen, welch Ergötzen, welche Lust!


Er geht zurück, sieht nach links, macht eine Bewegung der Freude; spricht.


Horch, Geräusch, sie ist es! In der Abwesenheit ihrer Eltern wußte ich schlau unter fremdem Namen ihre Liebe zu gewinnen; nun kehrten sie zurück und kündigten ihr an, daß ihre Hand versprochen sei. Ich bewog sie, ihrem Herzen zu folgen und mit mir zu fliehen. Haha, armes Mädchen, dein Herz hat dich garstig betrogen! Er geht ab nach links und kehrt mit Janthe zurück.[28]


Quelle:
Heinrich Marschner: Der Vampyr. Dichtung von Wilhelm August Wohlbrück, Leipzig [o. J.], S. 26-29.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Aischylos

Die Orestie. Agamemnon / Die Grabspenderinnen / Die Eumeniden

Die Orestie. Agamemnon / Die Grabspenderinnen / Die Eumeniden

Der aus Troja zurückgekehrte Agamemnon wird ermordet. Seine Gattin hat ihn mit seinem Vetter betrogen. Orestes, Sohn des Agamemnon, nimmt blutige Rache an den Mördern seines Vaters. Die Orestie, die Aischylos kurz vor seinem Tod abschloss, ist die einzige vollständig erhaltene Tragödientrilogie und damit einzigartiger Beleg übergreifender dramaturgischer Einheit im griechischen Drama.

114 Seiten, 4.30 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Spätromantik

Große Erzählungen der Spätromantik

Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.

430 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon